Umfrage der Schwenninger Krankenkasse: Sollte man Impfen zur Pflicht machen?
2.000 Bundesbürger befragte die Schwenninger Krankenkasse zum Thema Impfen. In einer Online-Umfrage (Dezember 2018) wollte die Krankenkasse unter anderem wissen, ob die Deutschen eher positiv zu einer gesetzlichen Impfpflicht stehen oder diese pauschal ablehnen. Interessiert hat die Schwenninger außerdem, wie viele der Befragten sich regelmäßig impfen ließen, ob sie Impfungen grundsätzlich für nutzlos hielten und sich ausreichend über Wirkungen und Nebenwirkungen von Vakzinen aufgeklärt fühlten. Die Ergebnisse der Umfrage sind durchaus spannend.
Auffällig ist als erstes, dass die Bürger der neuen Bundesländer „Impfen“ generell offener gegenüber stehen als die Westdeutschen. 67 Prozent der Ostbürger lassen sich regelmäßig impfen, die Westdeutschen verhalten sich hier nachlässiger: Nur 57 Prozent geben an, sich um einen regelmäßigen Impfschutz zu kümmern. Auch beim kritischen Thema „Impfpflicht“ scheinen die neuen Bundesländer gesetzlich vorgeschriebenen Impfungen offener gegenüber zu stehen als die Bürger der alten Länder. 86 Prozent der Befragten in den neuen Ländern treten für eine Impfpflicht ein, zumindest für bestimmte Personengruppen. Die alten Bundesländer sind hier zurückhaltender. Hier ergab die Umfrage, dass nur drei Viertel der Interviewten dies befürworte.
Impfpflicht für Krippen- und Kindergartenkinder
Splittet man die Ergebnisse auf, für welche Altersgruppe die Deutschen – zusammengefasst Ost- und Westdeutschland – eine Impfpflicht für sinnig erachten, dann sieht das Gros der Bundesrepublik dies für Krippen- und Kindergartenkinder gerechtfertigt: 87 Prozent. Für Erwachsene nehmen die positiven Stimmen zur Impfpflicht ab. Hier finden gerade noch einmal 39 Prozent der Befragten, dass eine Impfpflicht auch im Erwachsenenalter zu fordern sei. Bei Senioren oder chronisch Kranken verschiebt es sich wieder leicht hin zu einer stärkeren Befürwortung, hier liegen die Umfragewerte bei 51 Prozent (chronisch Kranke) und 45 Prozent (Senioren).
Warum sind die Ostdeutschen beim Impfen aufgeschlossener?
Dass die Bürger der neuen Bundesländer beim Impfen und der Impfpflicht eher befürwortend denn ablehnend eingestellt sind, mag seinen Ursprung in der Geschichte der ehemaligen DDR haben. Denn seit den 50er Jahren war eine Impfpflicht für DDR-Bürger gesetzlich verankert. So erklärt auch die Schwenninger Krankenkasse die unterschiedlichen Umfrage-Ergebnisse für die Gebiete Deutschlands. Die ehemalige Impfpflicht präge wohl auch heute noch die Einstellung der Menschen zu Schutzimpfungen. Im westlichen Teil Deutschlands hingegen galt eine Impfpflicht nur für Pocken. Mit Ausrottung der Erkrankung hierzulande wurde sodann auch die Impfpflicht 1976 aufgehoben.
Mehrheit der Befragten sieht Impfnutzen
Schön ist, dass die meisten der Online-Befragten überzeugt sind, dass Impfungen vor Krankheiten schützen können. 86 Prozent können diese Aussage bestätigen. Es bleiben 14 Prozent, die eine Schutzwirkung von Vakzinen nicht sehen. Auch beim Kollektivschutz – eine Impfung schützt nicht nur den Geimpften, sondern hilft auch, die Ausbreitung einer Erkrankung einzudämmen und zur Ausrottung dieser beizutragen – weiß die Mehrheit der Befragten, 83 Prozent, dass Impfungen kein „Soloprojekt“ sind, sondern auch Mitmenschen schützen. Die Schwenninger Krankenkasse zeigt sich hier erfreut ob des Ergebnisses und kommentiert: „Die überwältigende Mehrheit der Bundesbürger erkennt die gesamtgesellschaftliche Verantwortung, die mit dem Piks beim Arzt einhergeht. Sie weiß: Impfen rettet Leben.“
App zur Erinnerung an fällige Impfungen
Immer wieder wird angemahnt, dass eine Impfmüdigkeit um sich greift. Diese anzugehen, gestaltet sich offenbar recht schwierig. Auch hier hatte die Schwenninger Krankenkasse ein Ohr für impffördernde Maßnahmen. Würde vielleicht eine erinnernde App die Menschen eher zum Impftermin bringen? Es scheint zumindest eine Option zu sein, denn 60 Prozent der Befragten stehen einer impferinnernden App positiv gegenüber.
Bei der Aufklärung zu Impfungen – sei es zu Wirkungen oder Nebenwirkungen – könnten die Heilberufler wohl noch mehr tun. Denn nur 61 Prozent fühlen sich hier ausreichend informiert, und entsprechend 39 Prozent nicht.
Tetanus-Impfungen wichtiger als Grippe
Laut den Umfrage-Ergebnissen der Krankenkasse finden die Deutschen nicht alle von der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO) empfohlenen Impfungen gleich wichtig. 88 Prozent befürworten die Tetanus-Impfung. Wundstarrkrampf wird durch das Bakterium Clostridium tetani ausgelöst, die Patienten leiden an andauernden tonischen (zuckenden) Verkrampfungen der quergestreiften Muskulatur, unbehandelt führt Tetanus zum Tod durch Ersticken. Auch vor Polio, Kinderlähmung, sollte man sich nach Ansicht von drei Viertel der Befragten schützen. Das Poliovirus befällt Motoneurone und kann zu schweren und bleibenden Lähmungen der Infizierten führen.
Überraschen mag vielleicht, dass Masern, Mumps, Röteln und Diphterie nicht gleichauf sind mit Tetanus und Polio. Diese Impfungen rangieren laut den Befragten bei der Sinnhaftigkeit lediglich zwischen 66 und 69 Prozent. Eine Grippeschutzimpfung erachten gerade einmal 38 Prozent noch für sinnvoll. Im Gegensatz zu den obengenannten Impfungen ist der Schutz vor Influenza auch lediglich eine Indikationsimpfung, die die STIKO nur bestimmten Personengruppen empfiehlt wie chronisch Kranken, älteren Menschen oder Schwangeren ab dem zweiten Trimenon.
Dass nicht alle Impfungen gleichermaßen Befürwortung finden, überrascht wahrscheinlich nicht. Erschreckend ist vielleicht aber, dass 46 Prozent der Befragten tatsächlich denken, dass heutzutage sämtliche Erkrankungen mittlerweile gut heilbar sind.