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EMA wertet Daten aus: Valproat bei Männern: Ein Risiko für den Nachwuchs?

Hand eines Mannes hält die Hand eines Neugeborenen
Begünstigt eine Valproat-Therapie bei Männern möglicherweise das Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen bei ihren Kindern? Dieser Frage geht der Pharmakovigilanzausschuss (PRAC) der europäischen Arzneimittelbehörde EMA derzeit nach. | Bild:  Руслан Галиуллин / AdobeStock

Für teratogene Arzneimittel, wie z. B. Valproat, gelten besondere Risikomaßnahmen. Diese richten sind üblicherweise an weibliche Patienten im gebärfähigen Alter. Wie der Pharmakovigilanzausschuss (PRAC) der europäischen Arzneimittelbehörde EMA beziehungsweise das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nun bekannt gegeben hat, sollte künftig auch bei männlichen Patienten über die möglichen Risiken von Valproat für den noch ungeborenen Nachwuchs informiert werden. Aber weshalb?

Risiko für Entwicklungsstörungen durch Valproat bei Männern

Zwar sei der PRAC derzeit noch dabei, Daten zum potenziellen Risiko von neurologischen Entwicklungsstörungen bei Kindern auszuwerten, die „von Vätern gezeugt wurden, die valproathaltige Arzneimittel einnahmen“, erklärt das BfArM. Doch erste Ergebnisse „könnten auf ein erhöhtes Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen bei Kindern hinweisen, deren Väter in den drei Monaten vor der Empfängnis Valproat eingenommen haben“. Offenbar deshalb hat man sich bereits jetzt entschieden, die Risiken zu kommunizieren – auch wenn der PRAC „wichtige Einschränkungen zur Aussagekraft“ bei den Studiendaten festgestellt habe.

Die Daten stammen aus einer retrospektiven Beobachtungsstudie, die sich an das im Jahr 2018 abgeschlossene Risikobewertungsverfahren zur Überprüfung der Anwendung von Valproat während der Schwangerschaft verpflichtend anschloss. 

Die Studie basiert auf mehreren Registerdatenbanken in Dänemark, Norwegen und Schweden – wobei das Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen bei Kindern von Männern unter Valproat-Therapie mit dem Risiko bei Kindern von Männern unter Lamotrigin- oder Levetiracetam-Therapie verglichen wurde.

Offene Fragen

Kritisch hinterfragt der PRAC an der Studie, was darin genau unter neurologischen Entwicklungsstörungen zu verstehen ist (beispielsweise Autismus-Spektrum-Störung). Außerdem müssten bei den Vätern die verschiedenen Epilepsieformen berücksichtigt werden, da Valproat „bei einigen Epilepsieformen, die mit neurologischen Entwicklungsstörungen einhergehen, möglicherweise häufiger verschrieben wird“. Zudem seien Fehler in der norwegischen Datenbank festgestellt worden, deren Auswirkungen noch nicht bekannt sind.

Was ist nun zu tun?

Während nun auf die Klärung der offenen Fragen und somit auf das Ergebnis der PRAC-Bewertung gewartet wird, gelten in einigen Mitgliedstaaten der EU bereits nationale Empfehlungen. Das BfArM empfiehlt entsprechend der EMA-Mitteilung vom 16. August:

„Männliche Patienten, die mit Valproat behandelt werden, sollten die Einnahme ihres Arzneimittels nicht ohne Rücksprache mit ihrem Arzt abbrechen, da sich ihre Epilepsie oder bipolare Störung verschlimmern könnte. Ein plötzlicher Abbruch der Epilepsiebehandlung könnte Anfälle auslösen. Patienten, die Fragen zu ihrer Behandlung haben, sollten mit ihrem Arzt sprechen.“

Mitteilung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vom 16. August 2023

Wie reagieren andere Länder?

Während beispielsweise die britische Arzneimittelbehörde derzeit darüber informiert, dass in diesem Zusammenhang für die Patienten (noch) kein Handlungsbedarf besteht, hat die französische Arzneimittelbehörde bereits ein Informationsblatt für Patienten veröffentlicht. Auch darin wird betont, dass die Bewertung der Risiken noch nicht abgeschlossen ist. 

Das proaktivere Vorgehen der französischen Arzneimittelbehörde lässt sich vermutlich durch den „scandale Dépakine“ erklären. In dessen Rahmen stellte sich 2017 die Frage, ob in Frankreich das teratogene Risiko von Valproat ignoriert wurdeQuellen:
Mitteilung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Valproat: Auswertung von Daten zur väterlichen Exposition durch den PRAC. 16.08.2023,

Mitteilung der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA). EMA review of data on paternal exposure to valproate. 16.08.2023,

Mitteilung der „Medicines and Healthcare products Regulatory Agency“. Safety of valproate – new study on risks in children of men taking valproate. 16.08.2023

Mitteilung der „Agence nationale de sécurité du médicament et des produits de santé“. Evaluation européenne du risque potentiel de troubles neurodéveloppementaux chez les enfants dont le père a été traité par valproate dans les mois précédant la conception. Stand 03.08.2023,
 
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