Aktuelles
4 min merken gemerkt Artikel drucken

Zulassungserweiterung bei Zanadio: Adipositas-App jetzt auch für Männer erstattungsfähig

Übergewichtiger Mann hört Musik
Durch Änderung der Bewegungs-, Ernährungs- und Verhaltensgewohnheiten hilft die App zanadio bei der langfristigen Gewichtsreduktion. | Bild: LIGHTFIELD STUDIOS / AdobeStock

Aktuell umfasst das DiGA-Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) 45 Applikationen. Die darin aufgeführten digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) können von Ärzten verordnet und auf Kassenkosten abgerechnet werden.

Je nachdem, ob zum Zeitpunkt der Aufnahme ein positiver Versorgungseffekt nachgewiesen werden kann, werden die Apps „dauerhaft“ oder lediglich „vorläufig“ – i. d. R. befristet auf 12 Monate – im Verzeichnis geführt. Kann in dieser Erprobungsphase der Nachweis noch erbracht werden, erfolgt sodann die dauerhafte Aufnahme ins DiGA-Verzeichnis. Wird der Nachweis hingegen nicht erbracht, werden die Anwendungen wieder aus dem Verzeichnis gestrichen.

Mitte 2022 Statuswechsel bei Zanadio

Bislang konnten nur wenige Anwendungen den Nutzennachweis entsprechend erbringen, seit Mitte 2022 zählt auch Zanadio zu diesem exklusiven Kreis. 

Die App zur digitalen Adipositas-Behandlung wurde Ende Oktober 2020 vorläufig ins DiGA-Verzeichnis aufgenommen. Knapp zwei Jahre später – Ende August 2022 – konnte der Hersteller aidhere das BfArM überzeugen und so den Statuswechsel vollziehen. 

Bislang für Männer nicht verordnungsfähig

Allerdings war die Anwendung bislang nur für Frauen und nichtbinäre Personen verordnungsfähig. Mittels nachgereichter Real-World-Daten konnte der Hersteller nun Ende März 2023 eine Zulassungserweiterung erwirken. 

Laut einer Pressemitteilung des Unternehmens zeigten die vorgelegten Daten, dass mit Zanadio unabhängig vom Geschlecht ein Gewichtsverlust von durchschnittlich 8 Prozent erreicht werden konnte. Die App ist damit künftig geschlechtsunabhängig als GKV-Leistung erhältlich – für Frauen, Männer und nichtbinäre Personen ab 18 Jahren mit einem Body-Mass-Index (BMI) von 30 bis 40.

Zur Erinnerung: Was ist der BMI?

Der Body-Mass-Index (BMI) ist der Quotient aus Körpergewicht und Körpergröße im Quadrat (kg/m2). Er wird zur Beurteilung von Übergewicht herangezogen: Als adipös gelten Menschen mit einem BMI von mehr als 30. Übergewicht beginnt bei einem BMI von über 25.  

Eine Behandlung ist laut Leitlinie der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG) indiziert bei

  • einem Body-Mass-Index (BMI) ≥ 30 kg/m² oder
  • Übergewicht mit einem BMI zwischen 25 und 30 kg/m2 und gleichzeitigem Vorliegen
    • übergewichtsbedingter Gesundheitsstörungen (z. B. Hypertonie, Diabetes mellitus Typ 2) oder
    • einer abdominalen Adipositas oder
    • Erkrankungen, die durch Übergewicht verschlimmert werden, oder
    • einem hohen psychosozialen Leidensdruck.

Ernährung, Bewegung und Verhaltensmaßnahmen

Zanadio basiert auf der S3-Leitlinie zur Behandlung von Adipositas und entspricht in der erzielten Gewichtsreduktion deren Empfehlung: Die Leitlinie rät zu einer Gewichtsreduktion von fünf bis zehn Prozent innerhalb eines Jahres.  

Kalorienaufnahme und-verbrauch im Blick | Quelle: Zanadio

Um eine anhaltende Gewichtsreduktion zu ermöglichen, setzt die App auf die Veränderung von Bewegungs-, Ernährungs- und Verhaltensgewohnheiten.

Zu diesem Zweck können Kalorienaufnahme und -verbrauch in der App erfasst und so veranschaulicht werden. Hierfür kommen optional auch Fitnesstracker und WLAN-Waagen zum Einsatz, die jedoch kein Bestandteil der Kassenleistung sind.  

In der sogenannten Akademie erhalten die Nutzenden relevantes Wissen (z. B. zu Ernährung und Bewegung), das dem jeweiligen Lebensstil angepasst wird. Mithilfe von multimedialen Lektionen werden zudem Verhaltenstipps und Hintergrundinformationen vermittelt. 

Durch spielerische Elemente, z. B. durch das Erwerben von Medaillen, soll die Motivation während des Therapiezeitraums aufrechterhalten werden. Bei Fragen oder Schwierigkeiten sowie für Feedback steht ein qualifizierter Support via Chat-Funktion zur Verfügung.

Signifikante Gewichtsreduktion durch Studie bestätigt

In einer klinischen Studie der Universität Leipzig konnte die medizinische Wirksamkeit der digitalen Adipositas-Behandlung belegt werden. Dabei erreichten die Teilnehmenden nach zwölfmonatiger Nutzung der App eine Reduzierung ihres Ausgangsgewichts um durchschnittlich knapp acht Prozent (7,75%). Die Körperfettverteilung (gemessen am Taille-Hüft-Verhältnis) änderte sich hingegen nicht.  

Als sekundäre Endpunkte wurden zudem Lebensqualität und Wohlbefinden erfasst: Beide verbesserten sich durch die Nutzung der App. Allerdings hielt der Effekt in Bezug auf die Lebensqualität nur kurz an, sodass nach zwölf Monaten Nutzung keine signifikante Verbesserung (mehr) festgestellt werden konnte.  

Für wen Zanadio nicht geeignet ist

Die App ist kontraindiziert bei:  

  • einem BMI von über 40 kg/m²,
  • sekundären Adipositasformen (Cushing-Syndrom, Prader-Willi-Syndrom, Hypogonadismus u. a.),
  • Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion), sofern nicht im Vorfeld medikamentös behandelt,
  • Unterfunktion und anderen Störungen der Hypophyse,
  • bariatrischer Operation (Magenverkleinerung, Magenband o. Ä.) in den letzten drei Jahren,
  • fehlender Bereitschaft zur Anpassung des Lebensstils,
  • körperlichen Einschränkungen, die eine mäßige physische Aktivität verhindern,
  • bestehender oder vermuteter Schwangerschaft.