Vitamin B
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Vitamin B1: Thiamin für die Nerven

Lebensmittel mit Vitamin B1
Größere Mengen an Vitamin B1 finden sich in Schweine- und Rindfleisch sowie in Weizenkeimen und Sonnenblumenkernen. |  Bild: monticellllo / AdobeStock

Vitamin B1 (Thiamin) kann man salopp als „Nervenvitamin“ bezeichnen, denn es ist an der Reizweiterleitung in den Nerven und am Stoffwechsel von Neurotransmittern im Gehirn beteiligt. Sein Bedarf wird leider nicht immer gedeckt. Wer hat ein erhöhtes Risiko für ein Defizit? Wie wirkt sich dieses aus und was kann man empfehlen?

Was macht Vitamin B1 im Körper?

Die aktive Form von Vitamin B1 – Thiamindiphosphat – ist im menschlichen Körper als Coenzym für unterschiedliche Enzyme des Kohlenhydrat- und Energiestoffwechsels notwendig. 

Als Phosphatspender ist Vitamin B1 an der Reizweiterleitung beteiligt und hat somit eine wichtige Funktion im Nervensystem. Darüber hinaus spielt es eine Rolle beim Kollagenaufbau.

In welchen Lebensmitteln steckt Vitamin B1?

Vitamin B1 gehört zu den wasserlöslichen Vitaminen und ist für den Menschen, wie praktisch alle Vitamine, essenziell. Es muss also über die Nahrung zugeführt werden. Angesichts der Tatsache, dass Vitamin B1 in fast allen pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln vorkommt, sollte das kein Problem sein. 

Allerdings sind die Konzentrationen an Vitamin B1 in Lebensmitteln sehr unterschiedlich. Größere Mengen findet man vor allem in Schweine- und Rindfleisch. Bei den pflanzlichen Lebensmitteln weisen hauptsächlich Weizenkeime und Sonnenblumenkerne höhere Konzentrationen auf. Davon verzehrt man jedoch in der Regel nur kleine Mengen. 

Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, sind gegenüber sich omnivor ernährenden Menschen somit hinsichtlich der Vitamin-B1-Zufuhr im Nachteil. Beachten muss man zudem, dass Vitamin B1 ein sensibles Molekül ist. 

Es muss vor Licht, Wärme und Oxidation geschützt werden. Aufgrund seiner Thermolabilität entstehen bei der Nahrungszubereitung Verluste von bis zu 40 Prozent. 

Wie viel Vitamin B1 brauchen wir?

Die empfohlene Zufuhrmenge für Vitamin B1 liegt gemäß den D-A-CH-Referenzwerten der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) für Erwachsene bei 1 (Frauen) bis 1,3 (Männer) mg pro Tag. 

In Schwangerschaft und Stillzeit ist der Bedarf erhöht (1,2 bis 1,3 mg/Tag). Das liegt daran, dass die Vitamin-B1-Zufuhr in Abhängigkeit von der Energiezufuhr erfolgt, da das Vitamin als Coenzym im Kohlenhydrat- und Energiestoffwechsel dient. Pro 1.000 kcal Nahrungsenergie sollten mindestens 0,33 mg Vitamin B1 zugeführt werden. 

Wer hat ein erhöhtes Risiko für einen Thiamin-Mangel?

Die Versorgung der Allgemeinbevölkerung mit Vitamin B1 gilt als ausreichend. Ein erhöhtes Risiko für einen Mangel haben insbesondere Diabetiker, Patienten mit einer Herzinsuffizienz sowie Alkoholkranke. 

Eine Unterversorgung findet man zudem häufiger bei Senioren. Das liegt einerseits daran, dass sie nicht immer genügend Vitamin B1 über die Nahrung zuführen bei gleichzeitig nachlassender Resorptionsleistung, andererseits sind die als Risikofaktoren genannten Erkrankungen Diabetes und Herzinsuffizienz bei Senioren häufiger anzutreffen.  

Da der Vitamin-B1-Bedarf sich nach dem Energieumsatz richtet, besteht das Risiko einer Unterversorgung außerdem immer dann, wenn vermehrt Energie zugeführt wird bzw. werden sollte, z. B. in Schwangerschaft und Stillzeit. 

Die Halbwertszeit des im Körper vorhandenen Vitamin B1 beträgt neun bis 18 Tage. Vitamin-B1-Speicher im engeren Sinne gibt es nicht. Ein Defizit kann daher bereits nach wenigen Wochen Vitamin-B1-armer Ernährung auftreten.

