Wirkstoffe mit mehr als einer Indikation
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Propranolol: Wann wird der Betablocker verabreicht?

Propranolol-Tabletten mit Verpackung
Abhängig von der Dosierung kann Propranolol bei zahlreichen Indikationen verwendet werden. | Bild: IMAGO / Depositphotos 

Propranolol gehört zu den Betablockern und ist der älteste Vertreter dieser Arzneimittelgruppe. Im Körper bindet Propranolol an Beta-Rezeptoren und blockiert diese für die körpereigenen Botenstoffe Adrenalin und Noradrenalin. Im Körper gibt es unterschiedliche Arten von Beta-Rezeptoren: Beta-1- und Beta-2-Rezeptoren.

Beta-1-Rezeptoren beeinflussen die Kraft und Frequenz des Herzens sowie den Blutdruck. Bei einer Blockade dieser Rezeptoren durch Propranolol kommt es zu einer Abnahme der Herzfrequenz, der Herzmuskel verbraucht weniger Sauerstoff und wird entlastet. Zudem sinkt der Blutdruck. 

Der Arzneistoff wirkt auch an Beta-2-Rezeptoren, diese sind unter anderem für eine Entspannung der Blutgefäße und der glatten Muskulatur der Bronchien zuständig. Bei einer Blockade der Beta-2-Rezeptoren kann es daher zu einer Bronchokonstriktion und damit zur Auslösung eines Asthmaanfalls kommen. 

Zur Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen kommen daher heutzutage überwiegend Substanzen zum Einsatz, die selektiv an Beta-1-Rezeptoren binden und damit vornehmlich am Herzen wirken.

Propranolol zur Migräneprophylaxe 

Zur Vorbeugung von Migräneanfällen hat sich Propranolol als wirksame Substanz erwiesen, der genaue Mechanismus dazu ist bisher nicht bekannt. Die Blockade der Beta-1-Rezeptoren am Herzen spielt für die Wirkungsweise vermutlich keine Rolle. 

Die Leitlinie zur Behandlung der Migräne empfiehlt eine medikamentöse Prophylaxe immer dann, wenn die Patienten an drei oder mehr Migräneanfällen im Monat leiden oder der Leidensdruck durch die Migräne hoch ist. 

Aufgrund seiner kurzen Halbwertszeit muss Propranolol dreimal täglich eingenommen werden. Dabei wird zunächst mit einer niedrigen Dosierung begonnen und diese schrittweise erhöht. Die Betroffenen müssen Geduld mitbringen, mit dem Eintreten einer Wirkung – sprich mit einer Reduzierung der Anfallshäufigkeit – ist frühestens nach zwei Monaten zu rechnen.

Auch bei essentiellem Tremor wirksam 

Weiterhin wird Propranolol zur Behandlung eines essentiellen Tremors eingesetzt. Dabei handelt es sich um Zittern ohne erkennbare Ursache. Die Betroffenen leiden an einer unwillkürlichen rhythmischen Oszillation eines oder mehrerer Körperabschnitte. 

Essentieller Tremor ist im Übrigen der häufigste Grund für Zittern, erst dahinter folgt mit großem Abstand der Parkinson-Tremor. Beide Krankheitsbilder werden unterschiedlich therapiert. Propranolol ist nur beim essentiellen Tremor wirksam. 

Durch die Blockade der Beta-Rezeptoren wird der Effekt des Sympathikus auf die Muskulatur verringert und die Neigung zum Zittern nimmt ab. Propranolol gilt als Mittel der Wahl zur Behandlung. 

Die Dosierung erfolgt in ähnlicher Weise wie bei der Migräneprophylaxe. Die Steigerung der Dosis soll wieder schrittweise erfolgen. Zeigt sich jedoch bei einer Tagesdosis von 120 mg noch keine Besserung, so sind auch höhere Dosen meist unwirksam.

Gut zu wissen: Verbotener Einsatz als Dopingmittel 

Betablocker senken die Herzfrequenz in Ruhe und auch bei Aufregung – typische Symptome wie Herzklopfen oder Händezittern werden unterdrückt. Daher wird Propranolol verbotenerweise bei Sportarten als Dopingmittel eingesetzt, bei denen die Konzentration durch eine hohe Herzfrequenz oder Zittern beeinträchtigt ist. Verboten sind Propranolol und auch andere Betablocker bei Sportarten wie Billard, Bogenschießen, Dart oder Schießen.

Propranolol wird bei Schilddrüsenüberfunktion eingesetzt

Auch bei einer Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) spielt eine Einnahme von Propranolol eine Rolle. Bei einer Überfunktion der Schilddrüse kommt es zu einem erhöhten Spiegel an Schilddrüsenhormonen. 

Betroffene leiden an verschiedenen Beschwerden, unter anderem an Unruhe, Gewichtsverlust und Hitzeempfindlichkeit. Hinzu kommen Symptome wie beschleunigter Pulsschlag und Tremor – diese werden durch eine erhöhte Stimulation des Sympathikus hervorgerufen und können durch Gabe eines Betablockers reduziert werden. 

