Arzneimittelentwicklung ohne Tierversuche: USA erlässt neue Richtlinie
In einer Pressemitteilung wurde bekannt gegeben, dass die große Mehrheit des Repräsentantenhauses der USA einer Modernisierungs-Richtlinie der Food and Drug Administration (FDA) zugestimmt hat. Diese Richtlinie ist Teil einer großen Reform, welche auch die Bereiche Bildung, Arbeit und andere Gesundheitsthemen umfasst. Damit ist der Weg frei für tierversuchsfreie Testmethoden für den Nachweis von Sicherheit und Wirksamkeit von Arzneimitteln.
Anerkannt werden zum Beispiel Zell-basierte Testungen, Mini-Organe oder moderne Computermodelle. Diese Methoden werden bereits heute angewendet, bis jetzt musste aber immer ein Tierversuch folgen, damit eine klinische Studie am Menschen starten durfte. Zum Teil unnötigerweise, da die neuen alternativen Testmethoden bereits so fortschrittlich sind, dass ein Tierversuch nicht immer zur weiteren Kontrolle ergänzt werden muss.
Ohne Tierversuche: Europa hat Aufholbedarf
In den USA ist der Weg jetzt frei für eine komplett neue Medikamentenentwicklung, ganz ohne Tierversuche. Damit ist das Land ein absoluter Vorreiter. In der Europäischen Union sind wir davon noch weit entfernt, obwohl der Standard der alternativen Testmethoden denen der USA in nichts nachsteht. Dennoch werden weiterhin Tierversuche verlangt, um in die klinische Testphase am Menschen überzugehen.
Diese Versuche führen laut Experten dazu, dass Zulassungsverfahren sehr in die Länge gezogen werden. Außerdem gibt es auch heute eine hohe Quote an gescheiterten Zulassungen, was nicht für das Alleinstellungsmerkmal der Tierversuche spricht. Sicherheit und Effektivität müssen nicht davon abhängen und können auch teilweise durch andere Versuchsmodelle ersetzt werden.
Tierversuche haben lange Tradition
Bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts werden Tierversuche für klinische Testzwecke angewendet. Die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den Menschen ist häufig nicht möglich: Der Großteil der positiv getesteten Medikamente an Tieren versagt am Menschen, entweder wegen Nichtwirksamkeit oder Nebenwirkungen. Ein sehr bekanntes Negativ-Beispiel ist das Mittel Contergan, welches an Tieren hervorragend wirkte und bei Frauen in der Schwangerschaft zu schwerwiegenden Fehlbildungen des ungeborenen Kindes führte.
Viele Forschungen laufen deshalb mit alternativen Methoden, da diese teilweise sicherer und in vielen Bereichen aussagekräftiger sind. Kommt es zu keiner Gesetzesänderung, werden weiterhin jährlich viele Millionen Tiere für die Forschung gezüchtet und getötet, obwohl das in diesem Umfang nicht immer notwendig wäre.
Bürgerinitiative gegen Tierversuche
Das Urteil in den USA führt dazu, dass das Thema in Europa wieder präsenter wird. Der Ärzteverein der EU hat eine Online-Petition veröffentlicht, in der für die erweiterten Testmethoden zur Arzneimittelherstellung gestimmt werden kann, um die Tierversuche langfristig zu ersetzen. Jeder Bürger kann unter www.europa-ohne-tierversuche.de seine Stimme für diese Änderung abgeben. Mit der Petition wollen die Mitglieder eine rasche Änderung der Gesetzeslage vorantreiben.
Für die Zukunft bleibt zu hoffen, dass auch die Europäische Union dem amerikanischen Vorbild folgt und andere, moderne Methoden für Sicherheits- und Wirksamkeitsbelege in der Arzneimittelforschung zulässt. Literatur:
https://www.aerzte-gegen-tierversuche.de/de/news/aktuelle-news/3565-usa-ebnet-weg-fuer-tierversuchsfreie-medikamentenentwicklung
https://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20210910IPR11926/eu-aktionsplan-zur-abschaffung-von-tierversuchen-in-der-forschung-gefordert
https://www.aerzteblatt.de/archiv/78189/Tierversuche-in-der-medizinischen-Forschung-Druck-von-allen-Seiten