Übergewichtige Kinder sollen regelmäßig Blutdruck messen
Vergangene Woche richtete sich die Deutsche Hochdruckliga e.V. DHL (Deutsche Gesellschaft für Hypertonie und Prävention) mit einem Appell an alle Eltern und riet diesen „Bluthochdruck frühzeitig entgegenzuwirken und mit der ganzen Familie einen gesunden Lebensstil zu pflegen“. Dabei bezog sie sich auf eine aktuelle spanische Studie, welche zeige, dass bei übergewichtigen oder fettleibigen vier- und sechsjährigen Kindern schon ein um 2- bis 2,5-fach erhöhtes Risiko für Bluthochdruck vorliegt.
Bluthochdruck von Anfang an konsequent behandeln
Die Gesundheitsfolgen im späteren Leben werden als dramatisch beschrieben: Eine dänische Studie habe im letzten Jahr gezeigt, dass sich das Risiko, vor dem 55. Lebensjahr einen Schlaganfall zu erleiden, deutlich erhöht. Ähnlich sehe es mit dem Herzinfarktrisiko aus. „Bluthochdruck muss daher von Anfang an konsequent behandelt werden, auch im Kindesalter“, erklärt Prof. Dr. Bernhard K. Krämer, Mannheim, Vorstandsvorsitzender der DHL.
Zwar können tatsächlich auch im Kindesalter schon Schlaganfälle auftreten, diese sind aber keine direkte Folge von Bluthochdruck und Übergewicht.
Jährlich 300 Schlaganfälle bei deutschen Kindern
Laut den Berufsverbänden und Fachgesellschaften für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik sowie Kinder- und Jugendpsychiatrie in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Italien erleiden jedes Jahr 300 Kinder in Deutschland einen Schlaganfall und davon trägt jedes zehnte schwere Folgeschäden davon.
Eltern sollen aktiv Übergewicht der Kinder vorbeugen
Über 15 Prozent der Mädchen und Jungen im Alter von drei bis 17 sind laut DHL übergewichtig, fast 6 Prozent fettleibig. Rund 7 Prozent der übergewichtigen und 25 Prozent der fettleibigen Kinder haben dabei einen zu hohen Blutdruck. Eltern sollten diesem Trend gegenüber selbst aktiv werden, indem sie regelmäßige Bewegung in den Familienalltag einbauen und gemeinsam gesund kochen.
Bewegung und Ernährungsumstellung oft ausreichend
„Sollte der Arzt bei einem Kind zu hohen Blutdruck feststellen, sollte nach Abklärung der Ursache umgehend gehandelt werden: Durch die Umstellung auf eine ausgewogene Ernährung, bei Übergewicht mit dem Ziel der Gewichtsreduktion, und passende Bewegungsangebote für das Kind kann in der Regel eine Senkung oder sogar Normalisierung des Blutdrucks erreicht werden“, erklärt Prof. Dr. med. Elke Wühl, Sektion Pädiatrische Nephrologie, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Heidelberg.
In einigen Fällen medikamentöse Therapie nötig
In einigen Fällen sei eine medikamentöse Therapie aber unumgänglich. Die „European Society of Hypertension“ (ESH) empfiehlt, bei allen Kindern und Jugendlichen ab dem 3. Lebensjahr bei jedem Arztbesuch den Blutdruck zu messen, insbesondere, wenn Risikofaktoren wie chronische Erkrankungen, Frühgeburtlichkeit, Übergewicht und/oder Bewegungsmangel vorliegen.
Am 25. August 2018 wurde die neue Leitlinie der EUROPEAN SOCIETY OF HYPERTENSION (ESH) / EUROPEAN SOCIETY OF CARDIOLOGY (ESC) veröffentlicht, in ihr wird weiterhin auf die „2016 ESH Guidelines for Children and Adolescents“ verwiesen. Denn bei Kindern bis zu 16 Jahren gelten die gängigen Schweregradeinteilungen von Bluthochdruck nicht. Dementsprechend lassen sich die verschiedenen Blutdruckperzentilen für Kinder in der Leitlinie nachschlagen.
Therapie verläuft anders als bei Erwachsenen
So gestaltet sich nicht nur die Diagnose eines Bluthochdrucks bei Kindern etwas komplexer als bei Erwachsenen, auch die Therapie – obwohl stark angelehnt an die Therapie bei Erwachsenen – unterscheidet sich: „Es ist wichtig, zu verstehen, dass das, was für Erwachsene funktioniert, nicht unbedingt auch für Kinder und Jugendliche funktioniert“, liest man in der Leitlinie.
Obwohl es in den letzten Jahren deutliche Fortschritte gegeben habe, was klinische Studien an Kindern und Jugendlichen angeht, bleibe ein allgemeiner Mangel an qualitativ hochwertigen Langzeitergebnissen. Grundsätzlich sollte die Wahl des Arzneimittels aber auf die zugrundeliegende Pathophysiologie und begleitende Faktoren (z. B. Diabetes) ausgerichtet sein. So gibt es laut Leitlinie beispielsweise Hinweise, dass ACE-Hemmer und Angiotensin-Rezeptor-Blocker (ARB) auch bei Kindern mit Bluthochdruck in Verbindung mit Adipositas als Mittel der ersten Wahl zum Einsatz kommen könnten. Bei Erwachsenen scheinen die beiden Arzneimittelklassen die Häufigkeit von neu auftretendem Diabetes zu verringern und die Insulinempfindlichkeit zu erhöhen. Werden diese nicht vertragen, seien Calciumkanalblocker eine sinnvolle Alternative.