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Interpharm 2019: Inkompatible Rezepturen und ihre Rettung

Bild: Marc Hugger / PTAheute.de

Das Grundproblem bei der Verordnung von Rezepturen, so Ziegler: Die Ärzte orientierten sich meist ausschließlich am Therapieziel und nicht daran, ob und wie die verordneten Wirkstoffe zusammenpassen. Statt standardisierter würden deshalb bevorzugt frei komponierte Rezepturen verordnet. Bei frei komponierten Rezepturen sind sich Ärzte der potenziell auftretenden physikochemischen Inkompatibilitäten oft nicht bewusst. Da verwundert es kaum, dass manche Rezepturverordnung nach der Herstellung eher an Hüttenkäse oder Tapetenkleister erinnert als an ein qualitativ hochwertiges Arzneimittel. Das erkläre auch, weshalb sich unter den Top 20 der verordneten Rezepturen nur drei NRF-Rezepturen befinden. Eventuell auftretender galenischer Probleme und Inkompatibilitäten seien sich die Mediziner in den wenigsten Fällen bewusst.

Inkompatibilitäten

Inkompatibilitäten sind Unverträglichkeiten zwischen zwei oder mehr Bestandteilen eines Rezepturarzneimittels. Sie können zwischen Wirk- und Hilfsstoffen, aber auch als Wechselwirkung von Wirk- und/oder Hilfsstoffen mit dem Primärpackmittel auftreten. Es werden manifeste Inkompatibilitäten (sofort erkennbar) und larvierte Inkompatibilitäten (versteckt, nicht sofort erkennbar) unterschieden.

Phenolische Wechselwirkung: Wenn die Creme zum Hüttenkäse wird

Mit einer Rezeptur, die eine Creme werden sollte, jedoch zum Hüttenkäse wurde, startete Dr. Andreas Ziegler in den praktischen Teil des Vortrags. Eine ärztliche Verordnung über Tannin 5,0 g in Basiscreme DAC ad 100,0 g sollte hergestellt werden. Hier kam es in der herstellenden Apotheke zu einer Wechselwirkung zwischen den phenolischen Gruppen des Polyhydroxyphenols Tannin mit der Etherstruktur des macrogolhaltigen Emulgators Glycerol-20-monostearat in Basiscreme DAC. Dies führte zu sofortiger Präzipitatbildung; auf gut deutsch: die Creme wurde zum Hüttenkäse. Die Lösung des Problems ist der Austauch gegen eine Grundlage ohne macrogolischen Emulgator: Tannin 5,0 g in Anionischer hydrophyler Creme DAB ad 100,0 g.

Sind Verfärbungen immer Anzeichen für eine Instabilität?

Kommt es bei Rezepturen zu Verfärbungen, wie beispielsweise bei Clioquinol 2,0 g in Zinkoxid-Schüttelmixtur ad 100,0 g, ist die therapeutische Bedeutung zunächst unklar. In diesem Fall hatte sich bereits kurz nach der Herstellung konzentrationsabhängig eine gelbliche Verfärbung eingestellt. In einer Untersuchung im Zentrallabor (ZL) wurde festgestellt, dass der Clioquinol-Gehalt bereits nach wenigen Tagen drastisch gemindert war. Die therapeutische Relevanz von Verfärbungen, so Ziegler, sei nicht immer klar, jedoch oft ein Indiz für die Abnahme des Wirkstoffgehalts. Hier sei immer von einer Instabilität auszugehen, solange nicht das Gegenteil bewiesen ist. Abhilfe schafft hier der Wechsel auf eine Titandioxid-Schüttelmixtur, die keine Verfärbung zeigt. Titandioxid ist im Gegensatz zu Zinkoxid jedoch nicht antimikrobiell wirksam, weshalb die Rezeptur mit einer Aufbrauchsfrist von 1 Woche abgegeben werden muss. Die Lösung vieler Inkompatibilitätsprobleme ist der Austausch der Grundlage. Worauf man beim Austausch achten muss, erläuterte Dr. Andreas S. Ziegler anhand zahlreicher Beispiele von „Mozzarella“ bis zu „Mousse au Chocolat mit Krokant“, zwischen Photoinstabilitäten, Löslichkeitsproblemen und vielem mehr.

Dürfen inkompatible Grundlagen ausgetauscht werden?

Aber darf eine inkompatible Grundlage getauscht werden? Hier verwies Ziegler auf §7 Abs. 1 ApBetrO, unter dessen Voraussetzungen die geänderte Rezeptur im juristischen Sinne nach wie vor der Verordnung des Arztes entspricht. Außerdem gab der Referent den Hinweis, die Zubereitung mit der geänderten Zusammensetzung zu taxieren und auch einen Hinweis auf Implausibilität der Ausgangsrezeptur und die daraus resultierende Abweichung auf das Rezept aufzubringen, um eine Retaxation seitens der GKV zu vermeiden.