VomiSaft®: Neue Option bei Reisekrankheit?
Eine Fahrt auf Serpentinen, ein Schiffsausflug auf unruhigem Gewässer oder ein Flug mit Turbulenzen – viele Reise-Ereignisse können bei Passagieren zu Schwindel und Übelkeit führen.
Besonders Kinder sind für diese Bewegungskrankheit (Kinetose) anfällig, da die unterschiedlichen Sinneseindrücke von ihrem Gehirn noch nicht ausreichend verarbeitet werden können. Neben Schwindel und Übelkeit können dabei auch Kopfschmerzen, Erbrechen, niedriger Blutdruck und Schweißausbrüche auftreten.
Zur Erinnerung: Wie entstehen Kinetosen?
Kinetosen entstehen, wenn Augen, Gleichgewichtsorgan und Rezeptoren in den Gelenken widersprüchliche Signale aussenden. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn während einer Bootsfahrt auf ein starres Objekt (z. B. ein Buch) geschaut wird, die restlichen Sensoren des Körpers aber eine Bewegung wahrnehmen.
Um der Reisekrankheit zu entgehen, kann es daher hilfreich sein, die Bewegung auch über die Augen zu erfassen und z. B. auf die Straße bzw. den Horizont zu schauen. Außerdem sollten Plätze in weniger schwankungsanfälligen Bereichen aufgesucht werden (z. B. über den Tragflächen des Flugzeugs bzw. in der Mitte des Schiffes).
Therapie der Reiseübelkeit: Tabletten, Suppositorien, Kaugummis und Co.
Zur Therapie bzw. Vorbeugung der Reisekrankheit stehen in der Selbstmedikation in erster Linie H1-Antihistaminika der ersten Generation zur Verfügung. Diphenhydramin bzw. Dimenhydrinat wirken durch die Blockade zentraler Histamin-Rezeptoren (H1) antiemetisch. Zudem wirken beide anticholinerg (durch die Blockade von Muskarin-Rezeptoren).
Zur Erinnerung: Diphenhydramin vs. Dimenhydrinat
Durch die Blockade zentraler H1-Rezeptoren wirkt Diphenhydramin auch sedierend. Dies kann unter anderem die Verkehrstüchtigkeit einschränken.
Daher wurde das Prodrug Dimenhydrinat entwickelt, welches neben Diphenhydramin auch das schwach anregende 8-Chlortheophyllin enthält.
Durch diese Kombination sollen die sedierenden Eigenschaften des H1-Antihistaminikums abgemildert werden. In der Praxis konnte dieser Effekt jedoch nicht bestätigt werden.
Je nach Alter und Verwendungszweck (Prophylaxe, Stand-by-Prophylaxe oder Akutfall) kommen unterschiedliche Darreichungsformen zum Einsatz:
- Tabletten (z. B. Reisegold® Tabs),
- Retardkapseln (z. B. Vomex A® Retardkapseln),
- Suppositorien (z. B. Vomacur® 40 Suppositorien),
- Kaugummis/Dragees (z. B. Superpep® Reise Kaugummi Dragees),
- Sirup (z. B. Vomex A® Sirup),
- Lösung zum Einnehmen in Portionsbeuteln (Vomex A® Kinder Lösung) oder
- Sublingualtabletten (z. B. Vomex A® Reise Sublingualtabletten).
Für unterwegs eignen sich z. B. Reisekaugummis und Sublingualtabletten, da diese rasch wirken, leicht zu transportieren sind und ohne Wasser eingenommen werden können. Allerdings sind diese erst ab 6 Jahren (Reisekaugummis) bzw. 12 Jahren (Sublingualtabletten) geeignet. Für jüngere Kinder bleiben damit bei Kinetosen nur Suppositorien (eher unbeliebt), Sirup (unhandlich) und Lösungen zum Einnehmen in Portionsbeuteln (mit Tutti-Frutti-Aroma) als Optionen übrig.
Gut zu wissen: Was man sonst gegen Reiseübelkeit tun kann
- Vor Fahrtbeginn etwas Leichtes essen.
- Keinen Alkohol oder Nikotin konsumieren.
- Während der Fahrt nicht lesen oder spielen.
- Beim Autofahren vorne aus dem Fenster schauen.
- Bei Schifffahrten auf dem Deck an der frischen Luft aufhalten.
- Den Horizont mit den Augen fixieren.
- Ggf. können Ingwer-Präparate (Zintona®), Akkupressurbänder (z. B. Sea Band®) oder Homöopathika (z. B. Cocculus, Nux vomica, Ipecacuanha) zum Einsatz kommen.
