Stiftung Warentest prüft Hautscreening-Apps: Hautkrebs erkennen per App – geht das?
Wird Hautkrebs frühzeitig erkannt, kann er häufig gut behandelt werden. Die gesetzlichen Krankenkassen bezahlen eine Untersuchung zur Hautkrebsfrüherkennung für Menschen ab 35 Jahren alle zwei Jahre. Doch auf einen Termin beim Hautarzt muss man oft mehrere Wochen oder gar Monate warten. Hautscreening-Apps wollen hier Abhilfe schaffen. Können diese zuverlässig Hautkrebs und andere Hauterkrankungen erkennen?
Stiftung Warentest checkt 17 Hautscreening-Apps
Das hat sich auch die Stiftung Warentest gefragt und prüfte 17 solcher Apps für Android- und iOS-Systeme. Anhand von Fotos sollten die Anwendungen Hautveränderungen medizinisch einschätzen. Dazu wurden mit den Apps Hautveränderungen wie Muttermale, Narben, Krampfadern, Gürtelrose oder schwarzer bzw. weißer Hautkrebs von 24 Personen fotografiert. Die Richtigkeit der App-Einschätzungen überprüfte ein medizinisches Gutachter-Team, das die 24 Menschen, deren Hautstellen fotografiert worden waren, untersuchte.
Das Ergebnis: Zwar schätzten viele Apps die Hautveränderungen oft schnell richtig ein, jedoch war keine App im Test fehlerfrei. Etwa jeder siebte Hautkrebs sei nicht erkannt worden, heißt es im Testbericht. Das könne Betroffene fälschlicherweise beruhigen und zu einer verspäteten Behandlung führen. „Empfehlen können wir nur AppDoc“, resümieren die Autoren der Stiftung Warentest. Das Ärzteteam dieser App habe die Testfälle am besten eingeschätzt und fast immer richtig gelegen.
AppDoc: ein Onlinedienst von Heidelberger Hautärzten
„AppDoc“ wurde von Heidelberger Hautärzten und Wissenschaftlern des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen konzipiert. 2018 hat die Landesärztekammer Baden-Württemberg die Anwendung als ersten – und bis heute einzigen – Online-Hautarzt-Service genehmigt.
Die Verantwortlichen versprechen eine qualifizierte Einschätzung des eingesendeten Hautproblems „meist in weniger als einer Stunde (maximal 8h)“. „Dank der Handlungsempfehlung wissen Sie zudem, was Sie wegen Ihres Hautproblems tun können. Etwa 70% unserer Patienten müssen nicht mehr in die Praxis“, heißt es weiter auf der Webseite der App.
Arztbasierte Apps schneiden besser ab
Tatsächlich stellt die Stiftung Warentest in ihren Tests fest, dass die arztbasierten Apps wie „AppDoc“, „First Derm“ und „iDoc24“ die eingesendeten Hautveränderungen insgesamt gut einschätzen. „First Derm“ und „iDoc24“ erhielten jedoch keine Bestplatzierungen, da sie sehr deutliche Mängel in den allgemeinen Geschäftsbedingungen aufwiesen.
Ein schwerer Fehler unterlief dem Ärzteteam der App „Dermanostic“. Laut Stiftung Warentest erkannte eine Ärztin einen der drei eingesendeten Fälle von schwarzem Hautkrebs nicht und stellte stattdessen eine gutartige Hautveränderung fest. Sie habe zu einem Arztbesuch innerhalb von drei Monaten geraten. „Wird schwarzer Hautkrebs nicht schnell behandelt, kann er zum Tod führen – je weiter fortgeschritten, desto schlechter die Prognose“, mahnen die Autoren der Stiftung Warentest.
Algorithmusbasierte Apps sind nicht zuverlässig
Von den algorithmusbasierten Apps konnte nur „SkinVision“ die eingesendeten Fälle gut einschätzen. Die Anwendung bietet jedoch ausschließlich die Hautkrebserkennung an, andere Hauterkrankungen erkennt sie nicht, stellt die Stiftung Warentest fest. So wurde das Krebsrisiko bei einem Gürtelrosefall korrekt als niedrig eingestuft. Problematisch sah Stiftung Warentest jedoch den Kommentar der App: „Kein Grund, sich Sorgen zu machen“, denn Gürtelrose kann chronische Nervenschmerzen hervorrufen.
Ein „Ausreichend“ erhielt der auf Hautkrebs spezialisierte Dienst „Skinscreener“. Laut Stiftung Warentest machte der Algorithmus dieser App die meisten Einschätzungsfehler. Die algorithmusbasierten Apps „Model Dermatology“ für Android bzw. iOS erhalten im Bereich der Richtigkeit der Beurteilungen ein „Befriedigend“.
Hautscreening-Apps: schnell und auch noch günstig?
Nicht nur die Wartezeit auf einen Hautarzttermin soll man sich mit Hautscreening-Apps sparen können, die Anwendungen sollen auch noch günstiger sein als ein Vor-Ort-Termin beim Arzt. Doch diese Rechnung geht nicht ganz auf, wie die Stiftung Warentest deutlich macht.
Lediglich eine App („Model Dermatology“) stellt ihre Dienste kostenlos zur Verfügung – ihr Gesamturteil ist jedoch nur befriedigend. Außerdem liefere die App lediglich eine Liste möglicher Befunde, nach Wahrscheinlichkeit sortiert, berichtet die Stiftung Warentest. Sehr zuverlässig erscheint dies nicht. Der Arztbesuch sollte nach der Nutzung dieser App unbedingt in Betracht gezogen werden.
Die übrigen Apps, die Stiftung Warentest geprüft hat, verlangen bis zu 25 Euro für die Einschätzung einer Hautstelle. Bei vier Muttermalen ergebe das 100 Euro, die der Betroffene selbst zahlen müsse, rechnen die Autoren aus. Denn in der Regel übernehmen die Krankenkassen diese Kosten nicht.
Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen aber alle zwei Jahre ein Hautkrebs-Screening in der Arztpraxis für gesetzlich Versicherte ab 35 Jahren. Der Arzt untersucht dabei den ganzen Körper, inklusive solcher Stellen, die Betroffene selbst nicht immer sehen können (etwa am Rücken) oder an die Betroffene nicht denken (z. B. in der Mundhöhle, in den Gehörgängen oder in den Po- und Genitalfalten).
Wer öfter als alle zwei Jahre zum Screening geht oder unter 35 Jahre alt ist, muss die Untersuchung selbst zahlen. Das kostet ab circa 50 Euro für den gesamten Körper. Es gibt jedoch auch Krankenkassen, die die Hautkrebsfrüherkennung auch bei jüngeren Patienten bezahlen. Es lohnt sich, bei der eigenen Krankenkasse nachzufragen.
Hautscreening-App zur ersten Einschätzung nützlich
Wer ein Hautproblem abklären möchte, ist nur bei einem Hautarzt sicher aufgehoben. Für eine erste schnelle Einschätzung kann jedoch auch „AppDoc“ verwendet werden, meinen die Autoren der Stiftung Warentest. Sie betonen jedoch: „Lesen Sie die Einschätzungen gründlich. Nehmen Sie es ernst, wenn ärztliche Untersuchungen empfohlen werden.“
Wem es um die zuverlässige Früherkennung von Hautkrebs geht, sollte sich bewusst machen: Die persönliche Untersuchung durch einen Spezialisten kann keine App ersetzen. Hierzu sollte man immer direkt zum Hautarzt gehen.