Warum merkt man sich manche Dinge eher als andere?
An einen bestimmten Wandertag in der Grundschule erinnert man sich genau. Der Name des Kunden, der regelmäßig in die Apotheke kommt, fällt einem jedoch nicht mehr ein. Manche Informationen scheint man sich leichter merken zu können als andere. Aber woran liegt das? Wie kann das Gehirn Informationen abspeichern und wieso schaffen es manche Informationen nicht in den Langzeitspeicher?
Wichtiges von Unwichtigem trennen
Über die Sinnesorgane wird das Gehirn pausenlos mit Eindrücken aus der Umwelt konfrontiert. Um eine Überlastung zu vermeiden, muss es die eingehenden Informationen sofort vor sortieren: Wichtiges wird in das Ultrakurzzeitgedächtnis aufgenommen und Unwichtiges gelöscht.
Das Ultrakurzzeitgedächtnis wird auch sensorisches Gedächtnis genannt. Wie der Name vermuten lässt, speichert es Informationen nur circa 1–2 Sekunden. Es hilft uns dabei, den Faden in einem Gespräch nicht zu verlieren, die Handlung in einem Film mitzuverfolgen oder uns an die eben auf dem Verkehrsschild angekündigte Geschwindigkeitsbegrenzung erinnern zu können.
Das Kurzzeitgedächtnis ermöglicht unseren Alltag
Nur wenn Informationen aus dem Ultrakurzzeitgedächtnis erneut abgerufen werden, werden diese für die Übernahme in das Kurzzeitgedächtnis aufbereitet. Andernfalls werden sie wieder gelöscht.
Das Kurzzeitgedächtnis wird auch als Arbeitsgedächtnis bezeichnet und speichert Informationen für einige Minuten ab. Wo habe ich den Apothekenschlüssel hingelegt? Welches Medikament soll ich für den Kunden aus der Schublade holen? Das Kurzzeitgedächtnis ist somit unerlässlich für die Bewältigung unserer alltäglichen Aufgaben.
Emotionen verbessern das Erinnerungsvermögen
Um Informationen langfristig im Langzeitgedächtnis abzuspeichern, müssen diese immer wieder abgerufen und Erlerntes immer wieder geübt werden. Dabei hilft es, wenn Erinnerungen mit Gefühlen verknüpft sind. Die große Aufregung vor der Abschlussprüfung oder unser hüpfendes Herz beim ersten Kuss sorgen dafür, dass wir uns langfristig an diese Situationen erinnern können. Umgekehrt lässt sich so auch erklären, weshalb wir uns schwer tun, für eine Klausur in einem Fach zu lernen, das uns nicht wirklich interessiert.
Mit Düften besser Lernen?
Auch Düfte scheinen einen Einfluss auf das Lernen zu haben. Wird z. B. während des Lernens von Vokabeln, in der anschließenden Nacht und während des Abrufes (z. B. bei einer Klausur) Rosenduft eingeatmet, scheint das, das Erinnern zu fördern. /sn
Wissen und Fähigkeiten – zwei Teile unseres Gedächtnisses
Erinnerungen, die im Langzeitgedächtnis abgespeichert sind, bleiben viele Jahre lang, im besten Fall „für immer“. Manche Informationen können wir bewusst abrufen und sie mit Worten wiedergeben. Diesen Teil des Langzeitgedächtnisses bezeichnet man als das deklarative Gedächtnis. Dazu gehören z. B. in der Schule erlerntes Wissen, aber auch persönliche Erlebnisse.
Im prozeduralen Teil hingegen sind motorische Fähigkeiten und erlernte Abläufe abgespeichert. Wurde das Schwimmen einmal erlernt, kann man es ein Leben lang. Dazu müssen die einzelnen Teilschritte nicht bewusst abgerufen werden sondern die Bewegung wird einfach automatisch ausgeführt. Soll der Bewegungsablauf allerdings in Worte gefasst werden, tun wir uns damit – zumindest im ersten Moment – schwer.
Gut zu wissen: So fällt das Merken leichter
- Die Aufnahme ins Gedächtnis wird erleichtert, wenn Lerninhalte aufgeschrieben und laut ausgesprochen werden. Komplexere Zusammenhänge festigen sich, wenn man sie jemand anderem – zum Beispiel im Rahmen einer Lerngruppe – erklärt.
- „Wer nämlich mit h schreibt ist dämlich“ – diesen oder irgendeinen anderen Merkspruch kennt wohl jeder. Kleine kurze Reime helfen, sich Fakten zu merken. Dabei darf der Hilfsreim ruhig möglichst „dämlich“ sein!
