Neue Daten zum Thema Sucht: Konsum von Tabak und Alkohol weiterhin hoch
In Deutschland geht der Konsum von Tabak und Alkohol zwar zurück, er liegt aber immer noch auf einem hohen Niveau. Zu dieser Einschätzung kommt die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) in ihrem jüngst veröffentlichten „Jahrbuch Sucht 2023“.
Alkohol-Hochkonsumland Deutschland
7,9 Millionen Deutsche konsumieren laut Suchtbericht Alkohol „in gesundheitlich riskanter Weise“. Das entspricht einer täglichen Menge von zwölf Gramm reinem Alkohol bei Frauen und 24 Gramm bei Männern, also einem bis zwei kleinen Gläsern Bier.
Damit sei der Alkoholkonsum im Vergleich zu den Vorjahren zwar weiter gesunken, es wird jedoch in Deutschland immer noch deutlich mehr Alkohol getrunken als im weltweiten Durchschnitt.
Im Jahr 2019 waren es umgerechnet 10,8 Liter Reinalkohol pro Kopf (Bevölkerung ab 15 Jahren). Ungefähr 1,6 Millionen Menschen im Alter zwischen 18 und 64 Jahren gelten hierzulande als alkoholabhängig. Rund 20.000 Todesfälle pro Jahr sind auf hohen Alkoholkonsum zurückzuführen.
Alkohol: riskante Alltagsdroge
Bereits geringe Mengen Alkohol können krank machen, warnen Experten. Alkoholverzicht könne Frauen ein Plus an Lebenszeit von mindestens 16 Jahren einbringen, bei Männern seien es mindestens zehn Jahre.
Eine Alkoholabhängigkeit entsteht meist unbemerkt und schleichend. Für die meisten Menschen gehört ein Gläschen Wein beim Essen oder ein Bier am Feierabend zum Alltag.
Doch in belastenden Situationen wird Alkohol häufig als vermeintlicher Stresslöser genutzt. Erhöhter Konsum kann dann schnell zur Gewohnheit werden. Es gibt Hinweise darauf, dass sich der Alkoholkonsum durch die Corona-Pandemie verändert hat: So wurde in Zeiten von Kontaktbeschränkungen zu Hause mehr getrunken.
Viele Alkoholkonsumenten wissen nicht, dass schon niedrige Trinkmengen mit Erkrankungsrisiken verbunden sind. So können mehr als 200 einzelne Krankheiten, darunter Krebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, durch Alkohol verursacht werden.
Doch sogar die Risiken von sehr hohem Alkoholkonsum werden unterschätzt. Das zeigen die jährlich mehr als 100.000 Fälle von akuter Alkoholvergiftung in Deutschland.
Prävention und Hilfe
Der Alkoholprävention kommt daher große Bedeutung zu. Darauf macht auch die DHS aufmerksam und fordert mehr strukturelle politische Maßnahmen. Wichtig sei nach Meinung der DHS-Experten ein Anheben der Alkoholpreise, eine Einschränkung der aktuellen 24/7-Verfügbarkeit und die Regulierung von Alkoholwerbung. Strukturelle Prävention sei nachweislich wirksam und verringere auch die Kosten des Konsums für die Gesamtgesellschaft.
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) weist in diesem Zusammenhang auf ihr Informationsportal www.kenn-dein-limit.de hin. Außerdem bietet die BZgA eine Serviceplattform für kommunale Präventionsarbeit. Hier können sich Akteure, die vor Ort Alkoholpräventionsprojekte durchführen möchten, Unterstützung holen. Auf ihre Einrichtungen für die ambulante und stationäre Suchthilfe macht die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS) aufmerksam. Zu Suchtproblemen jeglicher Art finden hier Betroffene wie auch Fachleute Hilfe.
