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Wie man eine Blinddarm­entzündung erkennt

Mann hält beide Hände auf schmerzenden, rechten Unterbauch
Eine Blinddarmentzündung kann lebensgefährlich sein. | Bild: anatoliycherkas / AdobeStock

Die Bezeichnung Blinddarmentzündung ist eigentlich irreführend. Tatsächlich handelt es sich nicht um die Entzündung des gesamten Blinddarms (Caecum). Vielmehr ist nur ein Anhängsel dieses ersten, „blinden“ Dickdarmabschnitts von der Entzündung betroffen: der Wurmfortsatz (Appendix vermiformis). Der Wurmfortsatz ist etwa 8 cm lang bzw. knapp 1 cm breit und befindet sich im rechten Unterbauch.

Daher lautet die korrekte medizinische Bezeichnung Appendizitis. Eine Appendizitis ist die häufigste Darmerkrankung in Deutschland. Bevorzugt tritt sie bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf. Aktuellen Daten zufolge wird sie jährlich bei 150.000 Menschen deutschlandweit diagnostiziert, wobei Männer etwas häufiger daran erkranken als Frauen. 

Welche Funktion hat der Wurmfortsatz?

Lange Zeit ging man davon aus, der Wurmfortsatz habe keine Funktion. Inzwischen weiß man, dass er einen Teil des lymphatischen Systems darstellt und an der Immunregulation beteiligt ist. Seine Wand ist vollgepackt mit Lymphfollikeln. 

Außerdem dient er offenbar als Mikrobiom-Reservoir, also als Speicher physiologischer Darmbakterien. Diese können zum Beispiel nach einer Durchfallerkrankung den Darm wieder neu besiedeln.

Was sind die Symptome bei einer Blinddarmentzündung?

Eine Appendizitis kann auftreten, wenn es zu einem Verschluss des Wurmfortsatzes kommt, wobei die genauen Ursachen noch nicht abschließend erforscht sind. Dies geschieht meist durch verhärtete Stuhlbrocken – sogenannte Kotsteine –, in seltenen Fällen auch durch Fremdkörper wie etwa Kirschkerne. 

Zudem können Knicke oder Vernarbungen des Wurmfortsatzes dazu führen, dass er sich nicht mehr richtig entleert und schließlich entzündet.

In der Apotheke beschreiben Kunden mit einer beginnenden Appendizitis plötzlich auftretende starke Bauchschmerzen, ohne ersichtliche Krankheitsursache. Oft sind die Schmerzen diffus und wandern vom Nabel zum rechten Unterbauch.

Weiterhin können

  • ein Druckschmerz im rechten Unterbauch,
  • Abwehrspannung bei Berührung des Bauchs,
  • Appetitlosigkeit,
  • Übelkeit,
  • Erbrechen,
  • Verstopfung und seltener Durchfall sowie
  • Fieber

auftreten. 

Betroffene haben in einigen Fällen Schwierigkeiten, die Beschwerden konkret zu lokalisieren. Außerdem können die Schmerzen in ihrer Intensität variieren und werden deshalb anfangs gelegentlich mit einem Magen-Darm-Infekt verwechselt. Ein Arztbesuch ist in jedem Fall sofort anzuraten, auch wenn die Symptome eher untypisch erscheinen.

Selbsttest auf Blinddarmentzündung bei Unklarheit

Sind die Betroffenen nicht sicher, ob die Bauchschmerzen tatsächlich von einer Blinddarmentzündung rühren, hilft ein einfacher Selbsttest weiter: Das rechte Bein im Liegen anziehen. Verstärken sich dabei die Schmerzen, ist dies meist ein Zeichen für eine Appendizitis.

Hilfreich kann auch ein Hüpf- oder Hust-Test sein: Durch die Bewegung mit Erschütterung – wie sie beim Hüpfen oder Husten auftritt – kommt es im Fall einer Blinddarmentzündung zu starken Schmerzen.

Appendizitis: Was ist zu tun?

Bei Verdacht auf eine Appendizitis sollten die Kunden schnellstmöglich einen Arzt aufsuchen. Dies ist spätestens dann nötig, wenn die Beschwerden durchgehend auftreten oder immer schlimmer werden. Innerhalb weniger Stunden kann es nämlich zum gefürchteten Blinddarmdurchbruch, das heißt zum Platzen des entzündeten Wurmfortsatzes, kommen.

Durch die Ausbreitung des infektiösen Darminhaltes im Bauchraum entsteht so unbehandelt ein lebensbedrohlicher Zustand, der unbedingt vermieden werden muss. In diesem Stadium treten Symptome wie Vernichtungsschmerzen, Blässe, ein erhöhter Puls, ein brettharter Bauch sowie Ohnmachtsanfälle auf.

