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Verlängert eine gesunde Ernährung die Lebensdauer?

verschiedene Lebensmittel liegen auf einem Tisch
US-Alternsforscher raten: Öfter fasten und die tägliche Energiezufuhr begrenzen, um Krankheitsrisiken zu verringern und die Lebenserwartung zu steigern. | Bild: aamulya / AdobeStock

Die Suche nach Quellen ewiger Jugend und langem Leben begleitet die Menschheit seit Jahrhunderten. Zumindest für Langlebigkeit glauben Wissenschaftler einen sehr starken Faktor gefunden zu haben: die richtige Ernährung.

Sie lässt sich im Gegensatz zu Genen oder bestimmten Lebensumständen beeinflussen. Dabei geht es zunehmend nicht nur darum, was in welcher Menge und Qualität auf den Teller kommt, sondern auch um das Wann.

Energiezufuhr begrenzen für ein höheres Lebensalter

In einer Übersichtsarbeit im Fachblatt „Cell“ fassen die US-Alternsforscher Valter Longo und Rozalyn Anderson den Kenntnisstand zusammen. Freunde von Kalorienbomben wie Menüs aus Burger, Pommes und Limo oder Seelentröstern wie weißer Schokolade müssen jetzt stark sein: Das Duo spricht davon, dass man besser die Energiezufuhr begrenzen und öfter mal fasten sollte, um Krankheitsrisiken zu minimieren und die Lebenserwartung zu steigern.

Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte, Gemüse und Co.

Die Kernmerkmale einer wohl optimalen Ernährungsform umreißen sie – erst einmal recht technisch – so: mittlere bis hohe Aufnahme von Kohlenhydraten (45 bis 60 Prozent) aus hochwertigen Quellen; wenig, aber ausreichend Eiweiß aus meist pflanzlichen Quellen; 25 bis 35 Prozent hauptsächlich pflanzenbasiertes Fett.

Für den Alltag in der Küche übersetzt heißt das: „Viele Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte und Gemüse; etwas Fisch; kein rotes oder verarbeitetes Fleisch und sehr wenig weißes Fleisch; wenig Zucker und raffiniertes Getreide; gute Mengen an Nüssen und Olivenöl und etwas dunkle Schokolade“, sagt Longo. 

Optimal sei es, nur innerhalb eines täglichen Zeitfensters von elf bis zwölf Stunden zu essen und mehrere Fastenphasen im Jahr einzulegen.

Ernährung an Alter, Geschlecht & Gesundheitszustand anpassen

Longo und Anderson unterstreichen in ihrer Arbeit, dass eine Anti-Aging-Ernährung an den einzelnen Menschen angepasst sein sollte. Die eine Lösung, die für einen fitten 20-Jährigen genauso geeignet ist wie für einen 60-Jährigen mit Stoffwechselerkrankung, gibt es nicht. 

Geschlecht, Alter, Lebensstil, Gesundheitszustand und Gene müssten berücksichtigt werden, schreiben sie. So könnten Menschen über 65 etwa zusätzliches Eiweiß brauchen, heißt es.

Für Kristina Norman, Alternsforscherin am Deutschen Institut für Ernährungsforschung, sind solche Anpassungen ein ganz wichtiger Punkt: „Im Alter ist es oft schwierig, genug Protein aufzunehmen. Zu wenig davon kann zu Muskelabbau und in der Folge zu erhöhter Sturz- und Bruchgefahr führen. Dann also doch etwas mehr Fleisch zu essen als generell empfohlen, kann ratsam sein.“

Wissenschaftliche Erkenntnisse zu gesunder Ernährung

„Eine Studie, in der eine Gruppe die von Longo empfohlene Diät zugewiesen bekommt und in der die Lebensdauer am Ende mit einer Kontrollgruppe verglichen wird, wäre sehr schwer umzusetzen. Deshalb nähern sich die Autoren, indem sie unterschiedliche Evidenz zusammenfassen“, sagte Norman. Sie hält die Thesen Longos und Andersons für überzeugend belegt.

Es gebe viele Parallelen zu bekannten Empfehlungen, etwa denen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung und auch zu einem Speiseplan, den Wissenschaftler vor einiger Zeit für eine gesunde und gleichzeitig umweltgerechte Ernährung vorgeschlagen haben. „Anders als oft angenommen, ändern sich Empfehlungen zu gesunder Ernährung nicht alle paar Jahre. Übergeordnet sind sie sehr stabil“, sagte Norman.

Menge und Qualität der Nahrung sind ausschlaggebend

Für Bernhard Watzl, den ehemaligen Leiter des Instituts für Physiologie und Biochemie der Ernährung am Max Rubner-Institut, zeigt die Übersichtsarbeit vor allem, dass Menge und Qualität der Ernährung entscheidend für ein langes Leben seien. „Es gilt, eher zu wenig Energie aufzunehmen als zu viel.“ Zu den dahinterliegenden Mechanismen im Körper erklärt er: „Je mehr ein System gefordert ist, desto mehr verschleißt es.“ Wichtig sei vielmehr, den Körper auf niedrigem Niveau zu fordern.

Beim Thema Fasten ist Watzl allerdings weniger überzeugt von der bisherigen Datenlage als Longo: „Fasten ist nur etwas für die Menschen, die es nicht schaffen, ihre Energieaufnahme zu begrenzen“, sagte er. Dann könne der zeitweise Verzicht auf Nahrung etwa helfen, bestimmte Rezeptoren im Körper wieder zu sensibilisieren.

Dauerhafte Umstellung der Ernährung empfohlen

Generell sei es im Lauf eines Lebens nie zu spät für gesunde Ernährung, betont Watzl. Bei manchen Erkrankungen, die über Jahrzehnte hinweg im Körper entstehen, gelte aber: je früher, desto besser. Laut einer Studie ließe sich selbst bei 60- oder 80-Jährigen die Lebenserwartung noch um mehrere Jahre steigern, so Longo. In der Studie hieß es, die größten Vorteile würden durch mehr Hülsenfrüchte, Vollkorngetreide und Nüsse erzielt und durch weniger rotes und verarbeitetes Fleisch.

Bei der Qualität der Nahrung sieht Watzl so manche Gewohnheiten hierzulande als positiv an: etwa Vollkornbrot oder Müsli zu essen. „Auf das Brot kommen aber schnell zu viel Käse oder Wurst. Oder es wird helles Brot gegessen.“ Kritisch sieht Watzl zudem stark verarbeitete Lebensmittel – wegen der Zusatzstoffe, aber auch wegen der schnellen Nährstoffverfügbarkeit. Das überfordere den Stoffwechsel.

Generell raten Longo und Anderson zu kleinen Veränderungen der Ernährung und raten von radikaler Umstellung ab. Viele dürften das Problem von Diätversuchen kennen: Ist der Plan zu restriktiv, lässt er sich nicht auf Dauer durchhalten. Ein Jojo-Effekt ist die Folge. Quelle: dpa / vs