Rezeptur
Praxiswissen
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Hydrophobe Nasencreme mit Ammoniumchlorid

geöffnete Nasencreme
Eine Kundin wünscht eine Nasencreme mit dem Wirkstoff Ammoniumchlorid. Ist diese Rezeptur plausibel? | Bild:  Sprecher / PTAheute

Aus einer Apotheke erreichte uns folgende Frage:

Eine Kundin möchte folgende Creme zur Anwendung in der Nase hergestellt haben:

Ammoniumchlorid 0,6 g
Eucerinum anhydricum 19,4 g
Gereinigtes Wasser 19,4 g
Dickflüssiges Paraffin zu 50,0 g

Uns ist allerdings keine Verwendung von Ammoniumchlorid in halbfesten Zubereitungen bekannt. Sollen wir die Rezeptur trotzdem herstellen?

Nasensalbe bei typischen Beschwerden im Winter

Im Winter leiden viele Menschen unter einer strapazierten Nase, denn Kälte und Heizungsluft trocknen die Schleimhaut und die Haut unmittelbar am Naseneingang aus. Ein Schnupfen und das Benutzen von Taschentüchern können dann zusätzlich reizen. Häufig juckt und brennt die Haut um die Nase, teilweise bilden sich auch schmerzhafte Krusten. 

Pflegende Dermatika können hier oft Abhilfe schaffen. Offensichtlich möchte die Kundin im vorliegenden Fall eine solche Zubereitung in der Apotheke hergestellt haben. 

Ammoniumchlorid in Nasencreme – Nutzen unbekannt

Chemisch gesehen handelt es sich bei Ammoniumchlorid um das Ammoniumsalz der Salzsäure. In der Natur kommt der kristalline Feststoff als Mineral vor und ist unter dem Namen Salmiak bekannt. 

Eine Verarbeitung von Ammoniumchlorid in Dermatika ist nicht bekannt. Auch sind keine Hinweise auf eine nasale Anwendung zu finden. Angaben zur Konzentration oder Dosierung von Ammoniumchlorid in dermalen Zubereitungen gibt es daher nicht. 

Gut zu wissen: Wann wird Ammoniumchlorid eingesetzt?

In der Medizin wird die anorganische Verbindung traditionell als Expectorans verwendet. Sie soll zu einer gesteigerten bronchialen Schleimproduktion führen, die genaue Wirkweise ist allerdings nicht bekannt. In Deutschland ist die Substanz als Hustenlöser in einigen Präparaten zum Lutschen enthalten. Ob die darin vorhandene Konzentration für klinisch relevante Effekte ausreicht, ist jedoch unklar. 

Weiterhin wird Ammoniumchlorid innerlich bei Infektionen der ableitenden Harnwege eingesetzt. Es säuert den Urin an und verschlechtert die Lebensbedingungen der vorhandenen Krankheitserreger. 

Neben dem Salz Ammoniumchlorid enthält die Rezeptur noch Eucerinum anhydricum und Gereinigtes Wasser zu gleichen Teilen. Eucerinum anhydricum gleicht in seiner Zusammensetzung der Wollwachsalkoholsalbe DAB, weist aber meist ein besseres Emulgiervermögen auf. Weiterhin ist zum Auffetten der W/O-Creme in obiger Rezeptur noch dickflüssiges Paraffin enthalten. 

Allgemeines zu nasalen Zubereitungen

Arzneiformen zur nasalen Anwendung können flüssig, halbfest oder fest sein. In der Rezeptur werden meist hydrophobe Nasensalben, hydrophobe Nasencremes oder hydrophile Nasengele hergestellt. 

Die Darreichungsformen sind in aller Regel zur lokalen Anwendung gedacht. Nur in seltenen Fällen soll der Wirkstoff resorbiert und eine systemische Wirkung erzielt werden. Die Zubereitungen sollen die Nasenschleimhaut nicht reizen und die Funktionsweise der Zilien nicht beeinträchtigen. 

Das Risiko einer Verkeimung ist bei dieser Art der Anwendung naturgemäß groß, mikrobiell anfällige Zubereitungen wie Nasencremes oder Nasengele müssen daher konserviert werden. Im Rezepturbetrieb kommt dabei als Konservierungsmittel meist Benzalkoniumchlorid 0,01% in Verbindung mit Natriumedetat zum Einsatz. Dabei ist die Konzentration des Konservierungsmittels auf die Gesamtmenge und nicht auf den Wasseranteil zu beziehen. 

