Tecovirimat hilft bei Affenpocken
Affenpocken gelten mittlerweile als internationale gesundheitliche Notlage. Während bereits breit bekannt ist, dass vor allem Risikogruppen sich mit Imvanex dagegen impfen lassen können und sollten, gibt es seit Jahresbeginn auch ein Arzneimittel, das gegen Affenpocken zugelassen ist: Tecovirimat. Dieses könnte – ähnlich Paxlovid bei COVID-19 – noch wichtig werden. Immerhin sind mittlerweile auch Jugendliche mit dem Affenpocken-Virus infiziert und es wurde beispielsweise aus Spanien über erste Todesfälle berichtet.
Bislang ist der Wirkstoff in der Lauer-Taxe nur für die Niederlande gelistet. Denn das Virostatikum ist erst im Januar dieses Jahres als erstes Medikament gegen Pocken in der EU zugelassen worden, in den USA bereits 2018.
Für wen ist Tecovirimat also geeignet und wie sollten die Kapseln eingenommen werden?
„Tecovirimat ist für Erwachsene und Kinder (Körpergewicht mindestens 13 kg) zur Behandlung von Pocken, Affenpocken oder Kuhpocken zugelassen sowie zur Behandlung von Komplikationen im Zusammenhang mit der Replikation des Vaccinia-Virus nach einer Pocken-Lebendimpfung. Der antivirale Wirkstoff wurde in den USA im Hinblick auf mögliche bioterroristische Angriffe bzw. kriegerische Bedrohungen unter Regierungsbeteiligung entwickelt und ist dort bereits seit 2018 unter dem Warennamen Tpoxx® zugelassen. In Europa ist es unter dem Namen Tecovirimat Siga zugelassen. Siga steht dabei für die Firma Siga Technologies, die das Arzneimittel in Form von Kapseln (200 mg) produziert und vertreibt.
Die Kapseln sollen 14 Tage lang zweimal täglich (je 600 mg) mit einer Mahlzeit eingenommen werden. Die angepasste Dosis für Kinder beträgt in Abhängigkeit vom Körpergewicht 200 mg (< 25 kg) oder 400 mg (25 bis 40 kg). Anwendung von Tecovirimat während Schwangerschaft und Stillzeit wird nicht empfohlen.
Die Wirksamkeit des Arzneimittels wurde in Tierstudien nachgewiesen, die Sicherheit und Verträglichkeit an gesunden Menschen. Häufigste Nebenwirkungen waren Kopfschmerzen, Übelkeit und Bauchschmerzen. Tecovirimat hemmt die Aktivität des VP37-Proteins, einem peripheren Membranprotein, von Orthopoxviren und verhindert die Interaktion von VP37 mit zellulärer Rab9-GTPase und TIP47. Dadurch wird die Bildung einer Virushülle und Virusfreisetzung aus der Wirtszelle verhindert. So kann die Ausbreitung des Virus im Organismus von Zelle zu Zelle verhindert werden.“
Virostatikum in begrenzten Mengen verfügbar
Wie das Robert Koch-Institut (RKI) informiert, ist Tecovirimat in Deutschland bereits in begrenzter Menge verfügbar. Der „Ständige Arbeitskreis der Kompetenz- und Behandlungszentren für Krankheiten durch hochpathogene Erreger“ (STAKOB) hat Hinweise zur Therapie von Affenpocken veröffentlicht. Laut STIKO steht er für Beratungen zum klinischen Management und zur Therapie zur Verfügung. Eine Kontaktaufnahme werde insbesondere bei hoher Wahrscheinlichkeit für einen schweren Krankheitsverlauf angeraten, heißt es. Die Hinweise zur Therapie wurden am 29. Juli veröffentlicht.
Tecovirimat: Hinweise zur Therapie
Darin heißt es, dass die Indikation für Tecovirimat streng gestellt werden sollte, da es Hinweise auf eine mögliche rasche Resistenzentwicklung gibt. Das Präparat sollte also primär Personen mit der Gefahr eines schweren Krankheitsverlaufs angeboten werden. „Zur Wirksamkeit in Bezug z. B. auf Narbenbildung oder Symptomdauer gibt es bisher keine Daten, weitere Untersuchungen im Rahmen von Studien sind wünschenswert“, ist dort außerdem zu lesen.
Bei Kontraindikationen für Tecovirimat sowie schweren Verläufen könne zudem die Anwendung humaner Vaccinia-Immunglobuline erwogen werden. Vaccinia Immunglobulin (VIGIV, Emergent Biosolution) sei zur Behandlung von Komplikationen der klassischen Pockenimpfung zugelassen. Daten zur Behandlung oder Prophylaxe von Affenpocken sollen jedoch nicht vorliegen. Bei Patienten mit schweren T-Zell-Defekten, bei denen eine Impfung kontraindiziert ist, empfehle jedoch die US-amerikanische CDC, dass eine Behandlung und auch eine prophylaktische Gabe mit dem Vaccinia Immunglobulin erwogen wird.
Brincidofovir als Alternative zu Tecovirimat
Als weitere Substanz, heißt es in den Empfehlungen der STAKOB, hat Brincidofovir, ein Lipidkonjugat von Cidofovir, in den USA eine Zulassung für die Therapie der Pocken. Auch hier sollen zum Einsatz bei Affenpocken keine Daten vorliegen. „Aufgrund der erhöhten Toxizität (insbesondere Hepatotoxizität) sollte die Indikation streng gestellt werden, z. B. bei schweren Verläufen und fehlender Verfügbarkeit von Tecovirimat“, heißt es. Brincidofovir sei in Deutschland derzeit nicht frei verfügbar.
Aktuell ist Tecovirimat für die Therapie einer Affenpocken-Infektion in Deutschland in begrenzter Menge verfügbar. Sollte es aktuell zu einer Affenpocken-Erkrankung mit hoher Wahrscheinlichkeit für einen schweren Krankheitsverlauf kommen, wird dringend geraten, mit dem regional zuständigen STAKOB-Behandlungszentrum (www.rki.de/stakob) Kontakt zur Beratung bezüglich einer möglichen Gabe von Tecovirimat aufzunehmen.“
Empfehlung aus der Apotheke: Zink-Schüttelmixtur
Damit sind Apotheken vor Ort nicht gerade die erste Anlaufstelle, wenn es um die Prävention und Behandlung von Affenpocken geht. Sollten Patienten in der Apotheke dennoch fragen, was sie präventiv für eine eventuelle Erkrankung besorgen könnten, so kann die Apotheke laut STAKOB zumindest die topische Anwendung von Zink-Schüttelmixturen empfehlen – zur symptomatischen Linderung der Hautläsionen. Quelle: daz.online / dm