Biologicals: Muss ein Rabattarzneimittel abgegeben werden?
Aus einer Apotheke erreichte uns folgende Frage:
Uns liegt folgende Verordnung zulasten der IKK classic Sachsen (IK 107202793) vor:
Remicade 100 mg Pulver PIK 3 St. N1 PZN 01359654 (MSD Sharp & Dohme GmbH)
Remicade 100 mg Pulver PIK 3 St. N1 PZN 01359654 (MSD Sharp & Dohme GmbH)Bei Eingabe in die EDV wird das Original ohne Kommentar übernommen. Bei weiteren Recherchen fiel uns aber auf, dass es andere Arzneimittel mit dem Wirkstoff Infliximab in gleicher Stärke und Packungsgröße gibt, die bei der Krankenkasse rabattiert sind. Können wir das Original ohne Retaxgefahr abgeben oder muss ein Rabattarzneimittel abgegeben werden?
Antwort
Die bloße Existenz eines Rabattvertrags bedeutet nicht automatisch, dass die Rabattarznei in jedem Fall von der Apotheke abgegeben werden darf. Für die vertragskonforme Abgabeentscheidung müssen Sie immer vom verordneten Mittel ausgehen und dann prüfen, ob es gegebenenfalls Rabattarzneimittel gibt, die anstelle des verordneten Arzneimittels vorrangig abzugeben wären. Wichtig ist auch, dass die auf dem Rezept angegebene IK der Krankenkasse in die Apotheken-EDV eingegeben wird. Nur so können die richtigen Rabattverträge dargestellt werden.
Bei Remicade handelt es sich um ein Biological. Für die Austauschbarkeit von biotechnologisch hergestellten Arzneimitteln gilt, dass ein Austausch nur dann erlaubt ist, wenn es sich um Bioidenticals handelt (identische Ausgangsstoffe, identischer Herstellungsprozess) und diese in der Anlage 1 des Rahmenvertrags als gegeneinander austauschbar definiert sind.
§ 9 des Rahmenvertrags i. d. F. vom 15. Dezember 2019
(1) Hat der Vertragsarzt […] d) ein biotechnologisch hergestelltes Fertigarzneimittel verordnet, das nicht von der Anlage 1 dieses Rahmenvertrages erfasst ist, hat die Apotheke nach Maßgabe des § 11 eine Auswahl gemäß den folgenden Sätzen zu treffen: 1. Bei Verordnung eines Referenzarzneimittels umfasst der Auswahlbereich dieses Fertigarzneimittel sowie dessen Importarzneimittel. […]
(3) Das für die Abgabe ausgewählte Fertigarzneimittel muss gegenüber dem ärztlich verordneten Fertigarzneimittel folgende Kriterien erfüllen: a) gleicher Wirkstoff, […] Wirkstoffgleich sind auch biotechnologisch hergestellte Arzneimittel, sofern diese auf das jeweilige Referenzarzneimittel Bezug nehmend zugelassen sind und sich in Ausgangsstoffen und Herstellungsprozess nicht unterscheiden; die Verpflichtung der Apotheke zur Berücksichtigung dieser Arzneimittel bei der Auswahl besteht für in Anlage 1 in der jeweils gültigen Fassung als untereinander wirkstoffgleich aufgeführte Arzneimittel. […]
In Anlage 1 des Rahmenvertrags sind nur die Arzneimittel Inflectra und Remsima als austauschbare Bioidenticals mit dem Wirkstoff Infliximab gelistet.
Daher tappen Sie hier mit Abgabe des Originals nicht in eine Retaxfalle, denn ein Austausch des verordneten Remicade gegen ein anderes (rabattiertes) Infliximab-Präparat ist aufgrund der Vorgaben des Rahmenvertrags nicht erlaubt.
Achtung: Eine Wirkstoffsuche bei Biologicals kann zu falschen Abgaben führen. Führt man eine Wirkstoffsuche zu Infliximab in der fraglichen Stärke durch, so findet man zwar Rabattarzneimittel (zum Beispiel Remsima und Inflectra), doch ausgehend von dem verordneten Präparat Remicade besteht keine Austauschbarkeit zu den rabattierten Arzneimitteln!
Auf einen Blick:
- Bei Biologicals müssen die besonderen Vorgaben zur Austauschbarkeit berücksichtigt werden.
- Austauschbar sind nur Bioidenticals, die in Anlage 1 des Rahmenvertrags aufgeführt sind.
- Die Abgabeentscheidung ist immer ausgehend vom verordneten Arzneimittel zu treffen.
- Im vorliegenden Fall ist eine Austauschbarkeit auf ein Rabattarzneimittel nicht gegeben.
- Achtung: Eine Wirkstoffsuche kann bei Biologicals zu fehlerhaften Abgaben führen, wenn die Austauschbarkeit zum verordneten Arzneimittel nicht geprüft wird!