Rezeptur
Praxiswissen
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Der pH-Wert: Vater aller Rezepturprobleme

Prof. Dr. Schiffter-Weinle am Rednerpult der Interpharm
Prof. Dr. Schiffter-Weinle erläuterte in seinem Vortrag, wieso der pH-Wert der Vater aller Rezepturprobleme ist. | Bild: PTAheute

Den pH-Wert einer Zubereitung richtig zu messen kann in der Apotheke eine heikle Aufgabe sein. Hilfreich sind hierbei Literaturangaben über Wirkstoffe mit optimalen oder rezeptierbaren pH-Werten für die Stabilitäts- und Wirksamkeitsprognosen. Teilweise ist eine theoretische Abschätzung des pH-Wertes in der fertigen Zubereitung möglich. Schwieriger erweist sich oft die Bestimmung des pH-Wertes durch eine geeignete Methode. Das gilt für standardisierte Zubereitungen ebenso wie für Eingangsprüfungen von Ausgangsstoffen.

Möglichkeiten zur pH-Messung

  • Indikatormethode
  • Potentiometrische Methode

Die genaue Methodenbeschreibung ist wichtig für pH-Bestimmungen: 

  • Probenvorbehandlung 
  • Probenmenge 
  • Art des Indikators bzw. der verwendeten Messelektrode 
  • Kontaktzeit vor Ablesung

pH-Wert und Wirkstoffstabilität 

Der pH-Wert spielt bei chemischen Instabilitäten eine wichtige Rolle. Chemische Zersetzungsreaktionen, deren Geschwindigkeit durch den pH-Wert beeinflusst werden, sind Hydrolyse, Oxidation, sterische Umlagerungen und Decarboxylierungen.

Beispiel: Erytrhromycin Hydrolyse

Der rezeptierbare Bereich von Erythromycin liegt im Bereich zwischen pH 7 und 10. Der Wirkstoff löst sich zwischen pH 8 und 9 (pH-Optimum 8,5). Bei einem ungünstigen pH-Wert kommt es zu einer schnellen Inaktivierung des Wirkstoffes. Vorsicht ist geboten bei der Kombination mit sauer reagierenden Wirk- und Hilfsstoffen sowie bei Grundlagen, die mit Sorbinsäure oder Kaliumsorbat konserviert sind. Das pH-Optimum kann mit Citronensäure eingestellt werden.

pH-Wert und Oxidation

Auch die Geschwindigkeit von oxidativen Vorgängen wird durch den pH-Wert beeinflusst. Je niedriger das Redoxpotenzial desto schneller und vollständiger verläuft die Oxidation.

Tipps bei oxidationsempfindlichen Substanzen

  • Steigende pH-Werte erhöhen die Geschwindigkeit der Reaktion -> möglichst sauren pH-Wert einstellen
  • Gegenwart von Sauerstoff -> Begasung mit Kohlendioxid oder Stickstoff
  • Einwirkung von Licht -> Braune Aufbewahrungsgläser oder Aluminiumtuben 
  • Steigende Temperaturen -> Kühle Lagerung der Zubereitung

pH-Wert und Zersetzung von Harnstoff

Besondere Gefahr besteht durch die Harnstoffhydrolyse in ungepufferter wässriger Lösung. Im Verlauf der Zeit kommt es zu einer deutlichen pH-Erhöhung, selbst bei geringfügiger Hydrolyse und dadurch zu einer möglichen Beeinträchtigung der Wirksamkeit und Stabilität anderer Arzneistoffe in der Rezeptur.

Tipps gegen die Harnstoff-Zersetzung

  • rezeptierbarer Bereich pH 4 bis 8 (Optimum pH 6,2) 
  • Pufferung (schwach sauer) wässriger Harnstoffformulierungen verlangsamt den pH-Anstieg für eine gewisse Zeit (Geeignete Puffersysteme z. B. Citratpuffer, Phosphatpuffer oder Lactatpuffer) 
  • Packmaterial das ein Verdunsten von Wasser aus wasserhaltigen Rezepturen verhindert wählen 
  • Wärme bei der Einarbeitung des Harnstoffs vermeiden, da die Harnstoffhydrolyse stark temperaturabhängig ist. 

pH-Wert und Applikationsart

Der pH-Wert einer Rezeptur kann einen Kompromiss zwischen Stabilität der Wirk- oder Hilfsstoffe und der Verträglichkeit am Applikationsort darstellen. 

Applikationsart
 
Empfohlener pH-Wert (nach Herzfeld, Kreuter 1999)
OralTropfenweise 3 bis 9; Löffelweise 5 bis 7,5
Nasal5 bis 8
Auricular5 bis 8
DermalBreiter Toleranzbereich; Hautneutralität je nach Körperregion zwischen
4,5 und 6,9
OphtalAugentropfen 5 bis 8; Augenwässer 7,4
ParenteralInjektionen 5 bis 8; Infusionen 7,4

Frage aus der Rezeptur?

Sie hatten eine schwer oder gar nicht herstellbare Rezeptur? Die Inhaltsstoffe waren beispielsweise nicht kompatibel? Die Phasen haben sich getrennt oder Ähnliches? Dann schicken Sie uns gerne eine Kopie des Rezepts. Wir greifen interessante Rezepturthemen in unserer Rubrik „Fragen aus der Rezeptur“ auf. Die Anfragen werden von unserer erfahrenen Rezeptur-Expertin Dr. Annina Bergner oder einem anderen kompetenten Ansprechpartner bearbeitet. Hierfür wird Ihre Anfrage per E-Mail weitergeleitet. Ihre persönlichen Daten werden nach der Bearbeitung gelöscht. Bitte beachten Sie, dass wir keine akute Hilfestellung vor der Abgabe leisten können.

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