Anwendungsfehler bei Etanercept nicht ausgeschlossen
Enbrel® war das erste etanercepthaltige Arzneimittel, das vor 20 Jahren auf den Markt kam. Etanercept ist ein biotechnologisch hergestelltes humanes Fusionsprotein, das den proinflammatorischen Tumornekrosefaktor alpha (TNF-α) bindet und somit immunsuppressiv und entzündungshemmend wirkt. Zugelassen ist Etanercept zur Behandlung von Patienten mit rheumatoider Arthritis, juveniler idiopathischer Arthritis, Psoriasis-Arthritis, axialer Spondyloarthritis und Plaque-Psoriasis. Seit 2016 ist das Biosimilar Benepali® (▼) und seit 2017 Erelzi® (▼) auf dem deutschen Markt erhältlich.
Häufig Berichte zu defekten Auslösemechanismen
Nun sieht sich die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) veranlasst, auf fehlgeschlagene Injektionen mit dem TNF-α-Antagonisten hinzuweisen. Etanercept wird als Fertigpen, Fertigspritze oder als Trockensubstanz mit Lösungsmittel angeboten. Die AMK registrierte zwischen Dezember 2012 und Ende März 2020 insgesamt 217 Meldungen zu etanercepthaltigen Arzneimitteln. Die jährliche Gesamtanzahl an Meldungen blieb nach Einführung der Biosimilars laut AMK weitgehend gleich.
Neben 43 Meldungen zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen gingen 132 Berichte zu einem defekten Auslösemechanismus bei der AMK ein und stellten so den Großteil der Meldungen zu etanercepthaltigen Arzneimitteln dar. Nach Information der AMK berichteten die meldenden Apotheken über Patienten, bei denen eine Injektion mit dem Pen (n = 127) oder der Fertigspritze (n = 5) nicht durchgeführt werden konnte. Davon wurden acht Fälle herstellerseitig als berechtigte Reklamation eingestuft. In den verbleibenden 124 Fällen zum genannten Sachverhalt sei jedoch eine Überprüfung der Beanstandung an einem Muster entweder nicht möglich gewesen, da dieses nicht zur Verfügung gestanden hätte, oder der Hersteller habe nach eigener Prüfung des eingesandten Musters keine Qualitätsmängel erkannt, so die AMK.
In insgesamt 40 Fällen mit defektem Auslösemechanismus wurde in einer abschließenden Stellungnahme der Firma ein Anwendungsfehler seitens des Patienten vermutet.
Wie injiziert man Etanercept?
Da Anwendungsfehler nicht ausgeschlossen werden können, informiert die AMK in Abstimmung mit den Zulassungsinhabern nochmals über die Vorbereitung des Etanercept-Pens und die richtige Auswahl der Körperstelle.
Um eine fehlerhafte Anwendung zu vermeiden, werden seitens der Zulassungsinhaber folgende Maßnahmen empfohlen:
- Die Nadelschutzkappe sollte erst kurz vor der Applikation abgenommen werden, da ansonsten Lösung in der Kanüle auskristallisieren und diese verstopfen kann.
- Zur Applikation des Pens sollte eine nicht zu weiche Körperstelle genutzt werden. Der Kanülenschutz muss durch das Aufdrücken auf die Haut komplett in den Pen zurückgeschoben sein, bevor die Injektion gestartet werden kann. Wird der Auslöseknopf versehentlich vorher betätigt, kann dies zu einer Blockade des Pens führen.
In den Beipackzettel schauen!
Die oben genannten Hinweise können PTA und Apotheker bei Abgabe der etanercepthaltigen Arzneimittel Enbrel®, Benepali® und Erelzi® an ihre Patienten weitergeben. Zudem enthalten die Gebrauchsinformationen eine bebilderte Darstellung der Applikation im üblichen Format einer Packungsbeilage. Zusätzlich liegen für alle etanercepthaltigen Arzneimittel Schulungsmaterialen (Blaue Hand) vor, welche die korrekte Applikation des Arzneimittels beschreiben. Schulungsmaterialien sind in der ABDA-Datenbank hinterlegt und stehen auch auf der Homepage des BFARM zur Verfügung.
Da Schulungsmaterialien zu Arzneimitteln häufig erst nach Zulassung entwickelt werden, tragen Spontanberichte aus Apotheken zur Erkennung neuer Risiken und somit zur Verbesserung von Schulungsmaterialien und Entwicklung von Risikominimierungsmaßnahmen maßgeblich bei.
AMK bittet um detaillierte Meldungen
Bei Verdacht auf einen Qualitätsmangel bei etanercepthaltigen Pens oder Fertigspritzen bittet die AMK das pharmazeutische Personal, Patienten zusätzlich nach der korrekten Applikation zu befragen. Im Fall von Anwendungsfehlern sollten diese möglichst konkret gemeldet werden. Sei hingegen keine fehlerhafte Anwendung erkennbar, sollte bei Meldung an die AMK auch diese Feststellung eindeutig dokumentiert werden, um den Verdacht eines defekten Auslösemechanismus zu bestärken.