Wie kann man Rezeptfälschungen erkennen?
Es gibt auf dem deutschen Arzneimittelmarkt hunderte, wenn nicht tausende Substanzen, die der Verschreibungspflicht unterliegen. Üblicherweise ist Zweck dieser Verschreibungspflicht der Schutz der Bevölkerung durch Vermeiden unsachgemäßer Anwendung. Es gibt jedoch einige Substanzen, die besonders hohes Missbrauchspotenzial haben. Dazu gehören beispielsweise Narkotika, starke Schmerzmittel, Psychopharmaka und Anabolika.
Da diese Arzneimittel nur in besonderen Fällen von Ärzten verordnet werden, gibt es ein entsprechend hohes Interesse bei Personengruppen, die normalerweise nicht an diese Arzneimittel kämen, ärztliche Verordnungen zu fälschen. Wie Rezeptfälschungen erkannt werden können und was Apotheken in solchen Fällen unternehmen sollten, erklärt dieses FAQ.
Woran kann eine Rezeptfälschung erkannt werden?
Es gibt verschiedene Kriterien, die eine ärztliche Verordnung verdächtig machen können. Diese lassen sich grob unterteilen in:
- auffälliges Arzneimittel
- auffälliger Zeitpunkt des Apothekenbesuches
- auffälliges Rezept
- auffälliges Verhalten der einreichenden Person
Diese Punkte werden im Folgenden näher erläutert.
Welche Arzneimittel sind besonders von Rezeptfälschungen betroffen?
Wie bereits beschrieben, werden besonders häufig Rezepte über starke Schmerzmittel, Narkotika, Anabolika und Psychopharmaka gefälscht. Typische Substanzen sind zum Beispiel:
Narkotika | Anabolika | Psychopharmaka | Schmerzmittel |
---|---|---|---|
Diazepam | Testosteron | Amitriptylin | Morphin |
Z-Substanzen | Tamoxifen | Citalopram | Tilidin |
Bromazepam | Anastrozol | Fluoxetin | Tramadol |
Häufig kommt es zudem auch zu Fälschungen bei hochpreisigen Arzneimitteln. Hier sollte im Zweifel stets Rücksprache mit dem Arzt gehalten werden, wenn etwas verdächtig erscheint.
Welche Zeitpunkte des Apothekenbesuchs sind besonders verdächtig?
Grundsätzlich gibt es an einem Zeitpunkt eines Apothekenbesuches erst einmal nichts Verdächtiges. Zusammen mit anderen Kriterien kann der Besuchszeitpunkt aber einen Verdacht bekräftigen. Rezeptfälscher suchen Apotheken z. B. zu Zeitpunkten auf, an denen besonders viel in der Apotheke zu tun ist. Beispiele dafür sind der Mittwochvormittag, der bekanntermaßen in Apotheken häufig mit hohem Andrang verbunden ist, oder der Samstag kurz vor Apothekenschluss, wenn noch besonders viele Menschen Arzneimittel für das Wochenende wünschen.
Auch werden besonders häufig Rezeptfälschungen zu Zeitpunkten eingereicht, an denen das Apothekenpersonal schon mental mit dem Tag abgeschlossen hat, etwa eine Minute vor Feierabend.
Beliebt sind ebenfalls Zeiten, zu denen die Apothekenmitarbeitende keine Möglichkeit haben, die Legitimität der Verschreibung nachzuvollziehen. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn der verordnende Arzt gerade im Urlaub ist, sowie an Wochenenden oder Mittwoch- und Freitagnachmittag, wenn die Praxis geschlossen ist.
Was kann an einem Rezept auffällig sein?
Rezeptfälscher kennen sich oftmals nicht gut genug mit der Materie aus, um alle Formalien perfekt anzugeben. Es fehlen also oftmals Angaben im Arztstempel, das Ausstellungsdatum, die Schrift ist möglicherweise nicht in den entsprechenden Feldern gelandet, die Unterschrift des Arztes fehlt oder stimmt nicht mit der Ihnen bekannten überein, Patientendaten fehlen oder wirken erfunden (etwa ist jemand am 01.01.2000 geboren), oder aber das Rezeptformular selbst ist gefälscht.
In solchen Fällen stimmt die Dicke des Papiers nicht, das Handgefühl ist nicht das gleiche wie bei normalen Muster-16-Formularen, der rosa Vordruck ist veraltet oder falsch. Besonders hellhörig sollten Sie bei BtM-Formularen werden, denen der Durchschlag fehlt.
Welches Verhalten kann bei der einreichenden Person verdächtig wirken?
Personen, die gefälschte Rezepte einreichen, sind oftmals nervös und haben es besonders eilig. Auf Rückfragen wird häufig gereizt oder ausweichend reagiert. In den meisten Fällen ist das Arzneimittel nicht für die Person selbst, sondern für „jemand anderen“ bestimmt. Wenn das Arzneimittel bestellt werden müsste, weigern sich die Fälschenden häufig, das Rezept in der Apotheke zu belassen. In vielen Fällen wird man versuchen, Sie mit vielen Zwischenfragen aus dem Konzept zu bringen. Mangelndes Wissen zu einer eigentlichen Dauertherapie kann ebenfalls verdächtig sein.
Was Apotheken beachten müssen und wie sie im Ernstfall vorgehen sollten
Die meisten der oben genannten Punkte sind für sich genommen kaum verdächtig. Jeder hat es einmal eilig oder holt das Arzneimittel der Großmutter ab und weiß nicht, wofür dieses ist. Wenn sich aber die Kriterien häufen, sollten Sie auf Ihr Bauchgefühl hören.
Das Apothekenpersonal sollte dabei stets darauf achten, sich selbst nicht in Gefahr zu bringen. Sperren Sie also, entgegen mancher Empfehlungen, nicht den Verdächtigen mit sich in der Apotheke ein und bringen Sie Ihren Verdacht nicht zur Sprache, bis Sie nicht vollkommen sicher sind, dass es sich um eine Fälschung handelt.
Halten Sie dazu unbedingt Rücksprache mit dem verordnenden Arzt. Sollte dieser nicht zu erreichen sein, etwa weil die Praxis geschlossen ist, warten Sie, bis diese wieder öffnet, bevor Sie das Arzneimittel abgeben. Vertrösten Sie dazu die einreichende Person beispielsweise mit einem Vorwand, das Arzneimittel sei nicht lieferfähig oder es fehle noch eine Formalität.
Sollte der Arzt die Fälschung bestätigen, sollten Sie die Polizei, die AMK, die zuständige Apothekerkammer sowie Ihren Apothekerverband informieren. Wenn die verdächtige Person mit dem potenziell gefälschten Rezept die Apotheke verlässt, sollten Sie zudem umliegende Apotheken vorwarnen – denn häufig versuchen es Rezeptfälscher direkt in der nächsten Apotheke.
Wer zahlt, wenn eine Apotheke ein gefälschtes Rezept beliefert?
Per Gerichtsurteil aus 2013 ist die Apotheke verpflichtet und imstande, Rezeptfälschungen zu erkennen. Im Zweifel bleiben also die Kosten des Arzneimittels an dieser hängen.
Mache ich mich strafbar, wenn ich ein potenziell gefälschtes Rezept nicht beliefere?
Nein, das Gegenteil ist der Fall. Sie sind verpflichtet, bei Verdacht auf Fälschung die Abgabe des Arzneimittels zu verweigern. Dies steht in keinem Widerspruch zu Ihrem Kontrahierungszwang.