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Kombi-Präparate bei Kopfschmerzen: So schlecht wie ihr Ruf?

Aktuelle Daten zeigen auch für Ibuprofen einen beschleunigten Wirkeintritt durch die Kombination mit Coffein. | Bild: photophonie / Adobe Stock

Am häufigsten wird zur Therapie von Kopfschmerzen auf Acetylsalicylsäure (ASS), Paracetamol und Ibuprofen zurückgegriffen. Die Wirkmechanismen dieser Wirkstoffe unterscheiden sich. So ist ASS ein Wirkstoff aus der Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR). Über Hemmung der Cyclooxygenasen COX-1 und COX-2 wird die Bildung von Prostaglandinen verringert. Daraus resultieren schmerzstillende, fiebersenkende und entzündungshemmende Effekte. Das Analgetikum Paracetamol wird nicht in die Gruppe der klassischen NSAR eingeordnet, denn es wirkt schmerzlindernd und fiebersenkend, aber kaum entzündungshemmend. Ibuprofen wiederum ist ein NSAR und wird zur Behandlung von Schmerzen, Entzündungen und Fieber eingesetzt. Im Vergleich zu Paracetamol ist der schmerzlindernde Effekt des Ibuprofens größer.

Effektivere Schmerzlinderung durch kombinierte Analgetika

Da ASS und Paracetamol auf verschiedene Weise schmerzlindernd wirken, verstärkt sich in Kombination ihre Wirkung. Zusammen sind sie wirksamer im Vergleich zur Einzelsubstanz.

Auch die Kombination von Ibuprofen mit Paracetamol führt zur Wirksteigerung. Bei akuten Schmerzen in den Gliedmaßen kann somit eine vergleichbare Schmerzreduktion erreicht werden wie mit Opioiden.

Wirkbeschleunigung durch Coffein?

Werden Analgetika zusätzlich mit dem Stimulanz Coffein kombiniert, kann der schmerzlindernde Effekt weiter verstärkt werden. So kann Coffein die schmerzstillende Wirkung - so das Ergebnis einer groß angelegten Kopfschmerzstudie - von NSAR um ca. 40% verstärken und beschleunigen. Die schmerzlindernde Wirkung von ASS und Paracetamol in Kombination könne durch das Koanalagetikum nochmals um 30 bis 70% gesteigert werden. Ergebnisse der Kopfschmerz-Studie mit über 1.700 Patienten lassen darauf schließen, dass 50 mg medizinisches Coffein als Zusatz zu den Standardanalgetika ASS (250 mg) und Paracetamol (200 mg) in einem 15 Minuten schnelleren Wirkeintritt resultiert im Vergleich zu den Einzelsubstanzen. Diese beschleunigte analgetische Wirkung, so heißt es, bewirke Coffein über die Blockade eines spezifischen Rezeptorsystems.

Studien zu Patienten mit Spannungskopfschmerz, Migräne und Kopfschmerztypen unterschiedlicher Genese zeigten, dass eine Kombination aus ASS, Paracetamol und Coffein Monopräparaten bzw. Teilkombinationen überlegen ist. Daher empfehlen Gesellschaften wie die Deutsche Migräne-und Kopfschmerzgesellschaft und die Deutsche Gesellschaft für Neurologie diese Dreierkombination als Mittel der ersten Wahl bei Migräne und Spannungskopfschmerz in der Selbstmedikation. Auch in der S1-Leitlinie „Kopfschmerz, episodische und chronische vom Spannungstyp und andere chronische tägliche Kopfschmerzen“ wird die fixe Wirkstoffkombination 250 mg Acetylsalicylsäure, 250 mg Paracetamol und 65 mg Koffein empfohlen.

