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Kaltplasma – Durchbruch bei chronischen Wunden?

In Energiesparlampen, Bildschirmen oder zur Oberflächendesinfektion – Plasma findet in vielen Bereichen Anwendung. Auch in der Medizin stößt der vierte Aggregatszustand auf Interesse, nämlich bei der Behandlung chronischer Wunden. | Bild: imago images / Panthermedia

Viele vom diabetischen Fußsyndrom verursachte chronische Wunden können durch eine Behandlung mit Kaltplasma schneller heilen. Das belegt eine Studie am Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen in Bad Oeynhausen sowie am Klinikum Karlsburg in Mecklenburg-Vorpommern. Die Plasma-Behandlung sei in der Studie zusätzlich zur Standardtherapie erfolgt, schreiben die Autoren im „Journal of the American Medical Association“ (Jama Network Open).

Einige Mediziner setzen kaltes Plasma bereits ein, um den Heilungsprozess bei chronischen Wunden zu stimulieren und einen schnelleren Wundverschluss herbeizuführen. Bei der Studie wurden nun nach Autorenangaben 62 durch den diabetischen Fuß verursachte Wunden bei 43 stationär behandelten Patienten untersucht. Die Wunden hätten trotz Standardtherapie drei Wochen lang keine Heilungstendenzen gezeigt.

Gut zu Wissen

Das zur Wundbehandlung eingesetzte Plasma hat nichts mit dem gleichnamigen flüssigen, zellfreien Bestandteil des Blutes zu tun. Als Plasma wird in diesem Fall ein vierter Aggregatzustand bezeichnet, der durch Zufuhr von Energie aus einem Gas erzeugt werden kann. In der hier vorgestellten Untersuchung wurde z. B. das Edelgas Argon in diesen Zustand versetzt.

Bei der Erzeugung von Plasma verlieren die Gas-Moleküle bzw. Atome zumindest einen Teil ihrer Elektronen (sog. Ionisierung), weshalb ein Plasma durch seine elektrische Leitfähigkeit charakterisiert ist.

Schmerzfrei und gut verträglich

Die Patienten wurden in zwei Gruppen von je 31 Wunden unterteilt. Nach 14-tägiger Behandlung hatte sich die Wundoberfläche bei den mit Kaltplasma behandelten Wunden im Mittel um 69,5 Prozent reduziert. In der Placebogruppe betrug die Reduktion 44,8 Prozent. Unter Kaltplasmabehandlung wurden damit 55 Prozent mehr Wundfläche verschlossen als bei alleiniger Standardbehandlung, wie es hieß. Die Kaltplasmabehandlung sei schmerzfrei und gut verträglich. In der Studie seien keine Nebenwirkungen aufgetreten. Die Patienten sollen für fünf Jahre weiter beobachtet werden, um auch die langfristige Sicherheit der Behandlung bewerten zu können.

Kaltplasma aktiviert Wundheilung und senkt Kosten

Die Unterschiede in der mikrobiellen Belastung der Wunden zwischen beiden Gruppen seien statistisch nicht signifikant gewesen. Der Forschungsleiter am Diabeteszentrum Bad Oeynhausen und Erstautor der Studie, Bernd Stratmann, sagte: „Atmosphärisches Kaltplasma besitzt einen eigenständigen Wundheilung-aktivierenden Effekt, der sich nicht allein durch die antimikrobielle Wirkung des Plasmas erklären lässt.“ Eine schnellere Wundheilung führe zu früheren Entlassungen der Patienten aus der Klinik, sagte der Direktor des Diabeteszentrums Bad Oeynhausen, Diethelm Tschöpe. Dadurch seien Kaltplasmabehandlungen auch gesundheitsökonomisch von Relevanz. Die Behandlung chronischer Wunden koste das Gesundheitssystem rund 10.000 Euro pro Jahr und Patient.
Eine der häufigsten Ursachen chronischer Wunden ist das Diabetische Fußsyndrom. Zahlreiche Amputationen gehen darauf zurück.

Industrie indirekt an Studie beteiligt

Für die Studie stellte das Unternehmen Neoplas Tools sein Plasmajet kINPen® MED zur Verfügung. Es sei gemeinsam mit dem Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie (INP) entwickelt worden. Drei Autoren gaben an, für Vorträge oder andere Arbeiten Geld von Neoplas Tools erhalten zu habe. Das Unternehmen sei jedoch nicht an der Studie, etwa am Design oder an der Auswertung, beteiligt gewesen. Quelle: dpa/sn