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Botendienst, Temperaturkontrolle und PKV-Aut-Idem: Änderung der Apothekenbetriebsordnung

In die aktualisierte Version der Apothekenbetriebsordnung wurden unter anderem weitere Vorgaben zum Botendienst aufgenommen. | Bild: imago images / JOKER

Die Neuerungen gehören zum Maßnahmenpaket, das ursprünglich als ein zusammenhängendes Apotheken-Stärkungsgesetz gedacht war. Ein Teil davon wird nun auf dem Verordnungsweg umgesetzt. Teile dieser Verordnung traten am Dienstag (22.10.2019) in Kraft, ein anderer Teil mit Anpassungen am Apothekenhonorar folgt am 1. Januar 2020. Hier die aktuell in Kraft getretenen Änderungen und ihre Folgen für den Apothekenalltag:

Botendienst als Regelangebot

Der Botendienst ist nun nicht mehr auf den Einzelfall beschränkt. Der Kundenwunsch rechtfertigt eine solche Lieferung, aber es besteht kein Anspruch auf einen Botendienst. Es ist nun klargestellt, dass für den Botendienst keine Versanderlaubnis nötig ist. Anders als beim Versand erfolgt beim Botendienst die Auslieferung durch Boten der Apotheke. Sie unterliegen den Weisungen des Apothekenleiters. Dies unterscheidet sie grundlegend von den Mitarbeitern von Paketdiensten. 

Die Arzneimittel sind für jeden Empfänger getrennt zu verpacken und mit Namen und Anschrift zu versehen. Dies ist ebenso selbstverständlich wie die Vorschriften für eine geeignete Verpackung und eine zuverlässige Lieferung. Neu in der Verordnung ist der Verweis auf eine kostenfreie Zweitzustellung. Doch auch dies dürfte schon jetzt üblich sein, zumal der Botendienst ohnehin in den allermeisten Fällen kostenlos angeboten wird.

Pharmazeutische Boten oder telefonische Beratung

Wichtiger sind die nunmehr klaren Regeln zum Einsatz des pharmazeutischen Personals. Anders als in einem früheren Entwurf gelten sie für alle Arzneimittel. Sie waren zunächst nur für verschreibungspflichtige Arzneimittel vorgesehen, aber einheitliche Qualitätsansprüche für die Versorgung mit allen Arzneimitteln erscheinen konsequent. Hier ist der Verordnungsgeber offenbar den Einwänden der Apotheker gefolgt. Nun muss die Zustellung aller Arzneimittel durch pharmazeutisches Personal erfolgen, wenn vor der Auslieferung keine Beratung stattgefunden hat. 

Außerdem muss pharmazeutisches Personal eingesetzt werden, wenn bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln das Rezept bisher noch nicht in der Apotheke vorliegt. Wenn das Rezept also erst bei der Auslieferung der Arzneimittel beim Patienten abgeholt wird, ist ein „pharmazeutischer Bote“ also unabdingbar. Dagegen kann die Beratung auch telefonisch stattfinden. Dann muss also kein pharmazeutisches Personal für den Botendienst eingesetzt werden.

Für Rezeptsammelstellen und E-Rezept wichtig

Dies ist fundamental bedeutsam für Rezeptsammelstellen, die sonst angesichts des Personalmangels nicht zukunftsfähig wären. Demnach muss nun vor der Belieferung von Verordnungen aus Rezeptsammelstellen eine telefonische Beratung stattfinden. Dafür erscheint es sinnvoll, die Patienten an den Sammelbehältern aufzufordern, ihre Telefonnummer auf einem zusätzlichen Zettel zu vermerken, sofern sie nicht in der Apotheke bekannt sind. Für die Versorgung ländlicher Regionen erscheint dies praktikabler als bei jeder Lieferung pharmazeutisches Personal einzusetzen. 

Die Möglichkeit zur telefonischen Beratung verhindert zudem drohende künftige Wettbewerbsverzerrungen bei der Belieferung von E-Rezepten. Denn durch die E-Rezepte werden mehr Verordnungen in Apotheken ankommen, ohne dass der Patient persönlich dort erscheint. Die Vor-Ort-Apotheken werden dank der neuen Regeln ebenso wie Versandapotheken eine Lieferung direkt zum Patienten als Regelleistung anbieten können – und dies deutlich schneller.