- Bei wiederholten und anhaltenden Beschwerden kann als verschreibungspflichtige Therapieoption Scopolamin (Scopoderm TTS®) in Erwägung gezogen werden.
VomiSaft®: neue Darreichungsform für Kinder ab 2 Jahren
Seit kurzem bietet InfectoPharm (bzw. Pädia®) eine weitere Darreichungsform für kleinere Kinder an: Mit VomiSaft® steht eine Lösung mit Erdbeergeschmack in kleinen Einzelfläschchen zur Verfügung. Jedes Fläschchen enthält 6 ml Lösung mit 24 mg Dimenhydrinat und verfügt über eine skalierte Messkappe. Eine Packung enthält insgesamt 5 Fläschchen.
VomiSaft® ist zur Vorbeugung und Behandlung der Reisekrankheit für Kinder ab 2 Jahren zugelassen und wird bei 2- bis 3-Jährigen abhängig vom Körpergewicht dosiert:
Kindergewicht | Tageshöchstdosis (pro 24 Stunden) | |
---|---|---|
8–10 kg | 36 mg | 3 ml maximal 3x pro Tag |
> 10–14,5 kg | 48 mg | 4 ml maximal 3x pro Tag |
> 14,5 kg | 72 mg | 6 ml maximal 3x pro Tag |
Dabei sind Überdosierungen unbedingt zu vermeiden, da dies lebensbedrohlich werden kann. In der Packungsbeilage ist deshalb folgender Warnhinweis zu finden:
„Überdosierung mit Dimenhydrinat, dem Wirkstoff von VomiSaft, kann insbesondere bei Kindern unter 3 Jahren lebensbedrohlich sein und muss deshalb insbesondere in dieser Altersgruppe unter allen Umständen vermieden werden. Geben Sie Ihrem Kleinkind daher nie mehr als 5 mg/kg Körpergewicht in 24 Stunden.“
Kinder von 4 bis 6 Jahren können als Einzeldosis 3 bis 6 ml einnehmen, maximal 18 ml pro Tag (entspricht 72 mg Dimenhydrinat). Kinder von 7 bis 12 Jahren erhalten Dosierungen von 6 bis 12 ml, maximal 36 ml pro Tag (entspricht 144 mg Dimenhydrinat).
Wird nicht die gesamte Einzeldosis (6 ml) eingenommen, ist der restliche Flascheninhalt zu verwerfen.
Einnahme von VomiSaft® mit Lebensmitteln empfohlen
Zur Vorbeugung einer Kinetose sollte VomiSaft® mindestens 30 Minuten vor Reiseantritt eingenommen werden, andernfalls beim ersten Auftreten der Symptome. Die antiemetische Wirkung tritt nach 15 bis 30 Minuten ein. Bei Bedarf kann die Einnahme nach 6 bis 8 Stunden wiederholt werden.
Um eine Reizung der Magenschleimhaut „möglichst gering zu halten“, wird in der Packungsbeilage empfohlen, die Lösung mit Wasser oder etwas zu essen einzunehmen. Dies dürfte allerdings die flexible Nutzung unterwegs wieder etwas einschränken.
Vorsicht: Propylenglycol enthalten!
Neben Dimenhydrinat enthält VomiSaft® gereinigtes Wasser, Methyl‑4‑hydroxybenzoat, Saccharose, Erdbeer-Aroma (enthält Benzylalkohol), Amaranth, Saccharin-Natrium und Propylenglycol.
Letzteres ist insbesondere bei Kindern unter 5 Jahren zu beachten, da es bei weiterer Einnahme von Propylenglycol-haltigen Arzneimitteln oder Alkohol zum Überschreiten der Toxizitätsgrenze kommen kann.
Zur Erinnerung: Das Problem mit Propylenglycol
Bei Kindern unter vier Jahren sollte Propylenglycol möglichst nicht oder nur sehr niedrig dosiert verwendet werden. Einerseits ist die Blut-Hirn-Schranke in diesem Alter noch nicht voll entwickelt und durchlässiger, sodass zentrale Nebenwirkungen möglich sind. Andererseits bauen sie Propylenglycol deutlich langsamer (durch Alkohol- und Aldehyddehydrogenasen) ab, sodass sich Abbauprodukte ansammeln können. Schlimmstenfalls drohen Herzrhythmusstörungen und Leberschäden bis hin zu Todesfällen.
Vorsicht ist insbesondere dann erforderlich, wenn gleichzeitig mehrere Arzneistoffe mit Propylenglycol oder Alkohol eingenommen werden. Das gilt auch für großflächige topische Anwendung auf der Haut oder bei Verbrennungen. /ab