Rezeptur
Praxiswissen
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Frage aus der Rezeptur: Rezeptur mit Protegin®XN und Thesit®

Creme wird von Pistill in Fantaschale geschabt
Zur Herstellung einer W/O-Creme wird Protegin® XN zunächst mit Glycerol auf etwa 80 °C zur Schmelze erhitzt und anschließend gemeinsam mit der ähnlich temperierten Wasserphase kaltgerührt. | Bild: Alex Schelbert / PTAheute

Aus einer Apotheke erreichte uns folgende Anfrage zu einer Rezeptur:

Wir sollen folgende Rezeptur herstellen: 

Thesit® 2,0 g
Magnesiumsulfat 2,0 g
Protegin®XN 30,0 g
Glycerol 85% 20,0 g
Gereinigtes Wasser 46,0 g

Die Creme lässt sich relativ schwierig herstellen, schon nach kurzer Zeit kommt es zum Austritt von Wasser. Was kann der Grund dafür sein?

W/O-Creme

Protegin® XN ist eine wachsartige Salbengrundlage, die aus einer Kombination nichtionogener W/O-Emulgatoren mit Sterinen, aliphatischen Alkoholen und Kohlenwasserstoffen besteht. Die Grundlage wird normalerweise in Konzentrationen von 25 bis 30% zu W/O-Cremes verarbeitet, dazu wird Protegin mit Glycerol 85% auf etwa 80 °C zur Schmelze erhitzt. Die Wasserphase wird dann auf die gleiche Temperatur gebracht und die beiden Komponenten werden gemischt und kalt gerührt. Anschließend können Wirkstoffe in die fertige Grundlage eingearbeitet werden. Da die Creme nicht konserviert ist, muss die Aufbrauchsfrist entsprechend kurz festgelegt werden. 

Wirkstoff Thesit®

Bei der Substanz Thesit® handelt es sich um ein Lokalanästhetikum mit zusätzlichen Juckreiz stillenden Eigenschaften, sie wird häufig in Dermatika-Grundlagen alleine oder auch in Kombination mit Harnstoff verarbeitet. Zunächst einmal ist bei dem Wirkstoff eine neue Namensgebung zu beachten, unter dem Warenzeichen Thesit® verbarg sich der seit langem bekannte Arzneistoff Polidocanol 600. Mittlerweile ist die Substanz mit strengeren Reinheitsanforderungen unter dem Namen Lauromacrogol 400 auf dem Markt, die Kennzahl „400“ steht dabei für den mittleren Anteil der Ethylenoxid-Einheiten. Bei Polidocanol 600 bezieht sich die Zahl „600“ dagegen auf die mittlere Molekülmasse der Substanz. Bei der Prüfung der Rezeptursubstanz in der Apotheke ist daher erhöhte Aufmerksamkeit nötig, da noch weitere synonyme Bezeichnungen existieren. 

Im Arzneibuch existiert neben dem Wirkstoff Lauromacrogol 400 auch eine Hilfsstoffmonographie zur gleichen Substanz geringerer Reinheit unter dem Namen Lauromacrogol-9-laurylether. Unter dem Warenzeichen Thesit® wird zwar normalerweise die Arzneibuchware Lauromacrogol 400 geliefert. Trotzdem muss in der Apotheke bei der Eingangsprüfung mit Hilfe des mitgelieferten Prüfzertifikates die Arzneibuchqualität des Wirkstoffes einwandfrei festgestellt werden. 

Eigenschaften des Arzneistoffes

Bei Lauromacrogol 400 handelt es sich um eine salbenartige Substanz, die bei Temperaturen oberhalb von 25 °C als Flüssigkeit vorliegt. Wird die Substanz bei Raumtemperatur gelagert, kann es daher zu einer Entmischung in einen festen und einen flüssigen Anteil kommen. Dieses Problem kann aber leicht durch Lagerung im Kühlschrank oder vorsichtiges Aufschmelzen bei 40 bis 50 °C im Wasserbad vor der Verarbeitung behoben werden. Zur lokalen Anwendung wird Lauromacrogol 400 je nach Hautzustand mit unterschiedlichen Dermatika-Grundlagen kombiniert. Der Wirkstoff kann dabei unabhängig vom pH-Wert verarbeitet werden. Um eine Rezeptur mit hoher pharmazeutischer Qualität zu erhalten, ist aber die Auswahl einer geeigneten Salbengrundlage besonders wichtig. 