Untypische Symptome bei Kindern, Älteren und Schwangeren beachten

Einige Patientengruppen sollten auch bei Symptomen, die nur in Teilen zu denen einer Blinddarmentzündung passen, schnellstmöglich an einen Arzt verwiesen werden. Kinder zeigen beispielsweise häufig milde Symptome oder klagen ausschließlich über Bauchschmerzen.

Auch bei älteren Menschen können Appendizitis-Beschwerden viel geringer ausgeprägt sein. Die Entzündung wird dann mitunter erst spät erkannt. Hinzu kommen weitere Erkrankungen, die insbesondere bei Personen über 65 Jahren vermehrt auftreten und die Beschwerden verschleiern können. Auch Menschen mit starkem Übergewicht spüren meist nur leichte Symptome.

Schwangere haben Probleme damit, die Beschwerden aufgrund der wachsenden Gebärmutter eindeutig zu lokalisieren, weshalb die Symptome häufig als Schwangerschaftsbeschwerden abgetan werden. Da das Risiko einer Fehlgeburt bei einer akuten Appendizitis deutlich erhöht ist, sollte hier immer eine schnelle Untersuchung erfolgen.

Neben einem untypischen Verlauf haben Personen mit einem geschwächten Immunsystem (z. B. HIV-Kranke oder Menschen unter einer Chemotherapie) zusätzlich ein erhöhtes Sterblichkeitsrisiko in Zusammenhang mit einer Appendizitis.

So wird eine Appendizitis behandelt

Bei der ärztlichen Untersuchung wird zunächst auf verschiedene Punkte im Bauchbereich gedrückt, durch die sich Schmerzen auslösen lassen. 

Außerdem können zur Diagnosesicherung Ultraschall- und Blutuntersuchung sowie weitere bildgebende Verfahren erfolgen. Ziel der modernen Diagnostik ist es, eine komplizierte von einer unkomplizierten Appendizitis zu unterscheiden und vorliegende Risikofaktoren zu erkennen.

Ist eine akute Appendizitis bestätigt, lässt sich eine Operation meist nicht vermeiden. Die Entfernung des Wurmfortsatzes geschieht heute überwiegend nicht mehr in Form einer offenen Bauch-OP, sondern minimalinvasiv durch nur kleine Einschnitte in die Bauchdecke. Die Blinddarm-OP gilt als Routineeingriff. Gravierende Komplikationen treten dabei kaum auf.

Gut zu wissen: Kann man einer Appendizitis vorbeugen?

Spezielle präventive Maßnahmen, die vor einer Blinddarmentzündung schützen, gibt es nicht. 

Dennoch können allgemeine Empfehlungen zur Darmgesundheit und zum Schutz vor Verstopfung gegeben werden – also gesunde, ballaststoffreiche Ernährung sowie ausreichend Bewegung. Außerdem sollte man bei Obstkernen vorsichtig sein.

Blinddarmentzündung: Operation besser als Antibiotika-Therapie?

In einigen Studien wurde untersucht, ob die Behandlung ausschließlich mit Antibiotika bei einer unkomplizierten Appendizitis einer Operation überlegen ist. 

Die Daten zeigen, dass im ersten Moment bei ca. 80 % der Patienten auf einen chirurgischen Eingriff verzichtet werden kann, wobei es innerhalb eines Jahres bei rund einem Drittel der Personen zu einer erneuten Entzündung kommt, die dann eine Operation unumgänglich macht. 

Eine weitere Untersuchung an Kindern sowie eine großangelegte Meta-Analyse, bei der 13 Studien mit ca. 3.000 Probanden ausgewertet wurden, kommen zu ähnlichen Ergebnissen.

Die Operation ist demnach die effektivere Variante, auch wenn nur eine unkomplizierte Appendizitis vorliegt. Einen möglichen Fall für eine alleinige Therapie mit Antibiotika stellt die unkomplizierte Entzündung mit milden Symptomen und nur leicht erhöhten Entzündungswerten dar. Außerdem sollte die Person keine weiteren Erkrankungen haben und nicht zu den oben genannten Risikogruppen gehören.

Bei einer akuten Appendizitis wird in jedem Fall, ob mit oder ohne chirurgischen Eingriff, sofort mit einer antibiotischen Therapie begonnen. Diese wird in schweren Fällen auch nach der Operation weitergeführt. Mittel der ersten Wahl sind Cephalosporine in Kombination mit einem Nitroimidazol-Derivat, wobei die Dosierung individuell erfolgt. Literatur:
https://register.awmf.org/assets/guidelines/088-011l_S1_Therapie-akute-Appendizitis-bei-Erwachsenen_2021-12.pdf
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29630245/
https://www.cochranelibrary.com/cdsr/doi/10.1002/14651858.CD015038.pub2/full/de

Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie e.V. (DGKCH); www.kinderaerzte-im-netz.de; www.vinzenz-hospital.de; DAK-Gesundheit; Barmer; Techniker Krankenkasse