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Keuchhusten: Fälle in Europa nehmen zu

Mädchen hustet mit Kuscheltier im Arm
 Keuchhusten (Pertussis) kann vor allem für Säuglinge und Kleinkinder lebensgefährlich sein. | Bild: Louis-Photo / AdobeStock

Nachdem sich die Zahl der Keuchhustenfälle im Oktober vergangenes Jahr bereits in Dänemark verzehnfacht hatte, häufen sich derzeit die Meldungen über Keuchhusten-Infektionen insbesondere in England. 

Wie die Gesundheitsbehörde UKHSA (UK Health Security Agency) jüngst mitteilte, erkrankten allein im größten britischen Landesteil zwischen Jahresbeginn und Ende März knapp 2.800 Menschen an Keuchhusten. Das sind mehr als dreimal so viele wie im gesamten vergangenen Jahr. Im ersten Quartal 2024 starben sogar fünf Babys an Keuchhusten.

Statistiken des Europäischen Zentrums für Krankheitsprävention und -kontrolle (ECDC) zeigen, dass die Zahl der an Keuchhusten Erkrankten in ganz Europa zunimmt – besonders hohe Fallzahlen gibt es bereits in Kroatien und Tschechien.

Woher kommt der Anstieg an Keuchhusten-Fällen?

Grund für den starken Anstieg ist nach Einschätzung von Experten unter anderem, dass es bei der auftretenden Krankheit bereits seit 2016 keinen größeren Ausbruch mehr gegeben hat. 

Zudem sei ein sogenannter „Nachholeffekt“ nach der Corona-Pandemie wahrscheinlich. Durch die Infektionsschutzmaßnahmen gegen SARS-CoV-2 kam es zu einer deutlichen Abnahme der Fälle von Keuchhusten und die Immunität in der Bevölkerung ist während der Pandemie gesunken. 

Auch die Impfrate ist zurückgegangen. 

Keuchhusten: Starke Hustenattacken bis zum Erbrechen

Keuchhusten (Pertussis) ist eine Atemwegsinfektion, die per Tröpfchen durch das Bakterium Bordetella pertussis – gramnegative, aerob lebende Stäbchen – übertragen wird. Die Erkrankung ist hoch ansteckend und gehört weltweit zu den häufigsten Infektionskrankheiten.

Häufig beginnt Keuchhusten mit leichten Erkältungssymptomen. Nach etwa ein bis zwei Wochen kommt es zum typischen Krankheitsbild mit bellenden, stoß- und krampfartigen, langwierigen und trockenen Hustenanfällen, die Wochen oder Monate anhalten können. Unangenehm sind vor allem auch nachts auftretende Hustenattacken. Insbesondere während der ersten beiden Wochen sind die Betroffenen hochansteckend.

„Oft führen die Hustenanfälle zum Herauswürgen von zähem Schleim und anschließendem Erbrechen. Die Erkrankten leiden unter Appetit- und Schlaflosigkeit“, betont die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Zwar ist die Krankheit für Erwachsene in der Regel nicht tödlich, jedoch kann sie über einen längeren Zeitraum zu Einschränkungen im Alltag führen.

Gut zu wissen: Keuchhusten-Erreger 

Bordetella pertussis ist der hauptsächliche Erreger des Keuchhustens. Seltener können Infektionen mit Bordetella parapertussis auftreten. Ebenso wie bei B. pertussis handelt es sich bei B. parapertussis um gramnegative, aerob lebende Stäbchen. 

Das für B. pertussis typische Pertussistoxin bildet B. parapertussis nicht. Beide Erreger verursachen die Erkrankung Keuchhusten, jedoch verlaufen die durch B. parapertussis ausgelösten Fälle in der Regel milder. 

Die von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlene Keuchhusten-Schutzimpfung richtet sich gegen B. pertussis und schützt somit nicht unmittelbar vor B. parapertussis. Eine gewisse partielle Kreuzprotektion ist laut Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) jedoch möglich. /gg

Schwere Keuchhusten-Fälle bei Säuglingen möglich

Erkrankt ein Neugeborenes an Keuchhusten, kann dies lebensbedrohlich sein. Denn: In den ersten Lebenswochen kann die Infektionskrankheit besonders häufig zu Komplikationen wie Lungenentzündungen oder Krampfanfällen führen. Außerdem können lebensgefährliche Atemstillstände auftreten. 

Erkrankte Säuglinge müssen daher meist im Krankenhaus behandelt werden. Ein unerkannter Keuchhusten wird auch für Fälle von plötzlichem Kindstod verantwortlich gemacht. 

Da Babys keine schützenden Antikörper gegen Pertussis von ihrer Mutter mitbekommen, können sie sich schon früh mit dem Erreger anstecken. Daher sei es entsprechend wichtig, dass schwangere Frauen und Babys eine Impfung zum richtigen Zeitpunkt erhielten, sagte UKHSA-Epidemiologin Gayatri Amirthalingam.

Da es sich bei Keuchhusten um eine schwere und gefährliche Infektionskrankheit handelt, gilt seit dem Jahr 2013 in Deutschland eine Meldepflicht.

Gut zu wissen: Impfempfehlung der STIKO

  • Alle Säuglinge und Kleinkinder: Die STIKO empfiehlt die Verwendung des 6-fach-Impfstoffs zur Grundimmunisierung bei reifgeborenen Säuglingen (2+1-Impfschema). Reifgeborene Säuglinge erhalten somit drei 6-fach-Impfungen: Die ersten beiden Impfungen im Alter von zwei und vier Monaten (= 2 Dosen im Abstand von 2 Monaten zueinander) und die dritte Impfung im Alter von elf Monaten. Frühgeborenen, die vor der 37. Schwangerschaftswoche geboren sind, soll aufgrund des noch nicht ausgereiften Immunsystems die 6-fach-Impfung weiterhin nach dem bisher empfohlenen 3+1-Impfschema mit vier Impfstoffdosen geimpft werden und zwar im Alter von 2, 3, 4 und 11 Monaten.
  • Auffrischimpfungen sind im Vorschul- und Jugendalter empfohlen.
  • Alle Erwachsenen sollten einmalig gegen Pertussis geimpft werden. Die Pertussis-Impfung sollte bei der nächsten fälligen Tetanus-Diphtherie-Impfung als Kombinationsimpfung verabreicht werden.
  • Enge Haushaltskontakte und Betreuungspersonen von Neugeborenen, die in den letzten zehn Jahren keine Pertussis-Impfung erhalten haben, sollten eine Impfung erhalten.
  • Schwangere sollten zu Beginn des dritten Trimenons geimpft werden.
  • Angehörige der Gesundheitsberufe sollten sich alle zehn Jahre gegen Pertussis impfen lassen.
  • Der Impfschutz gegen Keuchhusten hält nicht länger als zehn bis 20 Jahre lang an. Auch wer bereits eine Pertussis-Erkrankung durchgemacht hat, ist nicht lebenslang immun.

Quellen: Ärztezeitung, RKI, dpa, Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, Focus online