- Eine Liste von Begriffen bleibt schneller im Gedächtnis, wenn sie mit einer Geschichte verknüpft wird. Gedanklich wandert man eine bestimmte Wegstrecke ab und stellt sich an markanten Punkten dieser Strecke die zu merkenden Begriffe bildlich vor. Zur Wiedergabe muss dann nur noch der Weg „abgelaufen werden“. (Beispiel: Ich gehe zur Haustür, dort stehen zwei Flaschen Milch, aus dem Briefkasten hole ich 1 Kilo Mehl …)
- 24122023612 – diese Nummer auf einmal im Kopf zu behalten, scheint schwierig. Wenn man sie jedoch in logische Bruchstücke zerlegt, wird es gleich viel einfacher: Am 24.12.2023 ist Heilig Abend und am 6.12. kommt der Nikolaus. Diese Unterteilungsmethode nennt sich Chunking.
- Lernen im Schlaf – das funktioniert tatsächlich, denn damit Erlerntes fest abgespeichert werden kann, sind Ruhepausen notwendig. Wir können uns also guten Gewissens nach dem Lernen ein Erholungsschläfchen gönnen.
Wieso wird man vergesslich?
Manchmal verbringt man mehrere Minuten am Tag damit, irgendwelche Dinge zu suchen. Wo habe ich meinen Geldbeutel hingelegt? Wo ist das Rezept, das eben noch hier lag?
Verschiedene Einflüsse können unser Erinnerungsvermögen beeinträchtigen. Solange sich diese „Aussetzer“ im Rahmen halten, sind sie weder besorgniserregend noch Anzeichen für eine Erkrankung. Für eine Einschränkung der kognitiven Fähigkeiten sorgen z. B. Müdigkeit und Stress. Auch Flüssigkeitsmangel kann dazu führen, dass man sich einmal nicht so gut erinnern kann.
Meist fällt es in der passenden Umgebung leichter, entsprechende Informationen abzurufen. So erkennt man Kunden in der Apotheke relativ schnell wieder. Läuft man ihnen allerdings beim Einkaufen über den Weg, fällt es einem schwer sie wiederzuerkennen.
Wie alle Organtätigkeiten lässt auch die Funktion des Gehirns im Alter nach. Schon ab dem 30. Lebensjahr fällt es uns schwerer, neue Dinge zu lernen.
Wann wird Vergesslichkeit zur Krankheit?
Tritt Vergesslichkeit vereinzelt dann und wann mal auf, ist das noch kein Grund zur Sorge. Häufen sich jedoch die „Aussetzer“, kann das ein Anzeichen für eine beginnende Demenz sein. Folgende Punkte können als grobe Oientierung dienen, um „normale“ Vergesslichkeit von beginnender Demenz zu unterscheiden:
Vergesslichkeit | Demenz |
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Nachdenken hilft, eine Antwort zu finden. | Fragen werden mehrfach wiederholt, auch wenn die Antwort bereits genannt wurde. |
Einzelheiten werden vergessen (Wie heißt der neue Nachbar? Wann ist mein nächster Zahnarzttermin?). | Komplette Abläufe werden vergessen (Wie koche ich Grießbrei? Wie ziehe ich mich an?). |
Gegenstände werden gedankenlos irgendwo abgelegt. | Gegenstände werden unsinnig „aufgeräumt“, z. B. der Geldbeutel im Gefrierschrank oder die Brille in der Waschmaschine. |
Bei kurzfristiger Ratlosigkeit kann Hilfe eingeholt werden (z. B. können Passanten nach dem Weg gefragt oder eine Telefonnummer nachgeschlagen werden). | Die Fähigkeit zur Problemlösung ist verloren gegangen. |
Weitere Ursachen der Vergesslichkeit
Neben einer Demenz können sich auch andere Erkrankungen hinter einer gehäuften Vergesslichkeit verbergen. So können z. B. ein schlecht eingestellter Diabetes mellitus, Depressionen oder Durchblutungsstörungen ein Auslöser sein. Zudem können verschiedene Medikamente die Gedächtnisleistung ebenso beeinflussen wie ein übermäßiger Alkohol- oder Drogenkonsum.
Tritt Vergesslichkeit gehäuft auf oder trifft einer der oben genannten Punkte zu, sollte zur Sicherheit ein Arzt aufgesucht werden, um abzuklären, ob es eine behandlungsbedürftige Ursache gibt.