Pikrinsäure entdeckt – Einkaufszentrum geräumt
Nach dem Fund von explosiver Pikrinsäure im Keller einer Apotheke ist vergangene Woche ein Einkaufszentrum in Hamburg-Horn teilweise evakuiert worden. Die bis zu zehn Gramm getrockneter Säure seien von einem Entschärfer aus dem Gebäude im Bezirk Mitte geholt worden, sagte ein Polizeisprecher am Freitagabend. Sie solle nun fachmännisch entsorgt werden. Die Feuerwehr sicherte die Einsatzstelle ab und sperrte die anliegende Straße.
In kristalliner Form explosiv
Pikrinsäure, die z. B. als Nachweisreagenz in der Analytik Anwendung findet, ist in phlegmatisierter Form (mit Wasser überzogen) ungefährlich. Kristallisiert sie jedoch aus, kann sie so explosiv werden wie der Sprengstoff TNT. Solche Kristalle können sich durch zu lange oder unsachgemäße Lagerung bilden.
Um ein Gefäß mit kristalliner Pikrinsäure (ohne Zünder) zur Explosion zu bringen, müsste man es gegen eine Wand werfen oder auf den Boden fallen lassen. Öffnen sollte man ein solches Gefäß dennoch nicht eigenmächtig, weil es auch durch starken Druck und Reibung, die am Deckel beim Öffnen entstehen, zur Explosion kommen kann.
Pikrinsäurefunde in 2008
Bereits 2008 war das Thema in den Medien präsent. Damals wurde nicht nur in Apotheken, sondern auch in Schulen Pikrinsäure gefunden. Schon damals wurde die Säure im Labor nur noch selten benötigt, musste aber in Apotheken noch vorrätig gehalten werden. Das Problem war vor allem die Tatsache, dass die Pikrinsäure nicht mehr gebraucht wurde und damit in Vergessenheit geriet und eintrocknete. Weil die Verunsicherung durch die Medien 2008 groß war, gaben die Apothekerkammern damals Rundschreiben heraus, in denen der korrekte Umgang mit Pikrinsäure geschildert wurde.
Auf Wassergehalt achten
Auch heute noch informiert z. B. die Landesapothekerkammer Hessen auf ihrer Website, dass ein Wassergehalt von dauerhaft mehr als 30 % sicherzustellen ist. Um dies zu gewährleisten, wird empfohlen, bei Bezug des Reagenzes das Datum und die Gesamtmasse des Gefäßes auf dem Behältnis festzuhalten. Alle sechs Monate ist die Masse der Substanz zu überprüfen, bei Bedarf Wasser zu ergänzen und durch Umdrehen des Behältnisses gleichmäßig zu verteilen.
Was, wenn Pikrinsäure bereits kristallisiert ist?
Außerdem weist die Landesapothekerkammer Hessen darauf hin, dass in folgenden Fällen das Gefäß nicht mehr geöffnet oder verlagert werden soll:
- wenn die Substanz nicht mehr ausreichend feucht ist,
- das Gefäß undurchsichtig ist und schon sehr lange gelagert wird
- oder gelbliche Kristalle (z. B. im Flaschenhals) sichtbar sind.
Der Lagerort soll dann verschlossen bleiben und darf bis zur Abholung nicht mehr durch Unbefugte betreten werden. Es ist in der Regel das Landeskriminalamt zu informieren.
Vorsicht bei Gefäßen aus Metall
Auch für den Fall, dass die Pikrinsäure – vorschriftswidrig – in einem Gefäß aus Metall oder mit einem Metallverschluss verpackt wurde, dürfen keine Manipulationen an dem Behältnis vorgenommen werden. Denn gemeinsam mit Metallen entstehen orangefarbene, hochexplosive Pikrate. Auch in diesem Fall ist wie zuvor erwähnt vorzugehen und die zuständigen Überwachungsbehörden zu informieren. Quellen: dpa/daz.online/ LAK Hessen / http://www.gm.fh-koeln.de/~werkst/sicherheit/sicherheitsdatenblatt/pikrinsaeure_2015_10_04.pdf /sn
Sichere Lagerung von Pikrinsäure
- Empfohlene Lagerungstemperatur: 12–28 °C
- Vor Sonnenbestrahlung und Hitze schützen.
- Material jederzeit nass halten und nicht austrocknen lassen.
- Alle sechs Monate überprüfen und nach Bedarf Wasser hinzufügen; Behälter alle drei Monate umdrehen, um das Wasser zu verteilen.
- Behälter dicht geschlossen an einem gut gelüfteten Ort aufbewahren.
- Pikrinsäure bildet hochempfindliche explosionsgefährliche Metallverbindungen, daher sind Metallbehälter ungeeignet.
- Vorsichtig handhaben – Stoß, Reibung, Schlag vermeiden.
- Deckel und Verschlüsse immer vor dem Verschließen von anhaftenden Produktresten reinigen.
- Material, das älter als zwei Jahre ist, sollte beseitigt werden.