Anwendungsfehler ansprechen: Problem erkannt, Problem gebannt
Wie sage ich es meinem Kunden?
Herr Schwarzmeier, ein älterer, freundlicher Herr, der regelmäßig in die Apotheke kommt, muss seit ein paar Wochen bei Bedarf ein Medikament gegen Asthma nehmen. Da die Abstände zwischen den Asthmaanfällen relativ groß sind, vergisst Herr Schwarzmeier immer wieder, wie das Asthma-Device bedient wird, und ist dadurch verunsichert.
Gerade bei älteren Patienten ist es besonders wichtig, immer wieder nachzufragen, ob sie mit dem verordneten Medikament und dessen Einnahme gut zurechtkommen, ob es Probleme bei der Einnahme gibt, ob Nebenwirkungen oder Unverträglichkeiten aufgetreten sind. Viele Patienten trauen sich nicht, beim Arzt all ihre Fragen zu stellen, und fühlen sich mit ihrer Erkrankung alleingelassen. Daher ist eine gute und einfühlsame Beratung notwendig.
Lebensumstellung
Ist ein Patient plötzlich mit einer chronischen oder langwierigen Erkrankung konfrontiert, kann er schnell überfordert sein. Unter Umständen verändert sich sein Leben komplett und er muss sich mit der neuen Situation arrangieren, was mehr oder weniger gut gelingen kann. Zusätzlich kommt dann die Einnahme von Medikamenten in speziellen Arzneiformen dazu, beispielsweise Inhalationsdevices oder Insulinpens. Zunächst ist es unvorstellbar und sehr umständlich, damit im Alltag umzugehen. Mit der Zeit wird es immer selbstverständlicher. Zum Glück sind die meisten Menschen sehr anpassungsfähig und meistern die neuen Umstände recht gut. Das Apothekenteam sollte zur ersten Anlaufstelle und zum Vertrauenspartner für den Patienten werden. Begleiten Sie ihn bei den ersten Schritten im „neuen“ Leben und erklären Sie ihm neue Medikamente entsprechend seinen Fähigkeiten. Fragen Sie auch bei den nächsten Besuchen immer wieder nach, ob es Probleme bei der Einnahme oder der Anwendung gibt. Sorgen Sie für eine vertrauensvolle Stimmung, in der die Privatsphäre des Kunden gewahrt wird. Falls nötig, bitten Sie ihn dafür an einen anderen Beratungsplatz. Vermitteln Sie ihm Sicherheit. Wenn Sie nachfragen, wie er seine Medikamente einnimmt, tun Sie es vorsichtig und freundlich. Ermuntern Sie ihn, Fragen zu stellen und die Benutzung von Geräten zu demonstrieren. Unterstützen Sie ihn mit Erklärungen anhand von Demogeräten und stellen Sie ihm weitere Infomaterialien zur Verfügung. Der Großteil der Kunden wird sich sicherlich über solch aufmerksame Mitarbeiter freuen und es ihnen danken.
Das Wichtigste in Kürze
- Apotheken können sich als wertvolle Partner für den Patienten in Krankheitszeiten weiterentwickeln, wenn eine vertrauensvolle Beziehung aufgebaut wird.
- Die richtige Kommunikation und Einfühlsamkeit sind entscheidend für den Aufbau einer guten Kundenbeziehung.
- Verschiedene Kundentypen wollen zielgruppengerecht angesprochen und versorgt werden. Versuchen Sie, Ihr Gegenüber zu verstehen und Ängste zu entkräften.
- Ältere Patienten sind eventuell langsamer, hören und sehen nicht mehr so gut. Denken Sie im Kundengespräch daran und bleiben Sie geduldig.
- Mithilfe verständlicher Anleitungen mit Abbildungen in größerem Maßstab, Anwendungsvideos, Demonstrationen in der Apotheke und Handzetteln können die Kunden unterstützt werden.
Inhalationsgeräte und Insulinpens
Bei den vielen unterschiedlichen Inhalationsgeräten ist es kein Wunder, dass diese nicht gleich perfekt bedient werden können. In der Apotheke kann die richtige Bedienung mit Demogeräten veranschaulicht werden. Stehen sie nicht zur Verfügung, können Erklärungsvideos genutzt werden. Diese werden vom jeweiligen Hersteller oder beispielsweise von der Deutschen Atemwegsliga e. V. angeboten. Letztere bietet auch hilfreiche Checklisten für verschiedene Geräte an. Sie helfen unsicheren oder vergesslichen Kunden bei der Benutzung zu Hause auf die Sprünge. Es lohnt sich, diese zur Beratung hinzu zuziehen oder sie dem Kunden mitzugeben. Im Internet finden sich Schritt für Schritt Fotostrecken und kleine Filme zur richtigen Handhabung und Anwendung diverser Insulinpenmodelle. Es lohnt sich, diese selbst anzuschauen, um jeden Schritt gut erklären zu können. Legen Sie sich eine Schritt-für-Schritt-Anleitung bereit und gehen Sie diese mit dem Kunden durch.
Kompressionsstrümpfe und Verbände
Bei Kompressionsstrümpfen und Verbänden tun sich jüngere Menschen deutlich leichter, denn sie sind noch beweglich und haben mehr Kraft in den Händen. Beim Erklären und Üben sollten Sie sich in die andere Person hineinversetzen und nach Lösungen suchen, die das Anziehen erleichtern, wie beispielsweise die Benutzung von Anziehhilfen.
