AMK-Meldung zu Metoprololsuccinat AL 95 mg: Unangenehm riechendes Metoprolol – woran liegt's?
Der Betablocker Metoprololsuccinat AL 95 mg ist unter anderem zugelassen zur Behandlung von Bluthochdruck, Angina pectoris, tachykarden Arrhythmien, zur Erhaltungstherapie nach Herzinfarkt sowie bei Herzinsuffizienz. Neuerdings erreichen die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) gehäuft Meldungen, dass das Arzneimittel unangenehm rieche, die Zahl der Meldungen sei seit Mai dieses Jahres „stark“ angestiegen, informiert die AMK. 17 Apotheken berichteten 18 Fälle unangenehmen Geruchs sowie teilweise über damit im Zusammenhang stehende Nebenwirkungen. In 17 Fällen betraf die Meldung die Stärke 95 mg. Seit Juni sei die Zahl der Meldungen nochmals deutlich gestiegen, und es sind laut AMK bis Ende August weitere 36 Meldungen dazugekommen. Zum Vergleich: Zwischen 2013 und 2020 gab es nur eine einzige Meldung. Berichtet wurden neben dem auffälligen Geruch auch Übelkeit, Schwindel, eigenmächtiges Absetzen sowie erhöhter Blutdruck.
Ranzig, knoblauchartig und unangenehm
Beschrieben wurde der Geruch der Tabletten mit „chemisch, ranzig, cannabis- oder knoblauchartig“ sowie unspezifisch „unangenehm“. Zudem sei der Geruch auch immer direkt nach Ausblistern der Tablette aufgetreten.
Liegt es am Arzneimittel oder am Empfinden der Patienten?
Die AMK betont, dass Geruch „subjektiv“ wahrgenommen und durch das Alter, Erfahrungswerte und die genetische Veranlagung beeinflusst werde. Zudem können sich auch Arzneimittel auf den Geschmacks- und Geruchssinn auswirken – man kennt das von Biguaniden, wie Metformin, und einigen Antibiotika, zum Beispiel Clarithromycin. Allerdings fällt im Falle der Metoprololsuccinat AL 95 mg Retardtabletten auf, dass die Patienten erst seit kurzem über das Problem berichten, auch wenn sie den Betablocker zuvor bereits eingenommen hatten. Die AMK erklärt zudem, dass ein „unangenehmer Geruch oder Geschmack“ nicht „zwingend auf einen Qualitätsmangel eines Arzneimittels hinweisen“ müsse, auch wenn den Patienten der veränderte Geruch/Geschmack im Vergleich zu früheren Chargen auffiel. Sie geht jedoch von einem „herstellerseitigen Problem“ aus und hält dies als Ursache für wahrscheinlich. Die AMK begründet diese Einschätzung damit, dass nach Herstellerwechsel kein unangenehmer Geruch mehr berichtet wurde.
ZL bestätigt „wahrnehmbaren Geruch“
Auch das ZL (Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker e. V) hat sich dieses Problems bereits angenommen und Muster von drei Chargen Metoprololsuccinat AL untersucht. Insgesamt betraf der unangenehme Geruch den Meldungen zufolge neun Chargen. Das ZL bestätigt die Beobachtungen, die die AMK aus Apotheken erhielt, man habe „in allen Fällen auch nach 15 Minuten einen deutlich wahrnehmbaren Geruch der Retardtabletten im Vergleich zum entleerten Aluminium/Aluminium-Blister“ festgestellt, schreibt die AMK.
Geruch des Kunststoffanteils der Folie von Tablette angenommen
Interessant ist, dass jedoch in der Bulkware beim Hersteller dieses Geruchsphänomen nicht aufgetreten zu sein scheint – liegt es also am Blister? Davon geht zumindest die AMK derzeit aus. Sie erklärt: „Als mögliche Ursache wird die Kunststoff-Aluminium-Formfolie für die Verblisterung genannt, da diese bei allen betroffenen Chargen des Fertigarzneimittels identisch ist.“ Auch habe ein sensorischer Test des Folienherstellers ergeben, dass der Geruch vom Kunststoffanteil der Folie ausgeht. Nun vermutet die AMK, dass die aus der Folie freigesetzten Geruchsmoleküle von einem Bestandteil der Retardtabletten – der mikrokristallinen Cellulose – angenommen werden, was erklären könnte, dass die Tablette auch nach dem Ausblistern komisch riecht.
Patienten sollen Tabletten nicht eigenmächtig absetzen
Die AMK weist darauf hin, dass Patienten, die einen unangenehmen Geruch bei Metoprololsuccinat AL 95 mg beobachten, ihren Betablocker nicht ohne ärztliche Rücksprache einfach absetzen sollen. Sie bitte das Apothekenpersonal Patienten, die einen unangenehmen Geruch beschreiben, angemessen zu beraten.
Tablette lüften
Patienten können versuchen, die Tablette nach dem Ausblistern zu „lüften“ und sie zum Essen einzunehmen. Die AMK betont jedoch, dass im Falle einer zu befürchtenden mangelnden Einnahmetreue (Adhärenz) ein Herstellerwechsel erwogen werden solle. In diesen Fällen können Apotheker und PTA dies durch pharmazeutische Bedenken geltend machen und dies auf dem Rezept mit „Geruch/Non-Adhärenz“ vermerken.