Tabak: Weniger Fertigzigaretten, mehr Selbstgedrehte
Erfreulicherweise ist der Anteil der Raucher in Deutschland weiterhin rückläufig. Die Ausgaben für Tabakwaren reduzierten sich laut Sucht-Jahrbuch 2022 auf 27,1 Milliarden Euro – ein Minus von 7,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Doch während der Konsum von Fertigzigaretten gesunken ist, gab es beim Verbrauch von Feinschnitt für selbstgedrehte Zigaretten im Jahr 2022 einen Anstieg um 0,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr, 2020 waren es sogar 10,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Dies könnte ebenfalls auf die Bedingungen der Pandemie zurückzuführen sein, da der Kauf von preisgünstigen Fertigzigaretten im Ausland kaum möglich war.
In den vergangenen Jahren hatten die Suchtberichte darüber hinaus einen Anstieg beim Konsum von Shisha-Wasserpfeifentabak aufgezeigt. Die Zunahme im Jahr 2020 betrug gegenüber dem Vorjahr 44,3 Prozent. Für 2022 sei kein Vergleich möglich, da der Verbrauch von Wasserpfeifentabak und erhitztem Tabak in neuen Zahlen des Statistischen Bundesamtes nicht enthalten sei, erläutert DHS-Geschäftsführerin Christina Rummel. „Ein Abfall der Zahlen ist in diesem Bereich aber nicht zu erwarten.“
Medikamentenabhängigkeit: Risikogruppe ältere Frauen
Schätzungsweise 1,5 bis 1,9 Millionen Menschen in Deutschland sind medikamentenabhängig, insbesondere ältere Frauen. Im Vordergrund steht dabei die Abhängigkeit von Benzodiazepinen, Z-Substanzen und opioidhaltigen Schmerzmitteln.
Warnung vor Cannabis mit synthetischen Zusätzen
Bei den illegalen Drogen in Deutschland ist Cannabis nach wie vor die am häufigsten konsumierte. Aktuellen Schätzungen zufolge haben etwa 4,7 Millionen Erwachsene im Alter zwischen 18 und 64 Jahren sowie etwa 374.000 Jugendliche im Alter von 12 bis 17 Jahren in den letzten zwölf Monaten eine illegale Droge konsumiert.
Hochrechnungen von 2021 zufolge gelten 309.000 Personen in Deutschland als Cannabis-abhängig. Behörden und Bundesregierung warnen seit einiger Zeit vor Cannabisprodukten wie CBD-Hanf, die mit synthetischen Cannabinoiden versetzt wurden. Dies ist äußerlich nicht erkennbar, birgt aber die Gefahr unkalkulierbarer Wirkung bis hin zum Kreislaufzusammenbruch.
Diese Zahlen werden sich unter Umständen noch einmal verändern, wenn die Legalisierung von Cannabis umgesetzt worden ist.
Vorschub für die Glücksspielsucht?
Sorge bereitet Fachleuten darüber hinaus die Glücksspielsucht. Beim Glücksspielmarkt zeigt der Bericht für 2021 einen Umsatz-Anstieg um 14,6 Prozent auf 53,4 Milliarden Euro. Das sei insbesondere auf eine im Juli 2021 erfolgte Änderung des Glücksspielstaatsvertrags zurückzuführen, die Sportwetten bundesweit legalisierte. Demnach wuchsen Sportwetten allein 2021 um 409,6 Prozent auf einen Umsatz von 18,3 Milliarden Euro. Für 2022 liegen noch keine Zahlen vor. „Wir sehen das sehr kritisch und behalten das im Auge“, betont Rummel.
Spielbanken und Automaten hätten dagegen zwischen 2020 und 2021 an Bedeutung verloren. Zumindest teilweise sei dies auch durch die Corona-Pandemie zu erklären, sagt Rummel. Glücksspiel habe sich von Lokalen ins Internet verlagert.
Hilfe bei Glücksspielsucht findet man zum Beispiel unter www.forum-gluecksspielsucht.de sowie www.verspiel-nicht-dein-leben.de und www.bundesweit-gegen-gluecksspielsucht.de. Quellen: Vereinte Nationen; Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA); Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS); Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern / dpa, mia