Die entlarvende Stimme
Durch Gestik, Mimik, Betonung, Stimmlage und Dialekt kommen beim Gesprächspartner immens viele nonverbale Botschaften an. Eine aktuelle Studie von Michael Kraus (Yale University) empfiehlt, die Augen zu schließen und der Stimme des anderen zuzuhören, um dessen Gefühle zu entschlüsseln. Dabei ist es egal, was gesagt wird. Eine Studie hat herausgefunden, dass die Stimme bei Weitem aussagekräftiger ist als die Mimik. Der Begriff „ein Pokerface aufsetzen“ sagt es schon: Die Mimik kann besser kontrolliert werden und somit in die Irre führen. Dagegen ist es viel schwieriger, die Färbung der Stimme zu kontrollieren, um Gefühle zu verbergen. Probieren Sie es doch mal im Gespräch mit Freunden oder der Familie aus und hören Sie gut zu.
Kommunikations- Tipps
- Fühlen Sie sich in Ihren Patienten hinein, um seine Situation besser zu verstehen.
- Schaffen Sie eine vertrauensvolle Atmosphäre.
- Beschränken Sie Ihre Erklärung auf die elementaren Punkte, die zum Benutzen oder Verstehen wichtig sind.
- Legen Sie sich unterstützende Unterlagen, Abbildungen oder eine Checkliste bereit.
- Bieten Sie dem Kunden an, in ein paar Tagen oder Wochen wiederzukommen, um die Anwendung zu überprüfen.
Der verunsicherte Patient
Dieser Kunde hat ein großes Sicherheitsbedürfnis. Vielleicht ist er grundsätzlich unsicher – auf alle Fälle beschäftigt ihn seine Gesundheit beziehungsweise seine Erkrankung sehr. Er sucht nach Halt. Deshalb ist es für ihn besonders wichtig, im Gespräch diese Sicherheit vermittelt zu bekommen und ernst genommen zu werden. Kompetente Beratung, einfühlsame Gesprächsführung und eine ruhige Ausstrahlung sind hier besonders wichtig. Nehmen Sie sich die Zeit, alle Fragen des Kunden durchzugehen. Bestärken Sie ihn, sich für den nächsten Arztbesuch mit einer Frageliste vorzubereiten, um nichts zu vergessen.
Der Besserwisser
Mit dem Besserwisser ist das Gespräch nicht immer ganz einfach. Er ist vermeintlich gut informiert und lässt sich nicht gern etwas sagen. Es kann sein, dass er versucht, Ihre Schwachstelle in Form von fehlendem Wissen zu entdecken. Er steht jeglicher Beratung sehr kritisch gegenüber. Lassen Sie sich nicht aus der Ruhe bringen oder gar verunsichern. Sie haben immer das Wohl des Patienten im Fokus, sind fachlich kompetent und das vermitteln Sie ihm überzeugend.
Der Ungeduldige
Hier haben Sie es mit einem Patienten zu tun, der sich ungern Zeit nimmt. Bei ihm ist es wichtig, kurz und knapp die Dinge auf den Punkt zu bringen. Lange Erklärungen sind nichts für ihn. Das gilt auch für Bedienungsanleitungen oder Einnahmeangaben. Erklären Sie nur die wichtigsten Funktionen und Fakten. Sie sollten lieber beim nächsten Besuch des Kunden nachfragen, ob alles gut geklappt hat oder ob noch Fragen aufgetaucht sind.
Wie erkläre ich es meinem Kunden?
- „Wie kommen Sie mit der Anwendung Ihres Insulinpens zurecht?“
- „Sollen wir uns die Benutzung nochmals gemeinsam anschauen?“
- „Darf ich Ihnen die Anwendung einmal zeigen?“
- „Diese Anleitung zeigt Schritt für Schritt, wie es geht. Möchten Sie es gleich selbst ausprobieren?“
- „Kommen Sie doch in einer Woche nochmals vorbei und wir schauen gemeinsam, ob alles gut klappt.“
Der ungeschickte Kunde
Manche Menschen fühlen sich ungeschickter, als sie in Wirklichkeit sind. Wenn dann etwas wider Erwarten klappt oder sie es auf Anhieb können, freuen sie sich sehr. Wenn Sie den Patienten die Verwendung des Gerätes oder Devices mehrfach ausprobieren lassen, kommt das Selbstvertrauen und er traut sich mehr zu. Bieten Sie ihm ruhig an, bei Fragen anzurufen oder nochmals vorbeizukommen, damit Sie es ihm erneut demonstrieren können.
Ältere Patienten
Im Alter kommt so manches Zipperlein, es lassen einige Sinne und Fertigkeiten nach. Das Hör- und Sehvermögen und die Feinmotorik nehmen ab, Gelenke und Muskeln werden steifer und der Mensch insgesamt etwas langsamer. Als junger Mensch kann man sich das fast nicht vorstellen und wird deshalb schnell ungeduldig mit Senioren, wenn etwas nicht sofort verstanden oder umgesetzt werden kann. Seien Sie hier verständnisvoll und geduldig. Stellen Sie sich vor, wie es ist, wenn die Bewegungen einschränkt sind und Sie nicht mehr richtig sehen können. Es ist sicherlich einfach nachzuvollziehen, dass Beipackzettel oder Gebrauchsanleitungen nicht mehr gut gelesen werden können. Daher ist es sehr sinnvoll, Abbildungen in größerem Maßstab zu zeigen.