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Zurück im Job: So funktioniert die Wiedereingliederung

Wer schon einmal für eine besonders lange Zeit krank war, weiß, wie schwierig und langwierig es ist, wieder „auf die Füße zu kommen“. Man ist oft körperlich und/oder seelisch geschwächt und auch die Alltagsroutine ist keine Routine mehr und muss oft erst wieder neu erlernt und eingeübt werden.
Noch spürbarer ist vielfach der entstandene Abstand zum Beruf. Angesichts der rasanten technischen Entwicklung und der sich ständig ändernden bürokratischen Anforderungen kann es für PTA und andere Apothekenmitarbeitende mit einigen Herausforderungen verbunden sein, nach Monaten der Krankheit wieder an den Arbeitsplatz zurückzukehren. Solchen Herausforderungen müssen sich natürlich nicht nur Apothekenangestellte stellen.
Betriebliches Wiedereingliederungsmanagement im Sozialgesetzbuch geregelt
Um zu vermeiden, dass mit der Überforderung bei der Rückkehr an den Arbeitsplatz ein Rückfall eintritt, hat der Gesetzgeber das „Berufliche Wiedereingliederungsmanagement“ (BEM) geschaffen. Allerdings nicht allein aus fürsorglichen Motiven: Arbeitnehmer sollen schnell wieder arbeiten und Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zahlen.
Die Rechtsgrundlagen für das BEM finden sich im Sozialgesetzbuch 9 (SGB IX). In § 167 Abs. 2 SGB IX ist festgehalten: „Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, klärt der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung [...] mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement).“
Eine etwas komplizierte Formulierung, mit der erreicht werden soll, dass Langzeiterkrankungen, die eventuell sogar in ein Ausscheiden aus dem Erwerbsleben münden, durch geeignete Maßnahmen verhindert werden.
Ab wann erfolgt eine Wiedereingliederung?
Diese gesetzliche Vorschrift gilt unabhängig von der Anzahl der Beschäftigten auch im Kleinbetrieb und ist damit auch im Apothekenbereich anwendbar. Voraussetzung für die Einleitung von sogenannten BEM-Maßnahmen ist, dass der Mitarbeitende innerhalb eines Jahres mehr als sechs Wochen arbeitsunfähig ist. Der Zeitraum ist dabei nicht an das Kalenderjahr geknüpft.
Maßgeblich ist der Zeitpunkt, an dem die erste Erkrankung eingetreten ist. Das bedeutet für die Apothekenleitung eine erhöhte Aufmerksamkeit: Es kommt nicht auf das Gefühl an, ob jemand ständig krank ist, sondern die Dauer und zeitliche Häufung müssen erfasst werden. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Mitarbeitende aufgrund derselben Erkrankung immer wieder ausfällt oder ob es sich um unterschiedliche Diagnosen handelt.
Hierbei können moderne Arbeitszeiterfassungssysteme nützlich sein. Wer als angestellte PTA für das Personal zuständig ist, sollte unter Umständen mit der Apothekenleitung über deren Einsatz sprechen – soweit sie noch nicht vorhanden sind.
Gespräch zwischen Apothekenleitung und Arbeitnehmer zur Wiedereingliederung
Liegen die Voraussetzungen für eine Wiedereingliederung vor, muss die Apothekenleitung den häufig oder langfristig erkrankten Mitarbeitenden zu einem sogenannten BEM-Gespräch einladen. Gemeinsam soll mit der betroffenen Person geklärt werden, ob die Arbeitsfähigkeit durch Maßnahmen am Arbeitsplatz wiederhergestellt werden kann.
Dazu wird ein Einladungsschreiben verschickt, an das formale Anforderungen gestellt werden. Dafür verwendet die Apothekenleitung häufig Vordrucke, die in einer sehr förmlichen Sprache gehalten sind. Viele sind durch ein solches Einladungsschreiben verunsichert und fühlen sich unter Druck gesetzt, wenn es im Briefkasten liegt.
Man braucht sich aber keine Gedanken machen: Die Apothekenleitung lädt in der Regel nur zum BEM-Gespräch ein, um die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen und mögliche Nachteile zu vermeiden. Zudem gibt es für die Angeschriebenen keine Verpflichtung, an dem Gespräch teilzunehmen. Man kann also die Einladung zu einem BEM-Gespräch ablehnen, wenn man sich dem nicht gewachsen fühlt oder keinen Grund dafür sieht.
Hilfsmittel unterstützen die Wiedereingliederung des Arbeitnehmers
Abhängig von der Art der Erkrankung kann so ein Gespräch jedoch sinnvoll sein. Gibt es zum Beispiel orthopädische Einschränkungen, kann über den Einsatz von geeigneten Unterstützungen wie zum Beispiel einem Stehhocker oder ergonomischen Sitzgelegenheiten diskutiert werden. Diese werden unter Umständen von der Krankenkasse oder der Rentenversicherung bezuschusst.
