Wie schlimm war die Grippe 2018/19 und wie bestimmt man Grippetodesfälle?
Die letzten beiden Grippewinter dürften PTA und Apothekern noch ziemlich gut im Gedächtnis sein. War 2017/18 das große Drama, dass der hauptsächlich zirkulierende Influenzavirus B Yamagata (69 Prozent aller Viren) nur durch eine Vierfachimpfung abgedeckt wurde, die zu diesem Zeitpunkt nicht standardmäßig von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet wurde, machte die letzte Influenzasaison 2018/19 vor allem von sich reden, weil der Grippeimpfstoff knapp war und schließlich ausging.
Wie die aktuelle Grippesaison sich gestaltet, lässt sich nicht voraussagen. Doch das RKI hat einen ausführlichen Blick auf die vergangene Grippesaison geworfen und seine Ergebnisse im Influenzasaisonbericht, dem sogenannten „Bericht zur Epidemiologie der Influenza in Deutschland Saison 2018/19“ veröffentlicht. Wie war die Grippe 2018/19, welche Grippeviren zirkulierten hauptsächlich und wie viele Menschen verstarben?
Welche Viren bestimmten das Grippegeschehen?
Insgesamt verlief die letzte Grippesaison 2018/19 verglichen mit dem Grippewinter 2017/18 relativ mild – sie war kürzer, weniger Menschen erkrankten, mussten ins Krankenhaus oder verstarben. In der letzten Grippesaison zirkulierten hauptsächlich Influenza-A-Viren. Sie machten von den insgesamt 182.000 in Laboren nachgewiesenen Grippeviren (labordiagnostisch bestätigte Influenzafälle) mit 98,5 Prozent die absolute Mehrheit aus. Influenza-B-Viren waren nur spärlich im Umlauf. Ganz im Gegensatz zum Grippewinter 2017/18, der mit 334.000 laborbestätigten Influenzafällen deutlich heftiger verlief. Hier dominierten vor allem Influenza-B-Viren und Influenza-A-Viren kamen deutlich seltener vor.
Wie oft mussten Grippepatienten im Krankenhaus behandelt werden?
Das RKI hat auch Daten dazu ausgewertet, wie viele Patienten mit einer im Labor nachgewiesenen Grippeinfektion im Krankenhaus behandelt wurden. Dies war im letzten Grippewinter bei rund einem Viertel der Patienten (40.000) der Fall. Als häufigste Komplikation trat bei im Krankenhaus behandelten Influenzapatienten eine Lungenentzündung (Pneumonie) auf.
In der Saison 2017/18 waren rund 60.000 hospitalisierte Influenzafälle an das RKI übermittelt worden.
Insgesamt schätzt das Robert Koch-Institut für das letzte Jahr etwa 3,8 Millionen influenzabedingte Arztbesuche – für die extreme Grippesaison zuvor geht das RKI von rund neun Millionen Arztbesuchen aufgrund von Grippe aus. Auch stellten Ärzte im letzten Jahr deutlich seltener Arbeitsunfähigkeiten aufgrund von Grippe fest, nämlich 2,3 Millionen Mal. Im Jahr davor waren es mehr als doppelt so viele (5,3 Millionen).
Wen traf die Grippe?
Laut dem RKI erkrankten vor allem die 35- bis 59-Jährigen an Grippe, ein Drittel aller übermittelten Fälle betraf diese Gruppe (2017/18: 38 Prozent). Ein Viertel aller Fälle wurde in der Altersgruppe der über 59-Jährigen erfasst – was in der Vorjahressaison ähnlich war. Auch Säuglinge traf die Grippe relativ häufig und öfter als in der Vorsaison. 13 Prozent aller labordiagnostisch bestätigten Influenzafälle entfiel auf Null- bis Vierjährige (Vorjahr: 9 Prozent).
Wie viele Menschen starben an Grippe?
2018/19 wurden laut RKI 954 Todesfälle mit Influenza-Infektion übermittelt, was deutlich weniger sind als 2017/18 mit 1.674 Todesfällen. Allerdings bergen diese Zahlen auch ein gewisses Verzerrungspotenzial – zum Beispiel: Wie oft wird im ambulanten und stationären Bereich überhaupt ein Labornachweis für Influenza durchgeführt? Das könnte bedeuten, dass deutlich mehr Menschen mit einer Influenza-Infektion verstorben sind, als bekannt ist. Andererseits bedeutet „Todesfall mit Influenzainfektion“ nicht automatisch, dass Grippe auch die Todesursache war – vielleicht verstarb der Patient auch aufgrund einer schweren Herzschwäche, hatte aber zusätzlich eine Grippeinfektion.
Doch auch der andere Fall kommt laut RKI vor und Influenza wird häufig fälschlicherweise nicht als Todesursache auf dem Totenschein eingetragen: Auch wenn Grippe wesentlich zum Tod beigetragen hat, ist die Erfahrung des RKI, dass Todesfälle, die der Influenza zuzuschreiben sind, sich in anderen Todesursachen wie Diabetes mellitus, Lungenentzündung oder Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems verbergen.
Übersterblichkeit wird der Grippe zugeschrieben
Wie also kann man feststellen, wie viele Menschen an Grippe gestorben sind? Das RKI bedient sich hier eines Tricks – und schätzt die „normale“ Sterblichkeit in der Bevölkerung während der Grippewelle unter der Annahme, dass keine Grippeviren vorhanden sind. Dieser ermittelte Wert beschreibt die „Hintergrundmortalität“.
Nun kann man im Zeitraum der Grippewelle einen Anstieg der Sterblichkeit in der Bevölkerung beobachten – diese Übersterblichkeit wird der Grippe zugeschrieben. Für die schwere Grippesaison 2017/18 hat das RKI mit 25.100 Todesfällen durch Influenza die höchste Sterblichkeit der letzten 30 Jahre ermittelt. Für die letztjährige Saison liegen nach Angaben des RKI die endgültigen Ergebnisse der Sterbefälle noch nicht vor.