Süßstoffe – kalorienfreies Glück?
Süßstoffe, auch Zuckerersatzstoffe genannt oder non-nutritive sweeteners, sind natürlich vorkommende oder synthetische Verbindungen mit einer hohen Süßkraft, die aber so gut wie keine Kalorien enthalten. Rechtlich gehören sie zu den Lebensmittelzusatzstoffen. In der europäischen Lebensmittel-Informationsverordnung werden Süßstoffe zusammen mit den Zuckeraustauschstoffen unter der Klassenbezeichnung „Süßungsmittel“ zusammengefasst.
Kennzeichnung ist Pflicht
Für Lebensmittel, die einen Stoff aus dieser Gruppe enthalten, ist der Hinweis „mit Süßungsmittel(n)“ gesetzlich vorgeschrieben. Enthält das Produkt zusätzlich Zucker, muss auch dies auf dem Etikett stehen: „mit Zucker/mit einer Zuckerart und Süßungsmittel(n)“. Zusätzlich muss auf der Zutatenliste die Klassenbezeichnung „Süßungsmittel“ und dahinter die verwendete Substanz stehen, alternativ die E-Nummer. Beispiel: „Süßungsmittel Cyclamat“ oder „Süßungsmittel E952“.
Produkte, die den Süßstoff Aspartam enthalten, müssen den Hinweis „enthält eine Phenylalaninquelle“ oder „mit Phenylalanin“ auf dem Etikett tragen.
Zum Tee, zum Backen und in der Industrie
In der Europäischen Union sind zurzeit elf Süßstoffe als sicher bewertet und zugelassen. Die bekanntesten sind Aspartam, Cyclamat sowie Saccharin und auch Steviaglycoside (Stevia) spielen immer öfter eine Rolle. Des Weiteren gibt es noch Acesulfam K, Advantam, Aspartam-Acesulfam-Salz, Sucralose, Thaumatin, Neohesperidin DC und Neotam.
Die in der EU zugelassenen Süßstoffe dürfen bei der Herstellung von Lebensmitteln sowie diätetischen Produkten und Nahrungsergänzungsmitteln verwendet werden und auch als „Tafelsüßstoff“ in Form von Tabletten, Streusüße und Flüssigsüße in den Handel kommen.
ADI: Akzeptable tägliche Aufnahmemenge
Voraussetzung für die amtliche Zulassung ist eine umfangreiche, wissenschaftliche Bewertung der betreffenden Substanz. Sie muss gesundheitlich unbedenklich sein, zumindest in einer der üblichen Verbrauchsmenge angemessenen Dosis. Aus Sicherheitsgründen wurden für alle in der EU zugelassenen Süßstoffe Höchstwerte für den menschlichen Verzehr festgelegt. Man spricht von der jeweils akzeptablen täglichen Aufnahmemenge (Acceptable Daily Intake, kurz: ADI).
Der ADI wird auf der Basis von Tierexperimenten und Studien, die an Menschen durchgeführt wurden, festgelegt. Er wird in Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht angegeben und bezieht sich auf die tägliche und lebenslange Aufnahme der betreffenden Substanz. Bei Verwendung von Süßstoffen in üblichen Verzehrsmengen muss man demnach keinerlei Bedenken haben, seiner Gesundheit zu schaden.
Vorsicht bei Phenylketonurie!
Allerdings ist zu beachten, dass Menschen, die an der erblichen Stoffwechselerkrankung Phenylketonurie (PKU) leiden und eine streng Phenylalanin-arme Diät einhalten müssen, kein Aspartam aufnehmen dürfen. Aspartam ist aus den Aminosäuren Asparaginsäure und Phenylalanin aufgebaut, nach Verzehr wird das Phenylalanin im Darm freigesetzt. Um von PKU Betroffene zu schützen, ist die entsprechende Kennzeichnung Aspartam-haltiger Produkte äußerst wichtig.
Auch nach Zulassung weitere Überprüfungen
Auch nach der Zulassung werden die Süßstoffe laufend von einem Expertengremium überprüft, wobei bei Bedarf jeweils neue Erkenntnisse in die Bewertungen einfließen. Wiederholt wurde die Unbedenklichkeit der ADI-Werte bestätigt. Der früher einmal im Tierversuch festgestellte Zusammenhang zwischen Blasenkrebs und Süßstoffkonsum wurde sehr ernst genommen. Ein Krebs-Risiko für den Menschen durch die Anwendung von Süßstoffen gilt heute jedoch als sicher widerlegt.
500-mal süßer als Zucker
Zahlenangaben zur relativen Süßkraft von Süßstoffen beziehen sich in der Regel auf eine drei- bis vierprozentige Saccharose-Lösung. Wenn zum Beispiel für Aspartam die relative Süßkraft von 200 genannt wird, bedeutet das: eine 200-fach verdünnte Aspartam-Lösung süßt ungefähr genauso wie die Saccharose-Lösung.
Cyclamat besitzt zwar mit einer relativen Süßkraft von 30–50 den geringsten Süßwert aller zugelassenen Süßstoffe, wird aber wegen seines besonders natürlichen Geschmacks am häufigsten verwendet. Cyclamat ist hitzebeständig und lässt sich daher gut zum Kochen und Backen verwenden. Um seine Süßkraft zu erhöhen, wird Cyclamat auch mit Saccharin im Verhältnis 10:1 vermischt. Saccharin, der Süßstoff-Klassiker, ist mit seiner relativen Süßkraft von 300–500 ein guter Kombipartner. In geringer Dosierung fällt der leicht bitter-metallische Beigeschmack des Saccharins nicht so ins Gewicht.
