Methadon – nicht nur zur Drogensubstitution
Methadon kann nicht nur im Rahmen einer Substitutionstherapie verschrieben werden, sondern auch zur Schmerzbehandlung. Dann gelten die Regeln für eine normale BtM-Verordnung, nicht die der Substitutionsverordnung, und es darf auf keinen Fall ein „S“ vermerkt sein! Lediglich der Buchstabe „A“ ist bei Überschreiten der zulässigen Verordnungshöchstmenge von 3600 mg innerhalb von 30 Tagen erlaubt beziehungsweise zwingend erforderlich.
Einsatz als Schmerzmittel
Methadon ist ein vollsynthetisch hergestelltes, starkes Schmerzmittel und gehört im Stufenschema der WHO in die Stufe III, also zu den stark wirksamen opioidhaltigen Schmerzmitteln, ebenso wie Fentanyl und Morphin. Es wird zur Behandlung starker akuter und chronischer Schmerzen eingesetzt. Zur Schmerztherapie ist in Deutschland nur Levomethadon (L-Polamidon®) als Fertigarzneimittel zugelassen. Levomethadon bindet an die Opioidrezeptoren und löst damit ähnliche Wirkungen aus wie Morphin und Heroin. Im Vergleich zu den anderen Opioiden unterscheidet es sich durch die wesentlich längere Wirkungsdauer und das langsamere Anfluten im Gehirn. Somit erzeugt Levomethadon bei oraler Einnahme keine euphorischen Gefühle (Kicks).
Substitutionsmittel bei Heroinabhängigkeit
Seit den 1960er Jahren wird Methadon als Substitutionsmittel gegen körperliche Entzugserscheinungen bei Heroinabhängigkeit eingesetzt. Im Rahmen einer Drogensubstitutionstherapie wird dem Patienten statt des Heroins die Ersatzdroge Methadon verabreicht. Dadurch soll das Verlangen nach der ursprünglichen Droge ausgeschaltet und gleichzeitig sollen Entzugserscheinungen verhindert werden. Der Abhängige kann so nach und nach wieder in das soziale Leben eingegliedert werden. Die Substitutionsdroge Methadon wird ausschleichend dosiert. Hierbei wird die Dosis in kleinen Schritten verringert, sodass der Patient weniger Entzugserscheinungen spürt. Auf Rezepten für Substitutions-Patienten muss der Arzt das Sonderkennzeichen »S« für Substitution vermerken.
Methadon und Levomethadon - Was ist der Unterschied?
D,L-Methadon ist ein vollsynthetisch hergestelltes Gemisch (Racemat) von zwei spiegelbildlichen Molekülen, dem D-Methadon und dem L-Methadon im Verhältnis 1:1. Das linksdrehende L-Methadon (Levomethadon) hat eine starke schmerzlindernde Wirkung. Das rechtsdrehende D-Methadon ist der stärkste bekannte Hustenblocker und ist auch verantwortlich für die starke Wirkung des Gemisches auf Nervenschmerzen.
Methadon in der Krebstherapie
Das Politmagazin „Plusminus“ berichtete im April dieses Jahres von Patienten, die zusätzlich zu ihrem Chemotherapeutikum D,L-Methadon erhalten. Methadon soll bei Patienten mit Tumoren die Wirkung von Chemotherapien verstärken und zu einer fast vollständigen Zerstörung der Tumoren führen. Dieser und weitere Medienberichte haben zahlreiche Diskussionen ausgelöst: Viele Patienten schöpfen neue Hoffnung, während die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie (DGHO) beispielsweise auf die unzureichende Datenbasis hinweist und vor Risiken einer unkontrollierten Off-label-Anwendung von Methadon warnt. Es sei nicht klar, ob günstige Therapieverläufe tatsächlich durch Methadon verursacht wurden.
Vereinfacht erklärt wird die Wirkung folgendermaßen: Methadon dockt an die Opioid-Rezeptoren der Krebszelle an und öffnet Kanäle, um das Zytostatikum leichter in die Zellen eindringen zu lassen. Zudem stört Methadon den Pumpmechanismus, mit dem die Krebszellen normalerweise das Zytostatikum als Abwehrreaktion wieder nach draußen befördern. Dadurch verbleibt das Zytostatikum in einer größeren Menge in der Zelle und wird nur noch in geringerer Dosis benötigt. Das Zytostatikum hingegen erhöht die Rezeptorendichte auf der Zelle und bietet Methadon mehr Andockstellen. Somit können sich D,L-Methadon und das Chemotherapeutikum durch einen doppelten Synergismus in ihrer Wirkung verstärken.
Dieses Phänomen beobachtete die Chemikerin Dr. Claudia Friesen vom Institut für Rechtsmedizin der Uniklinik Ulm schon im Jahr 2008 im Labor. Im Tierversuch zeigte sich das selbe Ergebnis. Mittlerweile hat sie diese Wirkung bei mehreren Krebspatienten dokumentiert.
Indikation muss nicht hinterfragt werden
Verschreiben Ärzte ihren Tumorpatienten Methadon nicht zur Schmerzbehandlung, sondern zur Tumorbekämpfung, dann erfolgt diese Therapie off label unter der Verantwortung des Arztes. Dieser trägt auch das Risiko eines möglichen Regresses. Der Apotheker muss bei Rezeptvorlage die Indikation nicht hinterfragen.