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Geschüttelt, nicht gerührt!: Antibiotikasäfte richtig herstellen und beraten

Antibiotikasäfte müssen vor der Verwendung mit Wasser rekonstituiert werden. Um Fehler zu vermeiden, lohnt es sich, Patienten in der Apotheke auf einige wesentliche Punkte hinzuweisen. | Bild: S.Kobold / Adobe Stock

Antibiotika-Trockensäfte werden vor allem in den Wintermonaten täglich abgegeben. Was für Apotheker und PTA zur Routine gehört, kann für Kunden ein „erstes Mal“ sein. Immer wieder kommt es bei der Herstellung und Anwendung der Säfte zu Fehlern, die eine falsche Dosierung des Medikaments zur Folge haben. Wie Sie das Beratungsgespräch gestalten können, um Fehlerquellen zu vermeiden und somit zum therapeutischen Erfolg beizutragen, zeigt Ihnen unsere PTA Anna Freundlich im Gespräch mit ihrer Stammkundin Frau Meyer.

PTA: Hallo Frau Meyer! 

Kundin: Hallo Frau Freundlich! Wir kommen gerade vom Kinderarzt. Marie hat ja diese heftige Erkältung. Den Hustensaft haben wir vorgestern schon gekauft, jetzt hat uns der Arzt noch ein Antibiotikum verschrieben. 

PTA: Ah, Amoxi forte. Ja, das ist ein Saft mit einem Antibiotikum. Den haben wir vorrätig. Weil der fertige Saft nicht lange haltbar ist, muss er vor der Anwendung erst mit Leitungswasser angemischt werden. Soll ich das eben für Sie erledigen? 

Kundin: Wenn der Saft dann nicht mehr lange hält, lieber nicht. Marie soll das Antibiotikum nur nehmen, wenn es über das Wochenende nicht besser wird. Vielleicht brauchen wir ihn gar nicht.

PTA: Gut, dass Sie mir das sagen. Dann erkläre ich Ihnen, wie Sie das ganz einfach zu Hause machen können. Hier an der Flasche sehen Sie eine Markierung. Bis dahin muss mit Leitungswasser aufgefüllt werden. Wichtig ist, dass Sie das Pulver vorher kurz aufschütteln. So gehen Sie sicher, dass es nicht fest zusammenklumpt und eventuell ein Teil nicht mit gelöst wird.

Geben Sie zu Beginn so viel Wasser hinzu, dass die Markierung fast (aber nicht ganz) erreicht ist. Wenn Sie das Wasser nicht direkt aus dem Wasserhahn zugeben, sondern es vorher in einen Becher abfüllen, lässt es sich besser dosieren.

Dann verschließen Sie die Flasche nochmal und schütteln kräftig. Das ist sehr wichtig, damit sich wirklich das komplette Pulver löst und das Antibiotikum hinterher auch richtig dosiert ist.

Wenn sich der Schaum vom Schütteln wieder abgesetzt hat, füllen Sie vorsichtig das restliche Wasser ein, bis die Markierung erreicht ist. Am besten halten Sie die Flasche dazu auf Augenhöhe gegen das Licht.

Lagern Sie den fertig hergestellten Saft bitte im Kühlschrank. Bevor Sie die verordnete Menge entnehmen, müssen Sie nochmal vorsichtig schütteln, falls sich wieder Wirkstoff am Boden abgesetzt haben sollte. Schütteln Sie aber bitte nicht zu kräftig, sonst dauert es sehr lange, bis der Schaum sich wieder gesetzt hat, und Sie müssen lange warten, bis Sie richtig dosieren können.

Kundin: Wo Sie das gerade sagen – ist da so ein Messlöffel dabei, damit ich das richtig dosieren kann? 

PTA: Ja, in der Packung ist ein Messlöffel beigelegt. Trotzdem kann es auch mit diesem Löffel recht leicht zu Fehldosierungen kommen. Ich gebe Ihnen von uns eine Spritze mit. Damit können Sie die richtige Dosis ganz einfach und genau aufziehen und Marie gleich in die Wangentasche geben. 

Kundin: Das ist vielleicht sowieso besser, die stellt sich ja schon beim Hustensaft so an, wenn sie den Löffel sieht ... 

PTA: Spritzen Sie Marie das Antibiotikum nicht zu schnell in den Mund, damit sie sich nicht verschluckt. Anschließend können Sie den Kolben aus der Dosierhilfe ziehen und beide Teile mit lauwarmem Wasser reinigen. 

Kundin: Schmeckt das Antibiotikum hoffentlich nicht bitter? 

PTA: Nein, keine Sorge. Der Saft enthält extra ein Fruchtaroma, das Kinder erfahrungsgemäß gut akzeptieren. All das, was ich Ihnen gerade erklärt habe, können Sie in der Packungsbeilage auch nochmal nachlesen. Dort finden Sie eine sehr übersichtliche bebilderte Anleitung. 

Kundin: Vielen Dank! Dann hoffe ich jetzt mal, dass wir den Saft gar nicht brauchen und es Marie morgen besser geht. 

PTA: Das wünsche ich Ihnen auch. Auf Wiedersehen!

Häufige Fehlerquellen

Bei der Zubereitung, Lagerung und Dosierung des Trockensaftes treten oft folgende Fehler auf: 

  • Pulver vor der Wasserzugabe nicht aufgeschüttelt 
  • Zu viel Wasser zugegeben 
  • Abgekochtes (zu heißes) Wasser zugegeben 
  • Nicht im Kühlschrank gelagert (Ausnahme: Säfte mit dem Wirkstoff Clarithromycin/Erythromycin werden bei Raumtemperatur gelagert) 
  • Vor der Dosisentnahme nicht erneut geschüttelt 
  • Messlöffel nicht genau befüllt, zum Abmessen von 1,25 ml muss der Löffel schräg gehalten werden 
  • Nicht lange genug gewartet, bis sich der nach dem Schütteln gebildete Schaum abgesetzt hat. Vor allem Amoxicillin-Säfte bilden sehr starke und lang anhaltende Schäume 
  • Einige Säfte enthalten Granulatkügelchen. Diese sollten nicht zerbissen werden, um einen bitteren Geschmack zu vermeiden (Bsp. Ciprobay® Saft)

Tipps, um Fehlern vorzubeugen

Um Fehlerquellen zu vermeiden, können Sie im Zuge des Beratungsgesprächs folgende Punkte berücksichtigen: 

  • Trockensaft in der Apotheke anmischen 
  • alternativ Herstellung genau erklären (zusätzlich auf Packungsbeilage verweisen) 
  • Spritze als Dosierhilfe mitgeben (wenn nicht vorhanden) 

Eine ausführliche Arbeitshilfe über gängige Antibiotika-Säfte und ihre Zubereitung erhalten sie auf der Website des Deutschen Apotheken Portals (DAP) und unter folgendem Link.