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Dobendan® Direkt & Co.: Flurbiprofen: Nicht für jeden Patienten geeignet

verschiedene Arzneimittel mit Flurbiprofen
Die AMK warnt vor Dobendan Direkt & Co. | Bild: Aliud Pharma / Hexal / Reckitt Benckiser / Montage: PTAheute

Flurbiprofen zählt wie Ibuprofen zu den nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR). Der Vorteil von Flurbiprofen bei der Therapie von Halsschmerzen ist, dass das von einigen Patienten als unangenehm empfundene Taubheitsgefühl durch Lokalanästhetika (Benzocain, Lidocain) fehlt.

Zu den bekannten Rachentherapeutika mit dem Wirkstoff Flurbiprofen in Deutschland zählen: 

  • Dobendan® direkt Flurbiprofen 8,75 mg Lutschtabletten
  • Dobendan® direkt zuckerfrei Flurbiprofen 8,75 mg Lutschtabletten
  • Dobendan® direkt Flurbiprofen Spray 8,75 mg/Dos.
  • Flurbiangin® 8,75 mg Lutschtabletten
  • Flurbiprofen Al 8,75 mg Lutschtabletten

Die Arzneimittel sind zugelassen für Kinder ab zwölf Jahren und Erwachsene zur Behandlung von „schmerzhaften Entzündungen der Rachenschleimhaut“.

Hypersensitivitätsreaktionen bei Flurbiprofen?

2018 machte die Arzneimittelkommission der Apotheker (AMK) darauf aufmerksam, dass immer wieder Hypersensitivitätsreaktionen gemeldet wurden, die vermutlich im Zusammenhang mit der Anwendung flurbiprofenhaltiger Rachentherapeutika standen. 

Konkret beobachteten Patienten Überempfindlichkeitsreaktionen der Atemwege, der Haut, des Magen-Darm-Trakts sowie Kreislaufbeschwerden.

Die AMK empfahl PTA und Apothekern, vor Abgabe von Rachentherapeutika mit Flurbiprofen sorgfältig den Nutzen gegen das Risiko abzuwägen. Insbesondere Patienten mit bekannten Unverträglichkeiten gegen NSAR, Patienten mit Allergien oder mit allergischem Asthma sollten keine der obengenannten Halsschmerzpräparate erhalten. Vorsichtig sollte die Apotheke generell auch bei älteren Patienten sein.

Flurbiprofen kann Infektionssymptome maskieren

Im Zusammenhang mit COVID-19 oder auch Windpocken kam immer wieder die Frage auf, ob die Einnahme von Ibuprofen zu einer Verschlechterung einer Infektion führen könnte. 

Tatsächlich kann Ibuprofen „Infektionssymptome maskieren, was zu einem verspäteten Einleiten einer geeigneten Behandlung und damit zur Verschlechterung der Infektion führen kann“, heißt es beispielsweise in der Fachinformation von „Aktren/Aktren Forte/Aktren Spezial“. 

Wie andere nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) kann auch „Diclofenac aufgrund seiner pharmakodynamischen Eigenschaften die Anzeichen und Symptome einer Infektion maskieren“, erklärt zudem die Fachinformation von „Voltaren Dolo 12,5 mg Filmtabletten“.  

Darauf soll künftig auch in den Fachinformationen von Flurbiprofen hingewiesen werden. Laut einem Bescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) soll in den Produktinformationen von systemischen Flurbiprofen-Darreichungsformen, Darreichungsformen zur Anwendung in der Mundhöhle und transdermalen Pflastern unter anderen folgender Warnhinweis zu lesen sein:

„Epidemiologische Studien deuten darauf hin, dass systemische nicht-steroide entzündungshemmende Arzneimittel (NSAIDs) die Symptome einer Infektion maskieren können, was zu einer verzögerten Initiierung einer angemessenen Behandlung führen und damit den Ausgang der Infektion verschlechtern kann. Dies wurde bei ambulant erworbener, bakterieller Lungenentzündung und bakteriellen Komplikationen bei Varizellen beobachtet. Bei der Verabreichung von [Arzneimittelname], während der Patient an Fieber oder Schmerzen aufgrund einer Infektion leidet, wird eine Überwachung der Infektion empfohlen.“

Verschlechtert sich unter Anwendung von NSAR also eine Infektion (auch an kombinierte Erkältungspräparate denken!), sollte unverzüglich ärztlicher Rat eingeholt werden, weil eine antiinfektive Therapie notwendig sein könnte.

Flurbiprofen nicht in Schwangerschaft anwenden

Bekannt ist, dass NSAR im letzten Trimenon einer Schwangerschaft (ab der 28. Woche) kontraindiziert sind. Auf der Website embryotox.de heißt es, dass Ibuprofen in den ersten zwei Dritteln einer Schwangerschaft – neben Paracetamol – zu den Analgetika/Antiphlogistika der Wahl zählt. 

Allerdings machte das BfArM im August 2022 darauf aufmerksam, dass (auch in den anderen Schwangerschaftswochen) weitere bislang eher unbekannte Risiken durch NSAR bestehen – auch bei topischer Anwendung.

