Umgang mit Isotretinoin-Rezepten : Ist „Dj“ als Dosierungsangabe immer ausreichend?
Aus einer Apotheke erreichte uns folgende Frage:
Wir erhielten eine Verordnung über „Isotretinoin Basics 20 mg WKA N3 100 St. PZN 13426887“ für eine 17-jährige Frau. Als Dosierung war „>>Dj<<“ angegeben. Wir vergewisserten uns, dass der Patientin die korrekte Anwendung und Dosierung bekannt war, und gaben das Arzneimittel ab. Jedoch folgte später eine Vollabsetzung mit Verweis auf § 28 AMG (Abgabe durch Zulassungsauflage eingeschränkt). Ist die Retax gerechtfertigt?“
Nur „Dj“ reicht hier nicht aus
Bei entsprechenden Verordnungen sollten Apotheken aufmerksam sein und genau prüfen, da sich ansonsten eine Retaxfalle ergeben kann – wie dieser Fall zeigt.
Grundlage für diese Retaxierung sind die Verordnungs- und Abgabevorgaben für Isotretinoin-Rezepte. Die Apotheke hätte die exakte Dosierung nach Rücksprache mit dem Arzt auf dem Rezept nachtragen müssen, sodass klar ersichtlich geworden wäre, dass die Höchstmenge nicht überschritten wird. Nur die Angabe von „Dj“ reicht bei Isotretinoin-Rezepten nicht aus.
Wenn der Arzt eine Bestätigung ausstellt, dass die Patientin mit der laut Medikationsplan angewiesenen Dosierung die Höchstmenge nicht überschreitet, ist ein Einspruch denkbar, aber ob dieser von der Krankenkasse nachträglich akzeptiert würde, ist fraglich.
Verordnungs- und Abgabevorgaben für Isotretinoin-Rezepte
Bei Rezepten über verschreibungspflichtige Arzneimittel ist nach § 2 Abs. 1 der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) die Angabe der Dosierung bzw. ein Hinweis auf einen vorliegenden Medikationsplan erforderlich:
§ 2 Abs. 1 der AMVV
„Die Verschreibung muss enthalten: […]
7. die Dosierung; dies gilt nicht, wenn dem Patienten ein Medikationsplan, der das verschriebene Arzneimittel umfasst, oder eine entsprechende schriftliche Dosierungsanweisung einer verschreibenden Person vorliegt und wenn die verschreibende Person dies in der Verschreibung kenntlich gemacht hat oder wenn das verschriebene Arzneimittel unmittelbar an die verschreibende Person abgegeben wird […]“
Dies gilt im Grundsatz auch für Verordnungen über Isotretinoin-haltige Arzneimittel. Dabei sind jedoch besondere Auflagen bei Verordnung und Abgabe zu beachten, da der Wirkstoff stark teratogen ist. Um schwerwiegende Folgen zu vermeiden, können entsprechende Arzneimittel für Frauen im gebärfähigen Alter nur im Rahmen eines sorgfältigen Schwangerschaftsverhütungsprogramms verordnet werden.
Genauere Details zu Verordnung und Abgabe sind im „Leitfaden für Ärzte und Apotheker zur Verordnung und Abgabe von Isotretinoin“ des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu finden.
Auszug aus BfArM-Leitfaden für Ärzte und Apotheker
„Wichtige Fakten über Isotretinoin:
- Isotretinoin ist hoch teratogen.
- Die fetale Exposition gegenüber Isotretinoin führt sehr häufig zu kongenitalen Missbildungen.
- Die Behandlung mit Isotretinoin ist in der Schwangerschaft und Stillzeit absolut kontraindiziert.
- Patientinnen müssen eine Schwangerschaft mindestens einen Monat lang vor der Behandlung, während der Behandlung und mindestens einen Monat lang danach mit mindestens einer, vorzugsweise jedoch zwei komplementären Methoden der Empfängnisverhütung verhindern.
- Patientinnen müssen vor, während der Behandlung und 5 Wochen nach der Behandlung Schwangerschaftstests vornehmen lassen.“
Abgabekontrolle in der Apotheke nötig
Bezüglich der Vorgaben für die Apotheke ist Folgendes in diesem Leitfaden zu finden:
Auszug aus BfArM-Leitfaden für Ärzte und Apotheker
„Bei der Abgabe von Isotretinoin ist Folgendes zu beachten:
- Abgabe von Isotretinoin an Patientinnen nur innerhalb von sieben Tagen ab auf dem Rezept vermerkten Ausstellungsdatum. Rezepte, die mehr als sieben Tage nach dem Ausstellungsdatum vorgelegt werden, werden als ungültig betrachtet und müssen vom Verordner neu ausgestellt werden (dies erfordert das Durchführen eines neuen Schwangerschaftstests).
- Abgabe von Isotretinoin an Frauen im gebärfähigen Alter nur für einen 30-Tage-Vorrat.
- Nicht akzeptabel sind:
- Telefonische, gefaxte und Computer-generierte Bestellungen für Isotretinoin
- Mehrfacheinlösungen desselben Rezepts
- Abgabe von unverkäuflichen Mustern“
Die entsprechenden Vorgaben finden sich auch in § 3b der AMVV:
§ 3b der AMVV
„(1) Die Höchstmenge der Verschreibungen von oral anzuwendenden Arzneimitteln, die die Wirkstoffe Acitretin, Alitretinoin oder Isotretinoin enthalten, darf für Frauen im gebärfähigen Alter je Verschreibung den Bedarf für 30 Tage nicht übersteigen.
(2) Verschreibungen von Arzneimitteln nach Absatz 1 sind für Frauen im gebärfähigen Alter bis zu sechs Tagen nach dem Tag ihrer Ausstellung gültig.“
Fazit
Um eine Retaxation eines Rezeptes über ein Isotretinoin-haltiges Arzneimittel zu vermeiden, ist neben der verkürzten Rezeptgültigkeit von 6 Tagen plus Ausstellungsdatum unbedingt auf die eindeutige Angabe einer Dosierung und damit verbunden auf die Einhaltung der vorgegebenen Höchstmenge zu achten. Dies gilt besonders bei Verordnungen für Frauen im gebärfähigen Alter. Die alleinige Angabe „Dj“ als Verweis auf einen vorliegenden Medikationsplan genügt bei Isotretinoin-Rezepten nicht.
Die Vorgaben gelten übrigens nach AMVV neben dem Wirkstoff Isotretinoin (Aknenormin und Generika) auch für die Wirkstoffe Acitretin (Acicutan, Neotigason) und Alitretinoin (Alitrederm, Toctino). Quelle: BfArM / ng, cd