Spahns Pläne für die Apotheken
„Um die Apotheken vor Ort zu stärken, setzen wir uns für ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ein“ – so steht es im Koalitionsvertrag, den CDU, CSU und SPD im vergangenen März unterzeichnet haben. Doch dieser „Einsatz“ ist offenbar gescheitert. Das Rx-Versandverbot ist aus Sicht von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) „europarechtlich und politisch zu unwägbar“. Daher müsse man überlegen, wie die Apotheke und die flächendeckende Versorgung jenseits des Verbots gestärkt werden könne, erklärte er am heutigen Dienstagmittag nach seinem Besuch der ABDA-Mitgliederversammlung. Er hat sich seine Gedanken bereits gemacht – und diese zur Diskussion gestellt. Nun muss sich zeigen, ob sie der nun folgenden Debatte in den Koalitionsfraktionen und in der Apothekerschaft standhalten werden. Ende Januar will Spahn die Ergebnisse jedenfalls bereits in einen Gesetzentwurf fließen lassen.
Sehen Sie hier das Video vom Pressestatement des Bundesgesundheitsministers und des ABDA-Präsidenten Friedemann Schmidt nach Spahns Besuch in der ABDA-Mitgliederversammlung.
Die acht Eckpunkte des Ministers im Einzelnen
Die Vorschläge des Ministers sind in ein Eckpunktepapier geflossen. Konkret handelt es sich um folgende Punkte:
1. Einbindung der Arzneimittelpreisverordnung in § 129 SGB V zur Stärkung des sozialen Charakters der Preisbindung
Damit, so die Begründung des BMG, würde die Einhaltung der Preisvorschriften Gegenstand des Rahmenvertrages und könne bei Missachtung gegebenenfalls sanktioniert werden. Für Privatpatienten gilt dies allerdings nicht. Die Hoffnung des Bundesgesundheitsministeriums: Sollte sich der EuGH erneut mit den Preisvorschriften befassen, könnte so der Fokus verstärkt auf die mitgliedstaatliche Kompetenz zur Ausgestaltung des nationalen Gesundheitssystems gelegt werden.
2. Begrenzung der Boni für ausländische Apotheken auf 2,50 Euro je abgegebener Packung
Damit werde dem Urteil des EuGH, das einen erschwerten Marktzugang ausländischer Versandapotheken festgestellt hatte, Rechnung getragen.
3. Evaluierung der Entwicklungen im Rx-Markt
Um zu verhindern, dass aus der Boni-Gewährung Verschiebungen der Marktanteile resultieren, die die flächendeckende Arzneimittelversorgung gefährden, will das BMG die Entwicklungen dieser Marktanteile evaluieren. Sofern der Marktanteil des ausländischen Versandhandels 5 Prozent übersteigt, sollen die Möglichkeiten zur Boni-Gewährung überprüft und reduziert werden.
4. Erhalt der freien Apothekenwahl
Klarstellen will Spahn zudem, dass an der freien Apothekenwahl nicht gerüttelt wird – nicht zuletzt im Hinblick auf das E-Rezept, das er rasch einführen will. So soll das „Makeln“ von Verschreibungen verboten werden, auch nach flächendeckender Etablierung der elektronischen Verschreibung. Weiterhin soll es ein Verbot von Einzelverträgen mit Krankenkassen mit abweichenden Preisen geben. Ebenso ein Verbot für die Kassen, Versichert beim Bezug von Arzneimitteln im Ausland zu begünstigen. Das Eckpunktepapier nennt ferner ein „Beinflussungsverbot für gesetzliche Krankenkassen“.
5. Aufstockung der Finanzmittel des Nacht- und Notdienstfonds
Durch die Erhöhung des Festzuschlags zur Förderung der Sicherstellung des Notdienstes auf 32 Cent je abgegebener Packung eines Rx-Fertigarzneimittels will Spahn die Notdienstpauschale verdoppeln. Je geleistetem Vollnotdienst werde eine Apotheke dann circa 550 Euro erhalten. Insgesamt sollen auf diese Weise 120 Millionen Euro mehr an die Apotheken fließen.
6. Zusätzliche pharmazeutische Dienstleistungen
Spahn will, dass Apotheker und Kassen zusätzliche honorierte Dienstleistungen vereinbaren – zum Beispiel für die Medikationsanalyse –, auf die Versicherte dann einen Anspruch haben. Dies soll den Apotheker als Heilberufler fördern. Eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage für den Abschluss solcher Vereinbarungen soll im SGB V geschaffen werden. Der Nichtabschluss der Vereinbarung soll sanktioniert werden. Die Verteilung der zusätzlichen Mittel – 240 Millionen Euro sieht Spahn hierfür vor – soll durch die Apothekerschaft erfolgen. Die Finanzierung soll durch einen neuen Festzuschlag in Höhe von 32 Cent je abgegebener Rx-Packung erfolgen.
7. Erhöhung der BtM-Vergütung
Durch eine Änderung in der Arzneimittelpreisverordnung soll die BtM-Vergütung um 15 Mio. Euro erhöht werden – dies soll dem Dokumentationsaufwand Rechnung tragen.
8. Verbesserung der Qualität bei Versandhandel und Botendienst und Legaldefinition des Botendienstes
Um die Qualität und Wirksamkeit von ausgelieferten Arzneimitteln zu gewährleisten, sollen einzelne Anforderungen wie Temperaturkontrolle an den Versandhandel und den Botendienst konkretisiert werden. Zudem sollen mithilfe einer Legaldefinition für den Botendienst bestehende Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Versandhandel und Botendienst ausgeräumt werden. Spahn schwebt überdies vor, den Botendienst für E-Rezepte als Alternative zum Versandhandel auszubauen.