Durch den Zusatz von Coffein, so das Ergebnis verschiedener Studien, kann der Bedarf an analgetischem Wirkstoff um ca. 40% reduziert werden. Dadurch muss der Körper mit weniger schmerzstillendem Wirkstoff belastet werden. Im Vergleich zu den Einzelwirkstoffen zeigt die Dreierkombination eine bessere Verträglichkeit als die Einzelwirkstoffe. Auch im Vergleich zum Migränetherapeutikum Sumatriptan schneidet die Dreierkombination vorteilhaft ab: So ist die Wirksamkeit vergleichbar bei deutlich weniger Nebenwirkungen.

Erfahrungen mit der Dreierkombination zeigen, dass diese bei bestimmungsgemäßem Gebrauch sicher ist. Die enthaltene Coffeinmenge scheint unproblematisch: In der Kombination 250 mg ASS, 200 bzw. 250 mg Paracetamol und 50 mg Coffein entspricht die Coffeinmenge in einer Schmerztablette etwa einer halben Tasse Kaffee.

Warten auf Ibuprofen plus Coffein

Coffein entfaltet auch in Kombination mit dem NSAR Ibuprofen seine Vorteile. Dies zeigt ein Cochrane Review aus dem Jahr 2014. Darin wurden Studien zu Ibuprofen in Kombination mit Coffein (100 bis 130 mg) ausgewertet. Die Studienteilnehmer litten unter Schmerzen nach einer Zahnoperation, Geburt oder unter Kopfschmerzen. Das Ergebnis: Weitere fünf bis zehn Prozent der Studienteilnehmer erreichten ein gutes Level an Schmerzlinderung durch den Zusatz von Coffein. Dieser Unterschied ist klein, aber bedeutend für die Schmerzpatienten. Ibuprofen plus Coffein ist demnach der Monosubstanz Ibuprofen hinsichtlich der analgetischen Wirksamkeit überlegen. Dabei führt die Ergänzung mit Coffein nicht zu zusätzlichen Nebenwirkungen.

Aktuelle Daten zeigen auch für Ibuprofen einen beschleunigten Wirkeintritt durch die Kombination mit Coffein. Allerdings ist die Kombination 400 mg Ibuprofen plus 100 mg Coffein aktuell noch nicht auf dem Markt verfügbar. Der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht beim BfArM hat dem OTC-Switch zugestimmt. Doch es fehlt die Zustimmung des Bundesrates zur entsprechenden Änderung der Arzneimittel-Verschreibungsverordnung (AMVV). Wobei der Begriff OTC-Switch nicht ganz zutreffend ist, denn es gibt die Kombination nicht als verschreibungspflichtige Variante. Kombinationspräparate aus Analgetika plus Coffein schließt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) von der Verordnung aus.

Fazit: Kombinierte Schmerzmittel sind empfehlenswert

Verfügbare Fertigarzneimittel mit kombinierten Analgetika führen zu einer verbesserten Schmerzlinderung. Durch Zusatz von Coffein wird dieser Effekt weiter gesteigert und die Wirkung beschleunigt, ohne dass die Wahrscheinlichkeit für Nebenwirkungen steigt. Demnach ist der schlechte Ruf der Kombi-Präparate nicht begründet und sie können Kunden mit Kopfschmerzen empfohlen werden.

Aktueller Hinweis: Analgetika-Warnhinweis-Verordnung

Nach Ablauf einer Übergangsfrist müssen OTC-Analgetika mit den Wirkstoffen Acetylsalicylsäure, Diclofenac, Ibuprofen, Naproxen, Paracetamol, Phenazon oder Propyphenazon mit folgendem Warnhinweis gekennzeichnet werden: „Bei Schmerzen oder Fieber ohne ärztlichen Rat nicht länger anwenden als in der Packungsbeilage vorgegeben!“.[14] Diese Analgetika-Warnhinweis-Verordnung gilt allerdings nur für Kombinationsarzneimittel, die ausschließlich zur Behandlung leichter bis mäßiger Schmerzen oder Fieber vorgesehen sind. Andere kombinierte OTC-Präparate mit oben genannten Wirkstoffen, wie beispielsweise Erkältungskombis, müssen nicht gesondert mit diesem Warnhinweis gekennzeichnet werden.