Welche Arzneimittel machen dick?
Häufig kommen Kunden in die Apotheke mit dem Wunsch, ein paar Kilos verlieren zu wollen. Viele kennen die Ursache für die eigene Gewichtszunahme, etwa übermäßiges Essen oder einen bewegungsarmen Lebensstil. Andere hingegen können sich die vielen Pfunde nicht erklären. Vor allem dann, wenn sie trotz gleichbleibender Gewohnheiten in kürzerer Zeit einiges an Gewicht zugelegt haben.
Darauf können Apotheken achten
Ein vertrautes Gespräch in der Apotheke ist daher essenziell, um einen Hinweis auf die Problematik zu bekommen. Auf folgende Anhaltspunkte kann das pharmazeutische Personal achten, wenn von einer Gewichtszunahme die Rede ist:
- Keine Gewichtsreduktion trotz verbessertem Lebensstil,
- ständig erhöhter Appetit ohne konkrete Ursache und/oder
- die Einnahme eines neuen Arzneimittels seit einigen Wochen.
In der Beratung lohnt es sich dann, einen Blick auf Arzneimittel zu werfen, die als Nebenwirkung zu einer unerwünschten Gewichtszunahme führen können.
Warum Medikamente eine Gewichtszunahme fördern können
Die genauen Zusammenhänge zwischen Arzneimitteln und einer Gewichtszunahme sind noch nicht für alle Medikamente bekannt. Einige Arzneistoffe können den Appetit erhöhen, weshalb Patienten, ohne es zu merken, mehr Kalorien zu sich nehmen und so an Gewicht zulegen.
Andere Arzneistoffe können Einfluss auf den Stoffwechsel haben und dafür sorgen, dass dieser langsamer abläuft. Dadurch sinkt der Grundumsatz, es wird weniger Energie verbrannt und der Körper speichert überschüssige Kalorien als Fettpolster.
Auch ein Eingriff in die Homöostase (Gleichgewicht der physiologischen Körperfunktionen) verschiedener Hormone wie Ghrelin und Cortisol kann das Sättigungsgefühl beeinflussen.
Welche Arzneimittel erhöhen das Körpergewicht?
Folgende Arzneimittelgruppen bzw. Wirkstoffe können zu einer Gewichtszunahme führen:
- Antipsychotika: Chlorpromazin, Olanzapin, Quetiapin, Risperidon
- Antiepileptika: Carbamazepin, Gabapentin, Pregabalin, Valproinsäure
- Antidepressiva: Amitriptylin, Citalopram, Doxepin, Imipramin, Mirtazapin
- Antidiabetika: einige Insuline, Tolbutamid (alter Wirkstoff, bei den neuen Sulfonylharnstoffen wie Glibenclamid nicht mehr so stark zu verzeichnen)
- Glucocorticoide: Prednisolon (bei Langzeiteinnahme)
- Antihypertensiva: vor allem Betablocker wie Metoprolol, Atenolol und Propranolol, weiterhin Clonidin, Diltiazem, Valsartan
Auch Hormonpräparate auf Estrogen-Basis wie Kontrazeptiva oder Hormonersatzpräparate für die Wechseljahre können das Körpergewicht beeinflussen. Dafür gibt es allerdings widersprüchliche Belege. Estrogene fördern die Wassereinlagerungen im Gewebe, was jedoch nicht als „richtige“ Gewichtszunahme zu bezeichnen ist. Teilweise wird berichtet, dass sie den Appetit anregen und so zu einer erhöhten Energieaufnahme führen. Auch das ist nicht abschließend belegt.
Gut zu wissen: Können Antibiotika dick machen?
Hier hilft ein Blick in unseren Darm: Studien haben gezeigt, dass bei häufiger Antibiotika-Einnahme das Darm-Mikrobiom negativ beeinflusst wird. Diese mangelnde Vielfalt an Darmbakterien kann die Ausbreitung von Dickmacher-Bakterien fördern. Die Forscher sehen aufgrund der veränderten Darmflora einen Zusammenhang zwischen einer häufigen Antibiotika-Einnahme und der Entstehung von Übergewicht bei Kindern.
Darauf sollten Betroffene hingewiesen werden
Konnte bei der Medikationsanalyse ein ursächlicher Wirkstoff identifiziert werden, sollte der Patient behutsam darüber aufgeklärt werden, damit die Adhärenz nicht gefährdet wird. Auf keinen Fall darf die Therapie ohne Rücksprache mit dem behandelnden Arzt abgesetzt werden. Häufig gibt es alternative Arzneimittel, auf die der Arzt den Patienten umstellen kann.
Manche Therapien sind jedoch notwendig und können nicht ohne weiteres ausgetauscht werden. Das betrifft zum Beispiel Behandlungen mit Glucocorticoiden gegen entzündliche Erkrankungen oder gut eingestellte Patienten mit Depressionen. Betroffenen können dann in der Apotheke Ernährungsstrategien und Tipps für Verbesserungen des Lebensstils mit auf den Weg gegeben werden.
Eine Appetitsteigerung kann aber auch positive Folgen haben: Denn viele Patienten mit psychischen Erkrankungen leiden an einem verminderten Appetit oder Untergewicht. Hier kann die sonst so negativ gewertete Gewichtszunahme auch im guten Sinne ausgelegt werden.