Kein Tabu draus machen: Beratung zur Pille danach
Eine junge Frau betritt die Apotheke und schaut sich in der Freiwahl um, bis alle anderen Kunden die Apotheke verlassen haben. Dann tritt sie an die Kasse und verlangt leise die Pille danach. Ihr ist die Situation sichtlich unangenehm. In diesem Fall sollten PTA und Approbierte freundlich und unbefangen reagieren, denn eine Verhütungspanne kann jedem einmal passieren.
Ganz wichtig: Diskretion!
Um eine etwas angenehmere Atmosphäre zu schaffen, sollte man der Kundin anbieten, das Gespräch im Beratungsraum bzw. in einem etwas abgetrennten Bereich zu führen. Die Chance, dass die Kundin die gestellten Fragen ehrlich beantwortet, sind so höher. Denn gerade Mädchen unter 18 Jahren oder junge Frauen haben oft Angst, dass Eltern oder das Umfeld von ihrer Verhütungspanne und dem Kauf der Pille danach erfahren.
Sollte die Kundin sich dennoch schwertun, die ihr gestellten Fragen zu beantworten, kann man ihr klarmachen, dass auch PTA und Approbierte der Schweigepflicht unterliegen und das Gespräch nur dem Zweck dient, ob die Anwendung der Pille danach das geeignete Mittel ist, eine unerwünschte Schwangerschaft zu verhindern.
Einfühlsam beraten
Die erste Frage, die man der Kundin stellen sollte, ist die nach dem Zeitpunkt des ungeschützten Geschlechtsverkehrs. Meist beinhaltet die Antwort auch eine Auskunft darüber, was passiert ist. Um die möglicherweise als peinlich empfundene Situation zu entschärfen, kann man positives Feedback geben und an dieser Stelle gleich auf die Wirkung der Pille danach eingehen.
Beispielsweise könnte man sagen: „Es war eine gute Entscheidung, dass Sie gleich zu uns in die Apotheke gekommen sind. Die Pille danach kann den Eisprung um circa fünf Tage nach hinten verschieben. So wird verhindert, dass die befruchtungsfähigen Spermien und die Eizelle aufeinandertreffen und es zu einer Schwangerschaft kommt. Um dem Eisprung zuvorzukommen, sollte die Pille danach so schnell wie möglich nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr eingenommen werden.“ Mit diesen Worten vermittelt man der Frau: Sie haben alles richtig gemacht! Außerdem klärt man damit gleich den in einigen Köpfen vorherrschenden Irrglauben auf, dass die Pille danach eine Abtreibungspille sei.
Gut zu wissen: Levonorgestrel und Ulipristalacetat
Die Abgabe von Levonorgestrel (z. B. PiDaNa®, Levonoraristo®, Levonorgestrel Stada®, Navela®) zur Notfallkontrazeption in der Selbstmedikation darf bis zu 72 Stunden (drei Tage) nach dem Zeitpunkt des ungeschützten Geschlechtsverkehrs erfolgen.
Ulipristalacetat, (in Ellaone®, Ulipristal Aristo, Lencya® 30 mg, Femke® 30 mg) darf sogar bis 120 Stunden (fünf Tage) nach der Verhütungspanne ohne Rezept verkauft werden.
Sollten bereits mehr als fünf Tage vergangen sein, ist der Kundin ein Besuch beim Gynäkologen anzuraten.
Wann die Abgabe der Pille danach nicht möglich ist
In wenigen Fällen sollte die Abgabe oraler Notfallkontrazeptiva im Rahmen der Selbstmedikation nicht erfolgen. Beispielsweise, wenn
- möglicherweise bereits eine Schwangerschaft vorliegt,
- eine Überempfindlichkeit gegen einen der Wirkstoffe oder einen der sonstigen Bestandteile der beiden Notfallkontrazeptiva besteht oder
- bestimmte Wechselwirkungen vorliegen (z. B. mit CYP-3A4-Induktoren wie Phenytoin oder Carbamazepin).
Damit man bei der Beratung nichts vergisst, bieten manche Hersteller ein Beratungskit zur Pille danach an, das eine Checkliste für sowie Informationsblätter zur Abgabe an die Kundin enthält. Auch die Bundesapothekerkammer hat auf ihrer Homepage Handlungsempfehlungen für die rezeptfreie Abgabe von oralen Notfallkontrazeptiva zusammengestellt.
Wichtige Hinweise mit auf den Weg geben
Steht einer Abgabe der Pille danach nichts im Wege, sollte man die Kundin noch einmal daran erinnern, das Medikament so schnell wie möglich einzunehmen. Man kann ihr aus diesem Grund auch gleich ein Glas Wasser anbieten. Wichtig ist auch ein Hinweis auf mögliche Nebenwirkungen, wie Handlungsoptionen bei Verspätung der nachfolgenden Monatsblutung sowie auf die weitere Einnahme der Antibabypille und die Notwendigkeit eines zusätzlichen Verhütungsschutzes für mindestens 14 Tage.
Im Rahmen des Beratungsgespräches bietet es sich zudem an, nach der üblicherweise verwendeten Verhütungsmethode zu fragen und präventiv darauf hinzuweisen, dass die Pille danach zwar vor einer ungewollten Schwangerschaft, aber nicht vor sexuell übertragbaren Krankheiten schützt. Je selbstverständlicher man mit der Situation umgeht, desto ungezwungener und angenehmer wird das Gespräch für die Kundin.
Und wenn man den Verdacht hat, dass der ungeschützte Geschlechtsverkehr möglicherweise auf eine Gewalttat zurückzuführen ist? Sie sollten in diesen Fällen der Betroffenen dringend eine gynäkologische Nachbehandlung empfehlen und auf das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ oder den Frauennotruf hinweisen.