Frage aus der Rezeptur: Ziemlich unübersichtlich – drei Wirkstoffe in einer kosmetischen Grundlage
Aus einer Apotheke erreichte uns folgende Anfrage:
Aufgrund einer ärztlichen Verordnung sollen wir folgende Zubereitung herstellen:
Diphenhydramin-HCI 2,0 g
Hydrocortisonacetat 0,5 g
Excipial® U Lipolotion zu 100,0 g
Leider bekommen wir auch nach langer Rührzeit keine stabile Creme, entweder wird die Grundlage sehr flüssig oder es entstehen deutlich sichtbare Klumpen. Haben Sie Verbesserungsvorschläge für uns?
Kosmetika als Grundlage möglich, aber ...
Bei der Grundlage Excipial® U Lipolotio handelt es sich um eine Körperlotion mit 4% Harnstoff zur täglichen Pflege trockener und rauer Haut. Die W/O-Emulsion hat laut Herstellerangaben einen Lipidgehalt von 36%, der Wasseranteil liegt bei über 50%.
Excipial® U Lipolotio gehört zu den kosmetischen Mitteln und wird daher auf Grundlage der Kosmetik-Verordnung in den Verkehr gebracht. Die Qualitätsanforderungen an die Reinheit der verwendeten Ausgangsstoffe sind dabei weniger streng als bei offizinellen Grundlagen. Daher dürfen Kosmetika zur Arzneimittelherstellung nur dann verwendet werden, wenn diese nach Arzneimittelqualität hergestellt und die pharmazeutische Qualität durch ein Prüfzertifikat nach ApBetrO nachgewiesen werden kann. Dieses gültige Prüfzertifikat ist für Excipial® U Lipolotio erhältlich. Rein rechtlich gesehen darf die Grundlage daher als Rezepturgrundstoff eingesetzt werden. Wie bei allen anderen Ausgangsstoffen auch müssen Sie daher in der Apotheke bei der Eingangskontrolle nur die Identität einwandfrei feststellen.
Drei Wirkstoffe kombiniert
Kosmetika sind normalerweise zur Pflege der Haut konzipiert, zur Weiterverarbeitung in der Rezeptur sind sie nicht unbedingt vorgesehen. In der von Ihnen angefragten Zubereitung sollen neben dem bereits in der Grundlage enthaltenen Harnstoff zwei weitere Wirkstoffe eingearbeitet werden. Mit steigender Zahl an Wirkstoffen sind solche Mehrfachkombinationen allerdings schwer zu beurteilen. Dies gilt insbesondere für pH-abhängige Wirksamkeiten und Probleme mit der Stabilität.
Die Gesellschaft für Dermopharmazie empfiehlt daher in ihren Leitlinien für Dermatologische Rezepturen nicht umsonst, dass zwei oder mehr Arzneistoffe in nicht standardisierten Zubereitungen nur in Ausnahmefällen kombiniert werden sollen. Auch sollen Rezepturen auf Basis von nicht offizinellen Grundlagen nur dann hergestellt werden, wenn seitens der Herstellerfirma experimentell gesicherte Daten zur Qualität und Haltbarkeit vorgelegt werden können.
Anwendung von Diphenhydramin-HCl umstritten
Diphenhydramin-HCl wird lokal zur Therapie von chronischem Juckreiz eingesetzt, die Anwendung auf der Haut ist jedoch wegen einer möglichen Sensibilisierungsgefahr umstritten. Als Alternative können Sie daher dem Arzt Lauromacrogol 400 (Polidocanol) vorschlagen. Dieser Wirkstoff ist gut verträglich und kann zusammen mit Harnstoff und Hydrocortisonacetat in Basiscreme DAC verarbeitet werden. Diese offizinelle Grundlage gehört zwar zu den hydrophilen Cremes, weist aber nur einen geringen Wassergehalt von 40% auf und ist daher lipidreicher als andere O/W-Cremes. Sie ähnelt der ursprünglich verordneten W/O-Grundlage.
Optimierte Rezeptur
- Lauromacrogol 400 5,0 g
- Hydrocortisonacetat 0,5 g
- Harnstoff 4,0 g
- Basiscreme DAC zu 100,0 g
Die Wirkstoffe sind in der nicht ionischen Basiscreme DAC zusammen kompatibel. Bei der Herstellung ist zu beachten, dass Lauromacrogol 400 erst am Ende dazugegeben werden sollte, da sich sonst leicht Klumpen bilden können. Zudem führt Lauromacrogol auf Grund seiner Grenzflächenaktivität zu einer Konsistenzerniedrigung der Grundlage, dies muss bei der Auswahl des Packmittels berücksichtigt werden.
Puffer-Zusatz verbessert die Stabilität
Bei einer kurzen Aufbrauchsfrist von 4 Wochen können die Wirkstoffe wie oben vorgestellt verarbeitet werden. Bei längerer Anwendungsdauer muss aber ein Puffer dazugegeben werden. Dieser verbessert die Stabilität des Glucocorticoids und verhindert den pH-Anstieg durch die Hydrolyse des Harnstoffs. Zur Verwendung eignet sich dabei ein Lactat-Puffer, der aus 1% Milchsäure und 4% Natriumlactat-Lösung 50% besteht. Die Konzentrationsangaben beziehen sich dabei auf die gesamte Zubereitung. Die beiden Flüssigkeiten können als Rezepturgrundstoffe bezogen werden und stabilisieren die Rezeptur im schwach sauren pH-Bereich.
Frage aus der Rezeptur?
Sie hatten eine schwer oder gar nicht herstellbare Rezeptur? Die Inhaltsstoffe waren beispielsweise nicht kompatibel? Die Phasen haben sich getrennt oder Ähnliches? Dann schicken Sie uns gerne eine Kopie des Rezepts. Wir greifen interessante Rezepturthemen in unserer Rubrik „Fragen aus der Rezeptur“ auf. Die Anfragen werden von unserer erfahrenen Rezeptur-Expertin Dr. Annina Bergner oder einem anderen kompetenten Ansprechpartner bearbeitet. Hierfür wird Ihre Anfrage per E-Mail weitergeleitet. Ihre persönlichen Daten werden nach der Bearbeitung gelöscht. Bitte beachten Sie, dass wir keine akute Hilfestellung vor der Abgabe leisten können.