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Hämophilie B: Gentherapeuti­kum zur Zulassung empfohlen

Frau mit Schnittwunde am rechten kleinen Finger
Auch kleinste Verletzungen konnten früher für Hämophilie-B-Patienten lebensbedrohlich sein. | Bild: schankz / AdobeStock

Die Hämophilie B ist auch als Faktor-9-Mangelkrankheit oder Weihnachtskrankheit (Christmas Disease) bekannt. Letzteres geht auf den ersten beschriebenen Patienten im Jahr 1952 zurück, einen kleinen britischen Jungen namens Stephen Christmas.

Wie die häufigere Hämophilie A ist sie eine „Bluterkrankheit“. Dieses Leiden war im 19. und 20. Jahrhundert in den europäischen Königshäusern weit verbreitet. Es kam damals fast einem Todesurteil gleich. Schon kleinste Verletzungen bedeuteten Lebensgefahr. 

Da die Hämophilie X-chromosomal rezessiv vererbt wird, sind die Patienten überwiegend männlich. Frauen fungieren jedoch als Überträgerinnen. Sie können die Krankheit an ihre Söhne weitergeben.

Bei Hämophilie B fehlen Gerinnungsfaktoren

Bei „Blutern“ produziert die Leber einen Blutgerinnungsfaktor nur unzureichend oder gar nicht. Im Falle der Hämophilie A – der klassischen Hämophilie – mangelt es am Faktor 8, bei der deutlich selteneren Hämophilie B fehlt der Faktor 9. 

Die Folge ist bei beiden Hämophilie-Typen gleich: Wunden schließen sich gar nicht oder nur sehr langsam. Auch kommt es immer wieder zu inneren Blutungen. Zudem verursachen wiederholte Einblutungen in die Gelenke frühzeitig eine Arthrose.

Abhängig von der körpereigenen Plasmaaktivität wird die Erkrankung als leicht, mittelschwer oder schwer eingestuft.

Wie wird Hämophilie behandelt?

Heutzutage kann „Blutern“ gut geholfen werden. Bei schwerer Hämophilie, von der in Deutschland circa 6.000 Menschen betroffen sind, wird zur Vorbeugung von Blutungen der fehlende Gerinnungsfaktor injiziert. Dies muss regelmäßig mehrmals wöchentlich geschehen. Die Betroffenen können dann ein relativ normales Leben führen. 

Dadurch kann es jedoch dazu kommen, dass der Körper Anti-Faktor-8- oder 9-Alloantikörper (Inhibitoren) entwickelt, die die Aktivität der verabreichten Ersatzfaktoren neutralisieren.

Bei Hämophilie A gibt es zwei weitere Therapieoptionen: einen speziellen Antikörper (Emicizumab) sowie einen gentechnisch veränderten Faktor 8 (Damoctocog alfa pegol).

Hoffnung auf Gentherapie bei Hämophilie B

Im Mai 2024 hat die Kommission für Humanarzneimittel der Europäischen Union (CHMP) das Gentherapeutikum Durveqtix mit dem Wirkstoff Fidanacogen elaparvovec zur Zulassung empfohlen. Hämophilie-Patienten können außerdem auf eine zukünftige Gentherapie hoffen. Das Arzneimittel soll zur Therapie der mittelschweren bis schweren Hämophilie B bei Erwachsenen angewandt werden.

Fidanacogen elaparvovec kann nur bei Erwachsenen mit Hämophilie B eingesetzt werden, wenn noch keine Antikörper gegen den Gerinnungsfaktor 9 nachweisbar waren. Zudem dürfen keine Antikörper gegen den Adeno-assoziierten-Virus-Serotyp Rh74 vorliegen.

Die Gentherapie mit Durveqtix soll den Körper dazu befähigen, den fehlenden Gerinnungsfaktor 9 selbst zu produzieren. Das Arzneimittel muss nur einmal verabreicht werden.

Bereits 2023 wurde das Gentherapeutikum Hemgenix® mit dem Wirkstoff Etranacogen Dezaparvovec bei Hämophilie B zur Zulassung empfohlen. Quellen: Deutsche Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie (DGTI); Deutsche Hämophiliegesellschaft zur Bekämpfung von Blutungskrankheiten e.V.; Universitätsklinikum Freiburg 

Hämophilie B in Kürze

  • Seltene Form der Hämophilie („Bluterkrankheit“) mit Mangel am Gerinnungsfaktor 9, als Hämophilie B bekannt.
  • Auch als „Weihnachtskrankheit“ (Christmas Disease) benannt nach erstbeschriebenem Patienten namens Stephen Christmas.
  • X-chromosomal vererbt, deshalb fast nur Jungen betroffen.
  • Aufgrund des Faktormangels enorm verlängerte Blutungszeiten mit Gefahr des Verblutens, außerdem innere Blutungen.
  • Behandlung durch Ersatz des Blutgerinnungsfaktors mittels regelmäßiger Injektionen, zukünftig eventuell Gentherapie möglich.