Ketogene Ernährung oder Intervallfasten bei Krebs: Verlangsamen Diäten oder Fasten das Tumorwachstum?
Bei einer ketogenen Kost werden überwiegend Fette verzehrt, bei einem weitgehenden Verzicht auf jegliche Kohlenhydrate. Der Grundgedanke dahinter ist, der Krebszelle die für sie lebensnotwendige Glucose zu entziehen. Glucose dient der Krebszelle nicht nur als Energielieferant, sondern stößt über eine verstärkte Insulinausschüttung Wachstumsprozesse im Tumor an.
Laborversuche vs. Realität
Zwar ist es möglich, in Laborversuchen, also im Reagenzglas, Krebszellen durch Entzug von Glucose in ihrer Entwicklung zu hemmen. Doch dieser Befund lässt sich nicht auf den lebenden Organismus übertragen.
Denn der Körper baut sich die Glucose aus anderen Nahrungsbestandteilen bzw. eigenen Reservebeständen selbst – schließlich sind alle gesunden Muskel- und Nervenzellen für ihre Funktionsfähigkeit auf Glucose angewiesen. Ohne Glucose könnten wir nicht atmen, nicht denken und uns nicht bewegen.
Hungerzustand lässt Krebszellen im Tierversuch schrumpfen
Wenn Krebszellen durch eine ketogene Diät tatsächlich schrumpfen, wie es im Tierversuch beobachtet wird, so liegt das nicht am Weglassen der Kohlenhydrate. Es passiert nur dann, wenn die Ernährung insgesamt so kalorienarm ist, dass der Körper in einen Hungerzustand versetzt wird, was sich mit jeder kalorienarmen Reduktionsdiät erreichen lässt.
Für Krebspatienten wichtig: Muskelmasse erhalten
Doch nach Ansicht von Experten sollten die ohnehin in Appetit und Leistungsfähigkeit eingeschränkten Tumorpatienten nicht noch durch Hungern belastet werden. Zumal der Verzicht auf Nahrung eher zum Abbau von Muskelmasse als von Fettgewebe führen würde.
Der Erhalt von ausreichend viel Muskelmasse wird jedoch für die Wirkung der Chemotherapie als wichtig erachtet und ist entscheidend für die Prognose der Erkrankung. Mediziner empfehlen daher dringend, dass adipöse Patienten ihr Übergewicht erst nach abgeschlossener Tumorbehandlung reduzieren sollten, und zwar mithilfe eines ausgewogenen Konzepts, das neben gesunder Ernährung auch Bewegung und damit Muskelaufbau mit einschließt.
Nützt Intervallfasten bei Krebs?
Doch wie sieht es beim Intervallfasten aus, das derzeit auch bei Gesunden sehr beliebt ist und sich günstig auf Wohlbefinden und Körpergewicht auswirken soll? Beim Intervallfasten werden die Mahlzeiten innerhalb eines Zeitraums von acht Stunden verzehrt, in der restlichen Zeit des Tages ist Essen tabu.
Auch wenn es positive Rückmeldungen für diese Form der Ernährung gibt, wird sie aufgrund einer zu dünnen Datenlage für Krebspatienten zurzeit offiziell nicht empfohlen. In Tierexperimenten konnte jedoch gezeigt werden, dass längere Fastenperioden bei einigen Krebsformen das Wachstum erfolgreich verhindern können und eine Tumortherapie weniger Nebenwirkungen zeigt.
Krebszellen vermehren sich auch im Hungermodus
Erklären lässt sich das so: Gesunde Zellen arbeiten im Hungerzustand des Körpers in einer Art Energiesparmodus. Sie teilen sich langsamer und werden daher von der Chemotherapie weniger geschädigt. Krebstherapeutika greifen bevorzugt die Zellen an, die sich schnell teilen. Wie zum Beispiel die Tumorzellen, die sich vom Fasten nicht beeindrucken lassen und sich im Hungerzustand weiter schnell vermehren. Diese Eigenschaft macht sie wiederum besonders empfindlich für die Chemotherapie – ein sehr erwünschter Effekt.
Keine generelle Empfehlung für Fastentage vor Chemotherapie
Die aus Tierversuchen gewonnenen Erkenntnisse führten zu der Überlegung, ob es für Krebspatienten sinnvoll sei, zwei bis drei Tage vor der Chemotherapie zu fasten. Leider gibt es bisher keine überzeugenden Daten, die zu einer generellen Empfehlung von Fastentagen führen.
Weder hat sich bei den entsprechenden Patienten ein Überlebensvorteil gezeigt, noch lässt sich derzeit eine bessere Verträglichkeit der Chemotherapie beweisen. Mediziner sind sich aber einig, dass es weiterhin großen Forschungsbedarf über die Zusammenhänge von Ernährung und erfolgreicher Tumortherapie gibt.
Krebspatienten, die Fastentage vor oder während einer Krebstherapie auf eigenen Wunsch ausprobieren wollen, sollten sich dabei auf jeden Fall ärztlich begleiten lassen, am besten von einem erfahrenen Ernährungsmediziner.
Nahrungsergänzung: bei Mäusen wirksam
In Tierversuchen gibt es auch interessante Ansätze, wie bestimmte Nahrungsergänzungsmittel die Krebsbehandlung optimieren. So konnte bei Mäusen der Zucker Mannose das Wachstum von Bauchspeicheldrüsenkrebszellen unterbinden.
Die Aminosäure Histidin verbesserte die Wirksamkeit einer Chemotherapie mit Methotrexat. Und auch der Einsatz der Aminosäuren Methionin und Serin wirkte als Tumorbremse – alles konnte jedoch beim Menschen bisher nicht bestätigt werden.
Gesunder Lebensstil ist immer empfehlenswert
Was jedoch für den (nicht an Krebs erkrankten) Menschen belegt und weiterhin sehr empfehlenswert ist: Ein gesunder Lebensstil mit viel Bewegung und einer Ernährung, deren Schwerpunkt auf Gemüse, komplexen Kohlenhydraten, wenig Fleisch und verarbeiteten Fleischprodukten, einer angemessenen Menge an Milchprodukten und guten pflanzlichen Ölen liegt, beugt vielen Krebsarten wirksam vor.
Zu vermeiden ist auch das Snacken von Süßigkeiten, weil diese im Laufe des Tages immer wieder den Blutzuckerspiegel hochtreiben und für Insulinausschüttungen sorgen. Menschen mit hohen Insulinspiegeln im Blut, wie beim Typ-2-Diabetes, haben nachweislich ein erhöhtes Risiko für Brust-, Darm-, Harnblasen- und Bauchspeicheldrüsenkrebs. Quelle:
https://www.spektrum.de/news/ernaehrung-bei-krebs-der-zucker-darf-bleiben/1963054