Vorsicht bei hydrophoben Nasalia

Bei der Anwendung hydrophober Nasalia besteht das Risiko einer Lipidpneumonie. Dabei kommt es durch die Aspiration der durch die Nase zugeführten Lipide zu einer gefährlichen Entzündung der Lunge. Probleme bereiten in dieser Hinsicht vor allem flüssige Paraffine, aber auch fette Öle. 

Die meisten Betroffenen haben zu Beginn zunächst keine oder unspezifische Beschwerden wie trockener Husten, Atemprobleme und Abgeschlagenheit. Im Laufe der Zeit kommt es dann zu einer chronischen, schwer zu behandelnden Lungenentzündung. Häufig wird die Erkrankung über einen längeren Zeitraum nicht erkannt und auch nicht mit einer nasalen Applikation von Dermatika in Zusammenhang gebracht. 

Um einer Aspiration und damit der Gefahr einer Lipidpneumonie vorzubeugen, sollen hydrophobe nasale Zubereitungen nicht zu flüssig sein. Allerdings müssen sie auch weich genug sein, um sich gut zu verteilen. 

Wird mit den Zubereitungen ausschließlich der Nasenvorhof gepflegt, ist die Gefahr, dass Fremdstoffe in die Lunge gelangen, zwar gering, ganz ausschließen lässt sie sich jedoch nicht. Auf der weiter oben gelegenen Schleimhaut sollten entsprechende Produkte nur über einen kurzen Zeitraum und idealerweise nur nach ärztlicher Rücksprache verwendet werden. Insbesondere Säuglinge und Kleinkinder, bettlägerige Personen sowie Menschen mit Schluckstörungen tragen ein erhöhtes Risiko für das Auftreten einer Lipidpneumonie. 

Herstellung dünnflüssiger Emulsionen nur in Ausnahmefällen

Ölige Nasentropfen, aber auch dünnflüssige, lipophile Nasenemulsionen sollen in der Apotheke nur in Ausnahmefällen hergestellt werden. Vor der Therapie sollte ein Facharzt aufgesucht werden, der eine entsprechende Indikation feststellt. 

Zum Einsatz kommen entsprechende Zubereitungen bei Rhinitis sicca (trockene Nasenschleimhaut) sowie bei Verkrustungen ausgelöst durch chirurgische Eingriffe. Wird nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung eine Behandlung angeordnet, sollte diese so kurz wie möglich erfolgen. 

Fazit: Herstellung von Nasensalbe mit Ammoniumchlorid nicht empfohlen

Aufgrund der unklaren Wirkung und der grundsätzlichen Sicherheitsbedenken bei der Anwendung hydrophober Nasalia wird von einer Herstellung der oben vorgestellten Zubereitung abgeraten. 

Zur Befeuchtung der Nasenschleimhaut können der Kundin Präparate auf Meersalzbasis empfohlen werden. Zur Anwendung können dabei isotone Meersalz-Nasensprays kommen, diese entsprechen mit einem Salzgehalt von 0,9% dem der Nasenschleimhaut. 

Zur Reinigung und Befeuchtung der Nasenschleimhaut sind auch Nasenduschen mit isotonischen Salzlösungen gut geeignet. Die Nasenwege werden dadurch von überschüssigem Schleim befreit und verhärtete Nasensekrete wie Krusten und Borken können sich verflüssigen. 

Möchte die Kundin auch die Haut am Nasenvorhof pflegen, können Dermatika mit Dexpanthenol hilfreich sein. Damit keine Partikel in die Lunge gelangen können, sollen die entsprechenden Produkte nur am Naseneingang innerhalb der Nasenlöcher verwendet werden. Quellen:
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2019/05/31/trockene-nasenschleimhaut-was-hilft
https://www.test.de/Nasenpflege-Oele-Salben-und-Cremes-im-Test-5097736-5097747/
DAC/NRF-Rezepturhinweis Paraffine (13.07.2021)
DAC/NRF Allgemeine Hinweise, I.13. Zubereitungen zur nasalen Anwendung
Rundschreiben der Bayerischen Landesapothekerkammer Nr. 2/2002
 

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