Auf diese Risiken soll nun künftig auch in den Produktinformationen von Flurbiprofen-Präparaten hingewiesen werden – und zwar konkret auch bei den Darreichungsformen zur Anwendung in der Mundhöhle und bei transdermalen Pflastern. Dort soll künftig unter anderem stehen:

„Während des ersten und zweiten Schwangerschaftstrimesters sollte [Arzneimittelname] nicht angewendet werden, es sei denn, dies ist eindeutig notwendig. Bei Anwendung muss die Dosis so niedrig und die Behandlungsdauer so kurz wie möglich gehalten werden. 
Während des dritten Schwangerschaftstrimesters kann die systemische Anwendung von Prostaglandinsynthesehemmern, einschließlich [Arzneimittelname], zu einer kardiopulmonalen und renalen Toxizität beim Fötus führen. Am Ende der Schwangerschaft kann es zu einer verlängerten Blutungszeit bei Mutter und Kind kommen, und die Wehen können sich verzögern. Daher ist [Arzneimittelname] während des letzten Schwangerschaftstrimesters kontraindiziert.“

Gut zu wissen: Die Risiken von NSAR in einer Schwangerschaft

  • An Tieren wurde gezeigt, dass die Gabe eines Prostaglandinsynthesehemmers bereits bei der Entstehung einer Schwangerschaft stören kann (erhöhter prä-und post-implantärer Verlust). Zudem besteht eine gewisse Evidenz dafür, dass die Ovulation durch die Einnahme von Cyclooxygenase/Prostaglandinsynthese-Hemmern beeinträchtigt wird.
  • In der Frühschwangerschaft weisen epidemiologische Studien auf ein erhöhtes Risiko für Fehlgeburten sowie kardiale Missbildungen und Gastroschisis (fehlender Verschluss der Bauchwand) hin.
  • Ab der 20. Schwangerschaftswoche können NSAR durch eine fötale Nierenfunktionsstörung ein Oligohydramnion (verringerte Fruchtwassermenge) verursachen. Zudem kann es zur Verengung des Ductus arteriosus kommen.
  • Während des dritten Trimesters können bekanntermaßen alle Prostaglandinsynthesehemmer zum vorzeitigen Verschluss des Ductus arteriosus und pulmonaler Hypertonie führen. Zudem kann es zu Nierenfunktionsstörungen kommen.
  • Am Ende der Schwangerschaft ist eine Verlängerung der Blutungszeit möglich. Außerdem kann es zur Hemmung der Wehen kommen.

In vielen Fällen kann in der Beratung in der Apotheke alternativ beispielsweise auch zur Einnahme von Paracetamol geraten werden. 

Gibt es Alternativen zu Flurbiprofen bei Halsschmerzen?

Halsschmerzen dauern in der Regel nicht länger als drei bis fünf Tage und heilen meist spontan wieder ab. Dennoch wünschen sich viele Patienten eine Linderung der Symptome und suchen Rat in der Apotheke.  

Hauptverursacher von Infektionen des Halses sind überwiegend Viren, und zwar in 50 bis 80 Prozent der Fälle. Hiergegen sind lokale Antiseptika, wie sie in zahlreichen Halsschmerzpräparaten enthalten sind, wirkungslos. 

Generell bemängelt die Wissenschaft die fehlende Evidenz für lokale Halsschmerzpräparate – seien es Lutschtabletten, Sprays oder Lösungen zum Gurgeln. Viele Patienten finden dagegen die rein lokale Behandlung von Halsschmerzen wohl durchaus sinnig – auch wenn die Leitlinie zum Einsatz von Ibuprofen und Paracetamol rät. 

Lokale Rachentherapeutika: betäubend und desinfizierend

Halsschmerztabletten, die das gleiche Wirkprinzip wie Dobendan® direkt & Co. verfolgen und schmerz- und entzündungshemmend wirken, bietet das Portfolio der Apotheke nicht. In der Beratung können PTA auf Präparate ausweichen, die lokal betäubend und/oder antiseptisch wirken. 

Betäubend wirken: 

  • Mucoangin® (Ambroxol)
  • AnginHexal® dolo, Anaesthesin® Pastillen und Neo-angin® Benzocain dolo (Benzocain)
  • Trachilind® Halsschmerztabletten (Lidocain).

Es gibt auch Präparate, die rein auf die Desinfektion setzen und nur antiseptisch wirken – beispielsweise 

Die meisten Halsschmerztabletten kombinieren einen betäubenden Wirkstoff mit einem antiseptischen, zum Beispiel Dolo-Dobendan® Lutschtabletten. Dorithricin® und Lemocin® enthalten als dritten Wirkstoff noch das Antibiotikum Tyrothricin.

Was gibt es „Natürliches“ bei Halsschmerzen?

Patienten, die pflanzlichen Präparaten gegenüber aufgeschlossen sind, können PTA auch IslaMoos® (unterschiedliche Geschmacksrichtungen) oder Aspecton® mit der Flechte Isländisch Moos anbieten. Die schleimhaltige Droge soll mechanisch durch einen Schutzfilm im Rachen die Halsschmerzen lindern. 

Befeuchtend wirken Präparate mit Hyaluronsäure. GeloRevoice® oder Cevitt® beziehungsweise Isla® med hydro sind hier einige Beispiele.