Temperaturvorschriften auch für Lieferungen

Eine weitere Änderung der ApBetrO betrifft die Temperaturanforderungen bei der Lieferung von Arzneimitteln sowohl im Versand als auch im Botendienst. Diese Anforderungen müssen nun bis zur Abgabe an den Empfänger eingehalten werden. Dies dürfte die Versender vor weit größere Aufgaben stellen als die Vor-Ort-Apotheken mit ihren meist kurzen Lieferwegen.

Umsetzung in vielen Fällen frei gestellt

Die neue Regel lässt einen Ermessensspielraum für die Frage, wie die Anforderungen erfüllt werden. Hier ist pharmazeutischer Sachverstand gefragt. Es wird weder eine Klimaanlage noch irgendeine andere Technik vorgeschrieben. Abhängig von der Jahreszeit werden daher Kühlboxen oder ähnliche Verpackungen und möglicherweise zusätzlich Kühlakkus angebracht sein. 

Für einige Arzneimittel geht die neue Vorschrift jedoch weiter:

Die Einhaltung (der Temperaturanforderungen) muss bei besonders temperaturempfindlichen Arzneimitteln, soweit erforderlich, durch mitgeführte Temperaturkontrollen valide nachgewiesen werden.“

Auszug aus der neuen Apothekenbetriebsordnung

Temperaturlogger werden benötigt

Daraufhin werden Apotheken Temperaturlogger für Lieferungen von kühlpflichtigen Arzneimitteln einsetzen müssen. Die Auswahl zuverlässiger Geräte dürfte zur Verantwortung des Apothekers gehören. Außerdem erscheinen klare Regeln zum Einsatz dieser Geräte im QMS der Apotheke angebracht. Für Vor-Ort-Apotheken mit Boten in ihrem Verantwortungsbereich erscheint dies vergleichsweise praktikabel. Versandapotheken werden dagegen möglicherweise Einweg-Logger einsetzen müssen, sofern sie nicht auf den Versand besonders temperaturempfindlicher Arzneimittel verzichten.

Behörden können Kontrollverfahren hinterfragen

Bei der letzten Änderung des Verordnungstextes hat der Verordnungsgeber das Wort „valide“ bei den Nachweisen durch Temperaturkontrollen eingefügt. Dass Nachweise „valide“ und damit aussagekräftig sein sollen, erscheint selbstverständlich. Die Änderung erfolgte jedoch als Reaktion auf die Vorgabe des Bundesrates, dass die Kontrollverfahren im Rahmen der behördlichen Arzneimittelüberwachung auf Plausibilität überprüft werden können. Demnach soll den Behörden hier offenbar ermöglicht werden, das Kontrollverfahren zu hinterfragen.

Aut-idem-Regel für Privatversicherte

Außerdem wird eine Aut-idem-Regel für Privatversicherte, Beihilfeempfänger und andere Selbstzahler in die Apothekenbetriebsordnung eingeführt. Demnach darf auch bei Verordnungen für diese Patienten ein wirkstoffgleiches Arzneimittel mit identischer Wirkstärke und Packungsgröße abgegeben werden, sofern ein Anwendungsgebiet übereinstimmt, die Darreichungsform austauschbar ist und der verordnende Arzt die Substitution nicht ausgeschlossen hat. 

Bis dahin entsprechen die Voraussetzungen der bekannten Aut-idem-Regel für die Gesetzliche Krankenversicherung. Für die Selbstzahler kommt hinzu, dass die Person, für die das Arzneimittel bestimmt ist, mit dem Austausch einverstanden sein muss. Es geht also hier nicht um eine neue Verpflichtung zum Austausch von Arzneimitteln, sondern nur um ein zusätzliches Recht der Apotheke.

PKV-Aut-idem soll Versorgung erleichtern

Dieses PKV-Aut-idem hatten die Apotheker beim Deutschen Apothekertag 2018 in einem Antrag gefordert. Die Regel soll die Versorgung in Akutfällen erleichtern und mühsame Rücksprachen beim Arzt erübrigen. Außerdem wünschen viele Patienten eine Substitution, um spezielle vertragliche Klauseln der privaten Krankenversicherungen zu erfüllen. Letztlich dient die neue Regel damit der Entbürokratisierung. Zudem vergrößert sie den Entscheidungsspielraum in der Apotheke.

Kürzere Kennzeichnung von Rezepturen

Ein ganz kleiner, aber ebenfalls wünschenswerter Schritt gegen übertriebene Bürokratie ist auch eine neue Vorschrift zur Kennzeichnung von Rezepturen. Statt „verwendbar bis“ kann dort bei der Angabe des Verfalldatums künftig die Abkürzung „verw. bis“ benutzt werden. Bei kleinen Etiketten kann das durchaus hilfreich sein.