Lieferengpass entspannt sich: Erste Tamoxifen-Importe sind zugelassen
Mitte Februar hatte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) offiziell den Versorgungsmangel nach § 79 Abs. 5 Arzneimittelgesetz (AMG) für Tamoxifen erklärt. Somit ist es nun möglich, Tamoxifen aus dem Ausland zu importieren.
Normalerweise ist der Import von in Deutschland nicht zugelassenen Arzneimitteln nur im Einzelfall unter bestimmten Bedingungen erlaubt, die §73 Abs. 3 AMG vorgibt. Eine davon ist, dass kein vergleichbares Präparat zugelassen ist, was bei Tamoxifen nicht der Fall ist.
Zur Erinnerung: Wann wird Tamoxifen eingesetzt?
Tamoxifen ist ein sogenannter Selektiver-Estrogen-Rezeptor-Modulator (SERM) und wird in der Therapie von Brustkrebs (Mammakarzinom) eingesetzt. So hemmt Tamoxifen im Brustgewebe die Wirkung von Östrogen (antagonistische Wirkung), während es in der Gebärmutter, den Knochen oder im Lipidstoffwechsel agonistisch wirkt.
Tamoxifen wirkt gezielt an den Andockstellen weiblicher Geschlechtshormone und kann so das Wachstum hormonabhängiger Tumoren hemmen. Im Vergleich zu anderen Wirkstoffen zur Krebsbehandlung hat Tamoxifen ein übersichtliches Nebenwirkungspotenzial.
Neben der Therapie hormonabhängiger Tumoren, kann Tamoxifen auch unterstützend nach einer Primärbehandlung von Mammakarzinomen eingesetzt werden oder aber bei Brustkrebs, der bereits Tochtergeschwülste (Metastasen) gebildet hat.
Import von mehr als 5 Millionen Tamoxifen-Tabletten
Nun ist der Import aber möglich. Wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vergangene Woche mitteilte, wurde der Import von mehr als fünf Millionen 20-Milligramm-Tabletten zugelassen. „Diese sind bereits im Markt angekommen beziehungsweise werden bis zum 15. März 2022 in den Verkehr gebracht.“ Bis dahin sollen sie auch in der Lauer-Taxe gelistet sein. Spätestens im Mai sollen weitere 20 Millionen 20-Milligramm-Tabletten folgen.
„Mit den aktuell zur Verfügung stehenden Arzneimitteln kann die Versorgung aller Patientinnen und Patienten sichergestellt werden“, teilte das BfArM mit – sofern die Ärzte dem Vorschlag des Beirats für Liefer- und Versorgungsengpässe folgen und statt der üblichen 100-Tabletten-Packung kleinere Packungsgrößen verordnen. dpa / vs
Wie gehen Apotheken mit den Importen um?
Übernehmen die Kassen die Kosten für importierte Arzneimittel, bedarf dies üblicherweise einer Genehmigung vorab. Allerdings zielt diese Regelung vor allem auf den sogenannten Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG ab. Und darin liegt tatsächlich auch der Unterschied.
Wie ein Sprecher des GKV-Spitzenverbandes auf Nachfrage erklärt, müsse grundsätzlich zwischen zwei verschiedenen Arten von Importen unterschieden werden:
- Der vom BMG beschafften Importware mit PZN und
- den Einzelimporten durch die Apotheken.
„Für Erstere gibt es keine Genehmigung. Für Einzelimporte durch die Apotheken gelten die Regelungen der regionalen Lieferverträge. Auf Grundlage dieser Lieferverträge müssen die Krankenkassen die betreffenden Fälle individuell betrachten“, so der Sprecher.
Mit PZN bedarf es keiner Genehmigung
Das heißt also, alles was eine PZN hat, kann wie üblich abgegeben werden. Wenn Rabattverträge bestehen und der entsprechende Rabattartikel nicht lieferbar ist und auch kein anderes Präparat ohne Mehrkosten, übernehmen die Kassen laut Rahmenvertrag auch eventuelle Mehrkosten für die Importe.
Beschaffungskosten dürften im Regelfall nicht anfallen, da die Ware über den pharmazeutischen Großhandel verteilt wird.
Bislang keine Erleichterung bei Einzelimporten
Sollten doch Einzelimporte notwendig sein, gibt es bislang keine Erleichterungen. Ob hier einheitliche Regelungen geschaffen werden oder die Genehmigungspflicht ausgesetzt wird, wie es vom GKV-Spitzenverband empfohlen wurde, ist derzeit noch unklar. „Wir stehen gegenwärtig in einem engen Austausch sowohl mit den Hauptverwaltungen unserer Kassen und dem GKV-SV“, erklärte eine Sprecherin des Verbands der Ersatzkassen (vdek).
Gemeinsames Ziel in dieser Sondersituation sei es, im Sinne einer möglichst reibungslosen (Weiter-)Versorgung der Versicherten eine enge Abstimmung der Ersatzkassen und darüber hinaus (auch im Kontext mit den anderen Kassenverbänden) ein möglichst gleichgelagertes Handeln zu erreichen. „Mit kurz- und längerfristigen Maßnahmen soll zum einen die Versorgung der betroffenen Versicherten sichergestellt werden als auch Sicherheit in Bezug auf die Erstattung bei unseren Vertragspartnern geschaffen werden“, so die Sprecherin weiter.
„Wir bitten um Verständnis dafür, dass derzeit der Prozess, welche Einzelmaßnahmen z. B. verabredet werden und wie sich ein unbürokratischer Umgang konkret für die Zeit des festgestellten Versorgungsmangels gestalten wird, in vollem Gange und derzeit noch nicht abgeschlossen ist. Sie können jedoch versichert sein, dass die Ersatzkassen den weiteren Versorgungsprozess im Sinne der Betroffenen nach ihren Möglichkeiten aktiv unterstützen und partnerschaftlich interagieren werden.“