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Das ist los beim Deutschen Apothekertag 2023 (DAT): DAT: Apotheker wettern gegen Karl Lauterbach 

ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening ging in die Diskussion mit Bundesgesundheitsminister Dr. Karl Lauterbach. | Bild: PTAheute

Am heutigen Mittwoch startete im Rahmen der expopharm in Düsseldorf der Deutsche Apothekertag. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening eröffnete das jährliche Treffen der Apothekerschaft. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach war digital zugeschaltet. Schon vor dem Start des Apothekertages hatte der Minister in einem Medienbericht seine Pläne für eine Umstrukturierung des Apothekensystems bekanntgegeben. Unter anderem soll das sogenannte „Mehrbesitzverbot“ gekippt werden und wichtige Apothekendienstleistungen wie etwa die Arzneimittelherstellung (Rezepturen) oder Not- und Nachtdienste nicht mehr von allen Apotheken angeboten werden müssen.

Zur Erinnerung: Mehr- und Fremdbesitzverbot

Das Fremdbesitzverbot besagt, dass Apotheken nur von Apothekern oder pharmazeutischen Unternehmern geführt werden dürfen. Dies bedeutet, dass Personen oder Unternehmen, die nicht über eine entsprechende pharmazeutische Qualifikation verfügen, keine Apotheken betreiben dürfen.

Das Mehrbesitzverbot für Apotheken soll verhindern, dass Apotheker beliebig viele Apotheken eröffnen können. Dadurch wird außerdem verhindert, dass sich sogenannte Apothekenketten ohne verantwortlichen Apotheker bilden können. Das Mehrbesitzverbot (= Mehrbetriebsverbot) wurde zum 01.01.2004 im so genannten GKV-Modernisierungsgesetz gelockert. Seither kann jeder Apotheker neben seiner Hauptapotheke bis zu drei Filialapotheken betreiben, die jedoch in räumlicher Nähe zueinander liegen müssen.

„Kampfansage gegen die Apothekerschaft“ 

ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening kommentiert die Pläne in Ihrer Eröffnungsrede: „Es ist ein Affront, dass der Minister seine zerstörerischen Pläne noch vor seiner Videobotschaft auf dem morgigen Apothekertag über die Medien verkündet. Aber auch inhaltlich interpretieren wir diese Ideen als Kampfansage des Ministers gegenüber der gesamten Apothekerschaft. Mit der Honorarkürzung Anfang des Jahres hat die Bundesregierung uns wirtschaftlich bereits extrem unter Druck gesetzt. Kommt Lauterbach mit diesen Plänen im Parlament durch, würde er den Apotheken komplett den Boden unter den Füßen wegziehen.“ Die Beratung durch approbierte Apothekerinnen und Apotheker werde zusammengestrichen, die Versorgung mit Rezepturen, wie beispielsweise Salben und Fiebersäften für Kinder, in vielen Apotheken gänzlich gestrichen – und für Notdienste müssten die Patientinnen und Patienten sehr lange Strecken fahren, bis sie versorgt werden könnten.  

Lauterbach verteidigt seine Vorschläge 

Lauterbach stieg im Anschluss an die Eröffnungsrede der ABDA-Präsidentin per Videokonferenz in den Deutschen Apothekertag ein. Er habe in den vergangenen Jahren oft genug betont, wie sehr er den hochqualifizierten Apothekerberuf respektiere. Er wolle auch durch das Kippen des Mehrbesitzverbotes nicht den Fremdbesitz forcieren, sondern Lösungen für die Zukunft finden. Konkret könne er sich vorstellen, dass Apothekeninhaber ein bis zwei Filialen mehr im gleichen Stadtteil betreiben könnten (bisher sind maximal drei Filialen erlaubt), die nicht dieselben strengen Regeln bezüglich Labor, Rezeptur und Notdienst erfüllen müssten. Er betonte mehrfach, die Struktur der Apothekerschaft nicht beschädigen zu wollen. Approbierte könnten beispielsweise per Videopharmazie in diesen „abgespeckten Filialen“ beraten, wodurch dem Personalmangel entgegengewirkt werden könne. Wie bei der Einrichtung solle es in diesen Filialen auch flexiblere Möglichkeiten bei den Öffnungszeiten geben. Er wolle keine Ausdehnung des Versandhandels sondern eine Stärkung der jetzigen Apothekenstruktur. Die fachliche Qualifikation der Apotheker solle besser eingesetzt, die Honorierung verbessert werden. 

„Aus dem Tag der Antworten wurde ein Tag neuer Vorschläge“

Eigentlich sollte Karl Lauterbach sechs Fragen der Apothekerschaft beantworten. Aus dem „Tag der Antworten“ ist jedoch ein Tag neuer Vorschläge geworden. ABDA-Präsidentin Overwiening kommentierte diese Vorschläge adhoc mit „Sie müssen vom Tisch!“. Sie warf Lauterbach vor, die gesamte Arzneimittelversorgung zu trivialisieren, was hochbrisant und gefährlich sei. „Wer diese Vorschläge als heldenhaft und zukunftsorientiert bewerte, habe vom Versorgungsalltag in der Apotheke keine Ahnung“, so die ABDA-Chefin.  

ABDA und Lauterbach verabreden sich

Zum Abschluss nahm Overwiening Bezug auf das Treffen der ABDA mit Karl Lauterbach am 13. Oktober und lud den Gesundheitsminister gleichzeitig ein, sie in ihrer Apotheke zu besuchen. Dort könne sie ihm ungefärbt alles zeigen, was er wissen müsse. 

Gleichzeitig ermahnte sie den Gesundheitsminister, sich nicht auf einzelne Meinungen einzelner Kolleginnen und Kollegen zu berufen, sondern sich mit der Standesvertretung auseinanderzusetzen.„Holen Sie sich Ihre Informationen und die Wünsche der Apothekerschaft aus der ABDA.“

Protestmonat angekündigt

Als Reaktion auf die Aussagen und Pläne des Ministers kündigte ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening an, dass die Apotheken im November einen Protestmonat organisieren. Dabei soll es ab dem 8. November an jedem Mittwoch im November regionale Apothekenschließungen und zentrale Kundgebungen geben.