Aktuelles
4 min merken gemerkt Artikel drucken

Zum Welttag der Wissenschaft am 10. November: Wie die Viren entdeckt wurden

Wie sind eigentlich Viren entstanden und seit wann gibt es sie? | Bild: hk_design / AdobeStock

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts machte die Medizin enorme Fortschritte. Die Zusammenhänge zwischen verheerenden Infektionskrankheiten und den sie verursachenden Mikroorganismen wurden zunehmend entdeckt. Man denke etwa an Tuberkulose und Mycobacterium tuberculosis oder Diphtherie und Corynebacterium diphtheriae. 

Die Bakteriologie war ab ungefähr 1880 in voller Blüte. Die damaligen Infektionsforscher ahnten aber auch, dass es jenseits von Bakterien noch andere, bisher unbekannte Erreger geben musste – so klein, dass sie selbst mit den besten Lichtmikroskopen nicht zu sehen waren. Die entscheidenden Hinweise kamen aus der Landwirtschaftsforschung.

Welttag der Wissenschaft am 10. November 2022:

Seit 2011 wird jährlich am 10. November der „Welttag der Wissenschaft“ („World Science Day for Peace and Development”) begangen. Der Aktionstag soll an den wichtigen Beitrag der Wissenschaften für Frieden und Entwicklung erinnern.

Die UNESCO schreibt zudem auf ihrer Seitehttps://www.unesco.org/en/days/science-peace-development , dass „der Tag die Gelegenheit bietet, alle Akteure rund um das Thema Wissenschaft für Frieden und Entwicklung zu mobilisieren. Außerdem „habe der Tag auch dazu beigetragen, die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlern zu fördern, die in von Konflikten geprägten Regionen leben“. / vs

Dem Rätsel auf der Spur?

Die Tabakmosaikkrankheit führte Ende des 19. Jahrhunderts zu großen Ernteausfällen beim Tabakanbau. Der deutsche Agrarchemiker Adolf Mayer (1843–1942) wollte herausfinden, was diese Pflanzenkrankheit, die zu mosaikartigen hellen Flecken auf den Blättern führte, verursachte. Es gelang ihm, die Tabakmosaikkrankheit durch Pflanzensaft auf gesunde Tabakpflanzen zu übertragen. Deshalb ging er von einem Bakterium aus, obwohl er keinen Erreger isolieren konnte.

Erreger nicht filtrierbar

Diese Annahme widerlegte jedoch ein anderer Forscher: der russische Biologe Dmitri Iwanowski (1864–1920). Er filtrierte den Presssaft kranker Pflanzen durch einen unglasierten Porzellanfilter (sogenannter Chamberlandfilter), der Bakterien zurückhält. Der Erreger wurde damit nicht herausgefiltert, denn mit dem Filtrat konnten wiederum Pflanzen infiziert werden. Iwanowski nahm deshalb an, dass ein Toxin der Übeltäter wäre. Doch auch diese Hypothese stellte sich als falsch heraus.

Nicht auf Nährboden züchtbar

Entscheidende Untersuchungen stellte schließlich der niederländische Botaniker Martinus Beijerinck (1851–1931) an: Er verdünnte das Filtrat stark und dennoch behielt es seine Infektiosität. Nur durch Kochen wurde es unschädlich. 

Und noch etwas stellte Beijerinck fest: Das infektiöse Agens breitete sich offenbar in der Pflanze allmählich von Zelle zu Zelle aus. Doch anders als man es von Bakterien kannte, ließ sich der geheimnisvolle Übeltäter nicht außerhalb der Pflanze auf künstlichem Nährboden anzüchten. Beijerinck nannte den unbekannten Erreger „Virus“. Der aus dem Lateinischen stammende Begriff bedeutet „Gift“ oder „Schleim“ und wurde schon in zurückliegenden Zeiten für allerlei Krankmachendes verwendet.

Viel kleiner als Bakterien

Etwa zur selben Zeit beschäftigten sich die beiden deutschen Bakteriologen Friedrich Loeffler (1852–1915) und Paul Frosch (1860–1928) mit einer tödlichen Rinder- und Schweinekrankheit – der Maul- und Klauenseuche. Sie verwendeten für die infektiöse Lymphflüssigkeit kranker Tiere einen neu entwickelten, noch feineren Filter als den Chamberlandfilter. 

Das Ergebnis: Das Filtrat war nicht mehr infektiös. Die Forscher hatten damit herausgefunden, dass der Infektionserreger ein Partikel war – aber kleiner als ein Bakterium. Sie vermuteten, dass auch für andere Infektionskrankheiten wie Pocken oder Masern solche Winzlinge verantwortlich sein könnten.

Elektronenmikroskopie macht Viren sichtbar

Im Jahr 1906 gelang dem Hamburger Bakteriologen Enrique Paschen (1860–1936) der Nachweis des Pockenvirus (Variola-Virus). Weil es für ein Virus außergewöhnlich groß ist (200–400 nm), ließ es sich im Lichtmikroskop gerade noch erkennen. Erst mit Erfindung des Elektronenmikroskops in den 1930er-Jahren konnte man dann auch andere Viren darstellen. 

Heute haben wir grundlegende Kenntnisse über die Eigenschaften von Viren: Sie bestehen lediglich aus Nukleinsäure (DNA oder RNA) und einer Proteinkapsel (Capsid). Manche besitzen zusätzlich eine Lipidhülle (behüllte Viren). Viren sind keine selbstständigen Organismen. Sie benötigen zu ihrer Reproduktion lebende Wirtszellen. Außerhalb der Zellen können sie sich nicht vermehren, jedoch mehr oder weniger lange überdauern und infektiös bleiben. Allerdings sind längst nicht alle Viren Krankheitserreger. Es gibt Schätzungen zufolge 100 Millionen Virustypen auf der Welt. Quellen: PTAheute 18/2020; G. Drews: Mikrobiologie, Springer 2010; W. Eckart: Geschichte der Medizin, Springer 2005; Klinikum Uni Heidelberg; Robert Koch-Institut