Bei psychischen Erkrankungen ist es manchmal weniger greifbar, an welcher Stelle Betroffene Entlastung finden können. Gleichzeitig sollte man als erkrankte Person versuchen, die positive und unterstützende Idee des BEM zu sehen: Es ist letzten Endes auch für den Betroffenen die beste Lösung, erwerbstätig zu bleiben. Nicht zuletzt im Hinblick auf die Einkommenssituation im Alter.
Unterstützt durch den Arzt und unter Umständen auch durch das Integrationsamt, können im BEM-Gespräch alle Möglichkeiten zum Wiedereinstieg ausgelotet werden. Eine Vertrauensperson kann zur Unterstützung ebenfalls hinzugezogen werden.
Stufenweise Wiedereingliederung, um sich an die Arbeit zu gewöhnen
Bei längeren Erkrankungen schlagen teilweise auch behandelnde Ärzte eine stufenweise Wiedereingliederung vor. Das kann sinnvoll sein, um den Genesenden langsam wieder an die ursprüngliche Tätigkeit heranzuführen.
Die stufenweise Wiedereingliederung wird umgangssprachlich auch das „Hamburger Modell“ genannt und von den Krankenkassen durchgeführt und finanziert.
Während der Wiedereingliederung ist man – technisch gesehen – weiterhin „arbeitsunfähig“ und bezieht daher Krankengeld durch die Krankenkasse. Für die Apothekenleitung entstehen also keine Kosten, außer unter Umständen durch den organisatorischen Aufwand. Je nachdem, in wie vielen Stufen und mit welcher Stundenzahl die Wiedereingliederung vorgeschlagen wird, kann der Aufwand auch für das Team unterschiedlich hoch sein.
Wiedereingliederung in der Apotheke: Auf Stundenzahl und Schließungen achten
Bei der Besprechung mit dem behandelnden Arzt sollte der genesende Mitarbeitende seine eigenen Ideen und Wünsche miteinbringen können – gerade was die beruflichen Herausforderungen angeht.
Wenn zum Beispiel eine bestimmte Stundenzahl pro Tag vorgeschlagen wird, ist der Arztpraxis oft nicht bewusst, dass in Apotheken an sechs Tagen in der Woche gearbeitet wird. Wenn zurückkehrenden PTA ein Wochenende zur Erholung eingeräumt werden soll, muss darauf geachtet werden, dass auch gleichzeitig eingeplant wird, dass die Arbeit zum Beispiel nur an fünf Tagen in der Woche geleistet werden soll.
Ebenso gibt es in der Rechtsberatung manchmal die Frage, wie mit Mittagschließungen in der Apotheke umgegangen wird. Bei Mitarbeitenden, die einen langen Arbeitsweg haben, kann eine Arbeitszeit von fünf Stunden pro Tag eine lange und anstrengende Abwesenheit von zu Hause bedeuten – insbesondere wenn wegen der Schließzeiten der Apotheke nur vier Stunden am Stück geleistet werden können.
Apothekenteam kann Wiedereingliederung unterstützen
Die Apothekenleitung ist übrigens nicht dazu verpflichtet, der Wiedereingliederung zuzustimmen. Deshalb kann es für Mitarbeitende sinnvoll sein, auch während einer Erkrankung in Kontakt mit der Apothekenleitung zu bleiben und diese schonend auf die Möglichkeit des stufenweisen Wiedereinstiegs vorzubereiten.
Gut zu wissen: Kein BEM-Gespräch durch Apothekenleitung
Bietet die Apothekenleitung allerdings kein BEM-Gespräch an, muss sie sich für den Fall einer krankheitsbedingten Kündigung entgegenhalten lassen, dass sie nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft hat. In einem Kündigungsschutzverfahren könnte man dann geltend machen, dass die Arbeitsunfähigkeit durch entsprechende Maßnahmen hätte beendet werden können.
Wird die Arbeitsunfähigkeit durch eine psychische Überlastung ausgelöst, die vielleicht sogar durch Konflikte im Team oder mit der Apothekenleitung begründet ist, haben Vorgesetzte oft die Sorge, dass das Team die Einarbeitung des erkrankten Mitarbeitenden nicht stemmen wird.
Je unklarer die Situation, desto geringer ist oft die Bereitschaft. Das ist natürlich besonders unglücklich, weil es gerade Personen mit einer psychischen Überlastung schwerfällt, selbstbewusst für ihre Rechte und Belange einzustehen. An dieser Stelle können Kollegen ein gutes Werk tun und es dem Teammitglied so leicht wie möglich machen. Dazu gehören nicht nur Wertschätzung und Hilfestellung, sondern auch im Vorfeld das Signal an die Vorgesetzten, dass das Team bereit für die Wiedereingliederung ist.
Auch wenn das Team wegen des Ausfalls des Mitarbeitenden Mehrarbeit leisten musste: Mit einem guten „Reboarding“ gewinnt das Team nicht nur einen Kollegen zurück, sondern wird durch die Gemeinschaftsleistung gestärkt.