Propranolol wird dabei zusätzlich zur thyreostatischen Therapie eingesetzt. Eine Einnahme erfolgt meist so lange, bis sich die Werte der Schilddrüsenhormone wieder normalisiert haben.

Auch in der Pädiatrie: Behandlung des infantilen Hämangioms

Rund vier bis fünf Prozent der Säuglinge leiden unter einem Hämangiom. Darunter versteht man einen gutartigen Tumor der Haut, der von unreifen Blutgefäßen gebildet wird. Dieser Blutschwamm bildet sich in den ersten Lebensmonaten und kann mit Propranolol gut behandelt werden. 

Der Wirkstoff sorgt für eine lokale Vasokonstriktion und somit für eine verminderte Durchblutung des Hämangioms. Dadurch kann das Wachstum gestoppt werden und die Zellen sterben ab. Der genaue Wirkmechanismus dazu wird momentan noch untersucht. 

Die Behandlung von Kindern beginnt mit einem Alter von fünf Wochen bis fünf Monaten und erfolgt über einen Zeitraum von sechs Monaten. Die Dosierung richtet sich nach dem Körpergewicht des Kindes und wird während der Therapie laufend angepasst. Ein Fertigarzneimittel in Form einer flüssigen Lösung steht zur Verfügung, bei Bedarf können auch Rezepturen angefertigt werden.

Propranolol: Unterschiedliche Dosierung je nach Indikation

Die auf dem Markt erhältlichen Fertigarzneimittel enthalten mit Propranololhydrochlorid ein Salz von Propranolol. Die Dosierung unterscheidet sich je nach Einsatzgebiet, übliche Dosen sind dabei:  

  • Zur Vorbeugung von Migräneanfällen:
    • Die übliche Anfangsdosis beträgt 80 bis 120 mg Propranololhydrochlorid pro Tag, aufgeteilt in zwei bis drei Einzeldosen.
    • Die Dosierung und die Einnahmeabstände werden vom Arzt an die individuellen Bedürfnisse angepasst.
  • Bei essentiellem Tremor:
    • Die Dosierung erfolgt wie bei der Prophylaxe von Migräneanfällen: Die übliche Anfangsdosis beträgt 80 bis 120 mg Propranololhydrochlorid pro Tag, aufgeteilt in zwei bis drei Einzeldosen.
    • Die Dosierung und die Einnahmeabstände werden individuell vom Arzt festgelegt.
  • Bei Hyperthyreose:
    • Die übliche Anfangsdosis beträgt 30 bis 160 mg Propranololhydrochlorid pro Tag, aufgeteilt in drei bis vier Einzeldosen.
  • Bei infantilem Hämangiom:
    • Das Fertigarzneimittel enthält zwar Propranololhydrochlorid als Wirkstoff, dosiert wird bei dieser Indikation aber nach der Base Propranolol (3,75 mg/ml).
    • Die Tagesdosis richtet sich nach dem Körpergewicht des Kindes und liegt bei 1, 2 oder 3 mg/kg Körpergewicht, aufgeteilt in zwei Einzeldosen.
    • Zwischen den einzelnen Dosen müssen mindestens neun Stunden liegen.

Präparatebeispiele: Dociton® 10 mg Filmtabletten, Propra-ratiopharm® 40 mg Filmtabletten, Propranolol AL 80 mg Tabletten, Hemangiol 3,75 mg/ml CC-Pharma Lösung zum Einnehmen

Welche Nebenwirkungen können unter Propranolol auftreten?

Grundsätzlich gelten Betablocker und damit auch Propranolol als gut verträgliche Arzneistoffe. Durch die Blockade der Beta-Rezeptoren kann es aber zu einem verlangsamten Pulsschlag und Blutdruckabfall kommen. 

Weiterhin kann ein Kältegefühl an den Händen und Füßen auftreten und eine erektile Dysfunktion kann sich verschlechtern. Durch die Bronchokonstriktion können auch Asthmaanfälle ausgelöst werden.

Propranolol: Tipps für die Beratung

Propranolol-Tabletten sollten mit einer ausreichenden Menge an Flüssigkeit eingenommen werden. 

Bei Kindern muss – um das Risiko für eine Unterzuckerung zu vermindern – die Lösung zusammen oder unmittelbar nach einer Mahlzeit verabreicht werden. Mithilfe einer Oralspritze kann die Flüssigkeit direkt in den Mund des Kindes entleert werden. 

Propranolol wird einschleichend dosiert. Wichtig ist auch das langsame Reduzieren der Dosis am Ende der Therapie. Während der Einnahme nimmt die Zahl der Beta-Rezeptoren zu. Bei einem plötzlichen Absetzen würde diese erhöhte Anzahl an Rezeptoren mit körpereigenem Noradrenalin besetzt werden und zu einem gefährlichen Anstieg des Blutdrucks, beschleunigtem Herzschlag bis hin zum Herzinfarkt führen. Quellen:
- https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2024/daz-13-2024/ein-arzneistoff-zwei-indikationen
- https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Propranolol_301#:~:text=Propranolol%20ist%20ein%20Wirkstoff%20aus,%C3%A4ltesten%20klinischen%20Vertreter%20der%20Betablocker.
- Fachinformation Propra-ratiopharm® Filmtabletten
 

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