Das nicht hitzebeständige Aspartam ist beliebt zum Süßen von Erfrischungsgetränken, von Milchprodukten und Süßwaren. Achtung: Hier darf auf der Verpackung der Hinweis auf die „Phenylalaninquelle“ nicht fehlen!
Bitterstoffe erfolgreich kaschieren
Neohesperidin-DC ist ein Abkömmling des in Zitrusfrüchten natürlich vorkommenden Flavonoids Neohesperidin. Seine Stärke liegt darin, bittere Geschmacksnoten zu verdecken. Deshalb wird es als Süßungsmittel in flüssigen Arzneiformen eingesetzt.
Thaumatin, das gentechnisch aus veränderten Hefen hergestellt wird, kann ebenfalls Bitterstoffe maskieren. Seine Verwendbarkeit ist eingeschränkt, weil es nicht kochstabil ist. Man findet es aber auf der Zutatenliste von Nahrungsergänzungsmitteln und Kaugummi. Vorteilhaft ist seine auf der Zunge langanhaltende Süße.
Steviol-Glykoside – ein Naturprodukt?
Eine besondere Rolle in der Gruppe der Süßstoffe spielen die Steviol-Glykoside, die seit einiger Zeit regelrecht boomen. Werbewirksam werden sie als „Naturprodukt“ dargestellt, was aber nicht der Wirklichkeit entspricht. Auch wenn pflanzliches Rohmaterial aus der Stevia-Pflanze als Ausgangsstoff dient, entsteht das fertige Süßungsmittel erst durch einen mehrstufigen chemischen Prozess. Über Stevia kursieren so viele Gerüchte und Meinungen, dass die Fakten manchmal in den Hintergrund geraten. Mehr dazu erfahren Sie hier.
Zum Teil Mischungen sinnvoll
Süßkraft und Wohlgeschmack von Süßstoffen können auch von anderen Bestandteilen eines Produkts bzw. einer Rezeptur abhängig sein, sie können z. B. mit der Temperatur und dem pH-Wert variieren. So kann das Experimentieren mit Mischungen sinnvoll sein, um das bestmögliche Geschmacksergebnis zu erzielen. Mitunter werden Süßstoffe auch mit Zuckeraustauschstoffen kombiniert.
Sucralose – nicht erhitzen!
Für den Süßstoff Sucralose hat das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) im April 2019 einen Warnhinweis herausgegeben. Studien haben gezeigt, dass beim Erhitzen (heißer als 120 Grad Celsius) von Sucralose-haltigen Lebensmitteln wie z. B. Gemüsekonserven oder Backwaren Verbindungen mit gesundheitsschädlichem und krebserzeugendem Potenzial entstehen. Für eine abschließende Bewertung reicht die Datenlage allerdings noch nicht aus.
Süßstoffe nur als Notlösung verwenden
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) spricht sich noch dafür aus, dass Süßstoffe die Blutglucose-Kontrolle, die Kariesprophylaxe und bei bewusstem Einsatz die Gewichtskontrolle unterstützen. Rein rechnerisch lassen sich durch das Süßen von Kaffee oder Tee mit Süßstoff anstelle von Zucker pro Jahr gut 23.000 kcal einsparen, rechnet die DGE vor. Das entspricht einer Fettgewebsmasse von 3 kg.
Allerdings raten die DGE und alle anderen Experten: Zucker durch Süßstoffe zu ersetzen, ist immer nur die zweitbeste Lösung. Am besten ist es, die Ernährung grundsätzlich auf „weniger süß“ umzustellen. Der Wechsel von normalem Zucker auf kalorienfreie oder kalorienreduzierte Alternativen sollte nur eine kurzfristige, bewusste „Notlösung“ und Ausnahme sein.
Wer Süßstoffe unter dem Aspekt der Zahngesundheit verwendet, sollte bedenken: Gerade bei Kindern kann die Gewöhnung an süße Getränke dazu führen, dass noch mehr Lust auf Süßes entsteht. Eine jahre- oder sogar jahrzehntelange Gewöhnung lässt sich nicht so leicht wieder abtrainieren.
Zucker in Maßen – kein Problem
Maßvoller Zuckerverzehr in Höhe von 5 bis maximal 10% des Gesamtkalorienbedarfs ist auch im Rahmen einer ausgewogenen und gesunden Ernährung unbedenklich. Es gibt keinen Grund, Zucker komplett aus der Ernährung zu streichen oder durch Süßstoffe zu ersetzen. Das gilt heutzutage auch für Diabetiker.
Auf einen Blick:
- In der Europäischen Union sind zurzeit elf Süßstoffe zugelassen. Aus Sicherheitsgründen sind Höchstwerte für den menschlichen Verzehr festgelegt. Ein Expertengremium überprüft und bewertet regelmäßig neue wissenschaftliche Erkenntnisse.
- Auf der Zutatenliste muss die Kennzeichnung „mit Süßungsmittel(n)“ stehen und dahinter die verwendete(n) Substanz(en) oder deren E-Nummern.
- Produkte, die Aspartam enthalten, müssen den Warnhinweis „Enthält eine „Phenylalaninquelle“ tragen.
- Süßstoffe sind fast kalorienfrei und nicht kariogen. Trotzdem sollten sie in einer gesunden Ernährung am besten nur übergangsweise zum Einsatz kommen. Besser ist es, sich an eine insgesamt weniger süße Ernährung zu gewöhnen.