Was passiert bei einem Vitamin-B1-Mangel?

Ein Vitamin-B1-Mangel zeigt sich aufgrund der Bedeutung des Vitamins für den Kohlenhydrat- und Energiestoffwechsel vor allem an Organen und Geweben, die einen hohen Glucose- bzw. Energieumsatz haben. Dazu gehören die Nerven und das Herz. 

Die klassische Vitamin-B1-Mangelerkrankung Beriberi zeigt sich in Neuropathien, Krämpfen, Bradykardien (verlangsamter Herzschlag) oder Lähmungserscheinungen. Sie tritt hierzulande allerdings praktisch nicht mehr auf. 

Latente Mangelzustände sind dagegen keine Seltenheit und äußern sich in eher unspezifischen Beschwerden wie Reizbarkeit, Müdigkeit oder Konzentrationsschwäche. 

Wie kann man einen Thiamin-Mangel ausgleichen?

Ob ein Vitamin-B1-Defizit vorliegt, kann durch Messung der Transketolase-Aktivität im Hämolysat nach Zusatz des Coenzyms Thiamindiphosphat bestimmt werden. Ist ein Mangel an Vitamin B1 bekannt oder hat ein Apothekenkunde ein erhöhtes Risiko für einen entsprechenden Mangel (z. B. Diabetiker oder Herzinsuffizienz-Patienten), sollte dieser natürlich ausgeglichen bzw. ihm vorgebeugt werden. 

In erster Linie sollte eine ausreichende Versorgung mit Vitamin B1 über die Ernährung erfolgen. Lässt sich dies nicht oder nur schwer realisieren, kann auch auf Supplemente zurückgegriffen werden.  

Vitamin B1 wird in einer Fülle von Nahrungsergänzungsmitteln angeboten – allein oder, sehr viel häufiger, in Kombination mit weiteren B-Vitaminen. Arzneimittelstatus haben vor allem Injektionslösungen mit dem Vitamin (oder einer Kombination aus B-Vitaminen).  

In Form der fettlöslichen Vitamin-B1-Vorstufe Benfotiamin liegt es zudem in dem Arzneimittel milgamma® protect vor.  

Vitamin-B1-haltige Supplemente (eine Auswahl)

PräparatKonzentration/Tagesdosis
Vitamin-B1-Monopräparate
Glycowohl Vitamin B1400 mg
Vitamin B1-ratiopharm200 mg
Vitamin B1 in Kombinationspräparaten
Vitamin B Komplex forte HevertB1: 100 mg  
B6: 50 mg
B12: 500 μg
Vitamin B-Komplex ratiopharmB1: 15 mg
B2: 15 mg
Niacin (B3): 15 mg
Pantothensäure (B5): 25 mg
B6: 10 mg
Biotin (B7): 150 µg
Folsäure (B9): 450 µg
B12: 10 µg
Vitamin-B-Komplex SalusB1: 1,1 mg
B2: 1,4 mg
Niacin (B3): 16 mg
B6: 1,4 mg
Biotin (B7): 50 µg
B12: 2,5 µg
Vitamin B-Loges komplettB1: 50 mg
B2: 20 mg
Niacin (B3): 30 mg
Pantothensäure (B5): 25 mg
B6: 20 mg
Biotin (B7): 140 µg
Folsäure (B9): 400 µg
B12: 500 µg

Kann man Vitamin B1 überdosieren?

Vitamin-B1-Defizite werden mit verschiedenen Krankheitsbildern in Verbindung gebracht, vor allem mit Neuropathien. Durch Gabe von Vitamin B1 soll bei ihnen die Schmerzsymptomatik gebessert werden können. 

In der Kombination mit weiteren B-Vitaminen soll Vitamin B1 zudem bei chronischen Schmerzzuständen, z. B. bei Rückenschmerzen und schmerzhaften Skelett-Muskelerkrankungen, hilfreich sein. Auch wenn die Studienlage hier bislang eher dünn ist – einen Versuch kann man empfehlen, insbesondere bei Personen, bei denen man ein Defizit vermutet. 

Gut zu wissen in diesem Zusammenhang: Eine Hypervitaminose ist für Vitamin B1 nicht bekannt. Auch hohe Dosen (50 bis 200 mg/d) gelten bislang als ungefährlich.

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