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Wissenschaftlerin in Berlin weckt Hoffnung: CAR-T-Zelltherapie bald zur Behandlung des Neuroblastoms?

Für viele junge Patienten ist eine CAR-T-Zelltherapie der letzte Ausweg – mit Erfolg. | Bild: Frantab / AdobeStock

CAR-T-Zellen: Errungenschaft gegen Krebs

Was 2012 in Philadelphia für Furore sorgte und für die kleine Emily Whitehead die letzte Rettung war, ist weiterhin großer Hoffnungsträger für die zukünftige Behandlung akuter Leukämien. Die Rede ist von CAR-T-Zellen, genauer gesagt patienteneigenen T-Zellen, welche außerhalb des Körpers mit chimären Antigenrezeptoren („chimeric antigen receptor“, CAR) bewaffnet werden. CARs fungieren zum einen als Navigationssystem, sodass die modifizierten T-Zellen Tumorzellen finden können. Gleichzeitig vermitteln CARs auch die T-Zelleigenschaft, bestimmte Zielzellen zerstören zu können.

Arbeitsgruppe an der Charité: In Zukunft nicht nur gegen Leukämien

PD Dr. med. Annette Künkele ist die Arbeitsgruppenleiterin und möchte noch mehr Kindern mit einer CAR-T-Zelltherapie Hoffnung auf Leben schenken. | Bild: Charité Berlin

Zugelassen wurde die Therapie in Amerika 2017 und in Europa 2018. Aktuell arbeitet das Forschungsteam an der Charité um PD Dr. med. Annette Künkele mit Hochdruck an der Weiterentwicklung. Nachdem Frau Dr. Künkele 2012 für ihre Forschung in die USA ging, packte sie die Faszination für zelluläre Immuntherapie: „Das Immunsystem zur Bekämpfung von Tumorzellen zu nutzen, ist im Prinzip nichts Neues. Das machen wir hier in der Stammzelltransplantation, was eigentlich die erste zelluläre Immuntherapie an sich ist, schon seit vielen Jahren. Bei einer Stammzelltransplantation geht man ebenfalls davon aus, dass das dann neue Immunsystem in der Lage ist, die eine oder andere noch vorhandene Krebszelle zu zerstören, weil es sie als ‚fremd‘ wahrnimmt. Diesen Ansatz mit den technischen Möglichkeiten, die man im 21. Jahrhundert hat, zu verfeinern und auf die Spitze zu treiben, fand ich sehr attraktiv. Für die CAR-T-Zelltherapie nimmt man also eine T-Zelle, welche die natürliche Aufgabe hat, eine infizierte, kranke Zelle zu zerstören, und versetzt sie in die Lage, Krebszellen zu erkennen und zu zerstören.“

Solide Tumore sind bisher therapieresistenter

CAR-T-Zelltherapie hat große Erfolge in der Behandlung von Leukämien erzielt, aber noch nicht in der Behandlung von soliden Tumoren, da diese sich besser vor Angriffen durch Immuntherapien schützen können. Das Ziel der Arbeitsgruppe in Berlin sei es, diese Verteidigungsmechanismen, die aktuell eine Heilung verhindern, aufzudecken und auszuschalten. Hierfür werden verschiedene CAR-Konstrukte und der Einfluss von Tumorzellen, ihrer Umgebung und der umgebenden Blutgefäße auf den Erfolg einer CAR-T-Zelltherapie untersucht. „Wir möchten besser verstehen, wie diese Faktoren es Tumorzellen ermöglichen, Immuntherapien zu entkommen. Das neu erlangte Wissen werden wir nutzen, effiziente Wege zu finden, diese Verteidigungsmechanismen des Tumors auszuhebeln“, erklärt Künkele.

Behandlung von Leukämien an der Charité

Über zwanzig Mal wurde diese Behandlungsmethode allein an der Berliner Charité angewandt. Für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit akuter lymphatischer B-Zell-Leukämie (ALL), die keine weiteren Behandlungsoptionen haben, ist zur Zeit vor allem das zugelassene Produkt Kymriah® der Firma Novartis Mittel der Wahl. Patienten außerhalb dieser Altersklasse können gegebenenfalls im Rahmen klinischer Studien mit CAR-T-Zellen behandelt werden. Natürlich geht so eine Behandlung nicht spurlos an einem vorbei. In 50 Prozent der Fälle tritt ein Zytokin-Freisetzungssyndrom auf, welches u. a. mit Fieber, Hypotonie oder auch Krampfanfällen einhergehen kann. Bei 15 bis 20 Prozent der Patienten zeigt es sich ausgeprägt und muss mit Tocilizumab, einem IL-6-Antagonisten, behandelt werden. „Aus eigener Erfahrung ist es auch hier bei uns eine erfolgreiche Therapie. Es gibt vereinzelt Rezidive, aber ich würde sagen, die meisten Patienten konnten wir mit den CAR-T-Zellen bislang zumindest in die Remission bringen. Eine Patientin hat die Zellen vor drei Monaten bekommen. Sie hätte vom regulären Ablauf eine Stammzelltransplantation benötigt, aber aufgrund hoher Toxizität in der initialen Chemotherapie haben wir uns dagegen entschieden. Wir mussten davon ausgehen, dass sie eine Stammzelltransplantation mit den damit verbundenen Nebenwirkungen nicht überlebt hätte. Deshalb bekam sie CAR-T-Zellen und ist aktuell in Remission“, berichtet Künkele.

Erste Erfolge machen Hoffnung

Diese Therapie ist aktuell für viele junge Patienten der letzte Ausweg. PD Dr. med. Annette Künkele zeigt sich zuversichtlich und gibt hier die Patientengruppe, die es betrifft, zu bedenken. „Vor 5 Jahren hatten diese Patienten keine Überlebenschance. Es gab einfach keine andere Therapieoption. Sie haben durch CAR-T-Zellen wieder eine Aussicht auf Heilung, aber noch können nicht alle Patienten geheilt werden und das ist das Ziel.“ Deshalb laufen die Forschungsarbeiten an der Charité in der AG Künkele auf Hochtouren. Ziel ist es auch, CAR-T-Zellen erfolgreich gegen solide Tumore, wie zum Beispiel das Neuroblastom, einzusetzen und an der Charité herstellen zu können.