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UKL-Mediziner fordern Erstellung von Hitzeaktionsplänen: Klimawandel: Mit welchen Gesundheits­­folgen ist zu rechnen?

Wassersprenkler oder Wassersprühfahrzeuge könnten ein Bestandteil von kommunalen Hitzeschutzkonzepten sein. Diese sollten aus Expertensicht auich in Deutschland dringend erstellt werden.| Bild: IMAGO / NurPhoto

Der Klimawandel beeinflusst nicht nur die Umwelt. Die Veränderungen des Klimas haben auch ganz handfeste Auswirkungen auf die Gesundheit von uns allen. Damit kommen auch Herausforderungen auf das Gesundheitswesen zu – und das nicht nur im Hinblick auf alte und chronisch kranke Menschen.

Schwangerschaft: erhöhte Gefahr von Frühgeburten

Mediziner am Universitätsklinikum Leipzig haben hinsichtlich der Klimafolgen unter anderem Schwangere im Blick. So steige während Hitzewellen das Risiko für eine Frühgeburt um 15 Prozent, sagen die Kinderärzte am Leipziger Klinikum. Die Gefahr, dass das Kind mit einem niedrigeren Geburtsgewicht auf die Welt kommt, erhöhe sich sogar um ein Drittel.

Durch Hitze kommt es auch zu einer höheren Feinstaubbelastung. Und die wirkt sich laut den Medizinern ebenfalls auf Schwangerschaften aus. So führe sie zu mehr Früh- und Totgeburten. Schwangere stellen daher im Hinblick auf die Klimawandelfolgen eine besonders gefährdete Gruppe dar.

Belastung für das Herz-Kreislauf-System

Temperaturextreme belasten stark das Herz-Kreislauf-System. So ereignen sich zum Beispiel deutlich mehr Herzinfarkte, wenn die Temperatur über 30 Grad Celsius ansteigt. Insbesondere alte Menschen und Herzpatienten sind daher gefährdet. Normalerweise passt sich die Thermoregulation des Menschen über die Haut, die Schweißproduktion und den Kreislauf an veränderte Bedingungen an. Doch bei Älteren oder Gefäßerkrankten reduziert sich dieser Effekt. Bei vielen Patienten ist auch die Nierenfunktion bereits eingeschränkt. Hitze kann diese noch weiter verschlechtern.

Infektionskrankheiten im Aufwind

Experten weisen auf weitere Klima-bedingte Gesundheitsbedrohungen hin. So kann es leichter zu Lebensmittelinfektionen kommen, was weitere Anforderungen an die Hygiene stellt. Auch andere Infektionskrankheiten könnten sich ausbreiten. Wärmeliebende Stechmücken wie die Asiatische Tigermücke finden hierzulande zunehmend bessere Lebensbedingungen. In ihrer tropischen Heimat sind sie als Überträger von zum Beispiel Dengue-, Zika- und Chikungunya-Fieber bekannt. 

Es wird außerdem befürchtet, dass irgendwann die Malaria in Deutschland wieder heimisch werden könnte. Denn zunehmende Wärme beschleunigt die Entwicklung der Malaria-verursachenden Plasmodien in den übertragenden Anopheles-Mücken. Dadurch könnte es hierzulande wieder zu einem funktionierenden Infektionszyklus kommen. 

Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie warnen Fachleute außerdem, dass ein verändertes Klima die Übertragung von Krankheiten vom Tier auf den Menschen (Zoonosen) begünstige und Epidemien fördere.

Auch Zecken profitieren

Auch tropische Zecken (Hyalomma-Arten) findet man seit einigen Jahren in Deutschland. Sie sind potentielle Krankheitsüberträger – zum Beispiel des Zecken-Fleckfiebers. Doch auch die Saison für unseren heimischen Holzbock (Ixodes ricinus) verlängert sich durch steigende Temperaturen. So nimmt die Gefahr von Zecken-übertragenen Krankheiten wie Frühsommer-Meningoenzephalitis und Borreliose zu. Schutzmaßnahmen, unter anderem durch Repellentien, werden also immer bedeutsamer.  

Belastung für Haut und Lunge

Da es infolge des Klimawandels immer mehr Sonnenscheinstunden in Deutschland gibt, nimmt auch die UV-Belastung zu. Vor allem beim Hautkrebs könnte das zu steigenden Fallzahlen führen. Umso wichtiger werden daher wirksame Sonnenschutzmittel.

Pollenallergikern dürfte der Klimawandel ebenfalls zu schaffen machen. Denn die Pollensaison wird sich durch früheren Beginn und späteres Ende verlängern. Zusätzlich können einige zugewanderte Pflanzen, die sich hier ausbreiten, die Lage verschärfen. Dazu gehören zum Beispiel die Beifußambrosie und der Götterbaum. Aktuelle Pollenflugvorhersagen und entsprechende Allergieschutzmaßnahmen gewinnen daher an Bedeutung.

Jetzt Vorbereitungen treffen!

Die Forderungen werden lauter, dass wir in Deutschland rechtzeitig gesundheitliche Schutzmaßnahmen gegen die Klimaauswirkungen ergreifen. Mediziner am Universitätsklinikum Leipzig fordern beispielsweise einen Hitzeaktionsplan für die Kommunen. Sie engagieren sich bei „Health for Future“ (https://healthforfuture.de/) – einem Netzwerk von verschiedensten im Gesundheitswesen Tätigen, die Klimaschutz auch als Gesundheitsschutz sehen.

Ein kommunales Hitzeschutzkonzept könnte zum Beispiel Baumpflanzungen und Verschattungsmaßnahmen umfassen. Durch den Einsatz von Wassersprühfahrzeugen ließen sich Staub und Hitze auf den Straßen verringern. In Schulen, Kitas, Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sollten ebenfalls Maßnahmen getroffen werden. In einigen Städten, wie jetzt in Leipzig, wurde die Umsetzung eines Hitzeaktionsplans schon beschlossen. Quellen: Universitätsmedizin Leipzig; Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e.V. (DGIM); Deutsche Herzstiftung e.V.; Friedrich-Loeffler-Institut; Universität Hohenheim; Deutscher Allergie- und Asthmabund e.V. (DAAB); Bundesamt für Strahlenschutz (BfS)