Auswahl der passenden Salbengrundlage

Da es sich bei dem Wirkstoff zusätzlich um einen nichtionogenen Emulgator mit grenzflächenaktiven Eigenschaften handelt, kann es bei der Herstellung von wasserhaltigen Salben leicht zu einer Instabilität der Grundlage kommen. Besonders bei der Verarbeitung von Lauromacrogol 400 mit lipophilen Cremes gibt es häufig Probleme. Wegen seiner grenzflächenaktiven Eigenschaften stört der Wirkstoff den W/O-Emulgator an der Grenzfläche zwischen Öl- und Wasserphase, es kommt zu einer deutlichen Verflüssigung der Grundlage und zu einem Austritt von Wasser. Bei der Verarbeitung von Protegin® XN und Gereinigtem Wasser entsteht zunächst eine W/O-Creme, wird dann Lauromacrogol 400 eingearbeitet kommt es zu oben beschriebenen Unverträglichkeiten. Insofern ist das von Ihnen geschilderte Problem ganz typisch für diesen Wirkstoff. 

Larvierte Inkompatibilität

Besonders problematisch ist in diesem Zusammenhang auch, dass bei der Verarbeitung häufig zunächst eine weiche Salbe mit homogenem Aussehen entsteht. Innerhalb von 48 Stunden verliert die Zubereitung aber ihre Stabilität, das eingearbeitete Wasser tritt aus und die Creme bekommt, wie von Ihnen beschrieben, ein heterogenes Erscheinungsbild. Diese versteckten oder auch larvierten Unverträglichkeiten sind natürlich im Apothekenalltag besonders unangenehm. Die organoleptische Kontrolle der Rezeptur am Ende der Herstellung ergibt zunächst keine Beanstandung und die Zubereitung wird vom Apotheker freigegeben. Hat der Patient sein Arzneimittel dann schon mit nach Hause genommen, verliert die Arzneiform ihre Stabilität und bricht auseinander. Um solche Situationen zu vermeiden, ist eine sorgfältige Plausibilitätskontrolle der Verordnung ganz besonders wichtig. 

Standardisierte Rezepturen bevorzugt

Eine Verarbeitung von Lauromacrogol 400 in lipophilen Cremes ist generell nur mit geringem Wasseranteil möglich, vorzugsweise werden dazu standardisierte Vorschriften ausgewählt. Eine geeignete Rezeptur wäre beispielsweise die NRF-Vorschrift 11.119 „Lipophile Polidocanol-Creme“, die Grundlage ähnelt hier der Hydrophoben Basiscreme DAC, der Wasseranteil ist allerdings stark reduziert. Möchte der Arzt gerne eine Zubereitung mit höherem Wasseranteil, können Sie die „Hydrophile Polidocanol-Creme“ (NRF 11.118.) vorschlagen. Bei dieser Vorschrift wird der Wirkstoff mit Basiscreme DAC verarbeitet, bei der Herstellung ist es von Vorteil, die Grundlage vollständig vorzulegen und Lauromacrogol 400 zu ergänzen. Wird die Substanz anteilig mit Basiscreme DAC verarbeitet, können Klümpchen entstehen. Eine zusätzliche Konservierung dieser hydrophilen Creme ist übrigens nicht erforderlich, Basiscreme DAC enthält das antimikrobiell wirksame Propylenglycol in 20-prozentiger Konzentration bezogen auf die Wasserphase. Durch diesen Anteil an Propylenglycol ist die Zubereitung ausreichend vor mikrobiellem Verderb geschützt. 

Frage aus der Rezeptur?

Sie hatten eine schwer oder gar nicht herstellbare Rezeptur? Die Inhaltsstoffe waren beispielsweise nicht kompatibel? Die Phasen haben sich getrennt oder Ähnliches? Dann schicken Sie uns gerne eine Kopie des Rezepts. Wir greifen interessante Rezepturthemen in unserer Rubrik „Fragen aus der Rezeptur“ auf. Die Anfragen werden von unserer erfahrenen Rezeptur-Expertin Dr. Annina Bergner oder einem anderen kompetenten Ansprechpartner bearbeitet. Hierfür wird Ihre Anfrage per E-Mail weitergeleitet. Ihre persönlichen Daten werden nach der Bearbeitung gelöscht. Bitte beachten Sie, dass wir keine akute Hilfestellung vor der Abgabe leisten können.

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