Erster Wirkstoff gegen COVID-19: Remdesivir in den USA regulär zugelassen
Durch die am 1. Mai 2020 in den USA erteilte Notfallgenehmigung (Emergency Use Authorization, EUA) wollte man schnellstmöglich ein Arzneimittel zur Behandlung von COVID-19 verfügbar machen. In den Vereinigten Staaten darf Remdesivir in Veklury® seither bei Kindern und Erwachsenen mit Verdacht auf eine oder mit bestätigter COVID-19-Erkrankung und einem schweren Verlauf eingesetzt werden. Bereits am 28. August wurde die EUA korrigiert, sodass nicht nur schwer Erkrankte das Virostatikum erhalten durften. Eine Notfallgenehmigung entspricht allerdings keiner regulären Zulassung – diese hat die FDA (Food and Drug Administration) dem ersten COVID-19-Arzneimittel nun am 22. Oktober erteilt.
Notfallgenehmigung bleibt für Kinder
Durch die reguläre Zulassung setzt die FDA eine Altersgrenze: Remdesivir darf erst bei COVID-19-Patienten ab einem Alter von zwölf Jahren beziehungsweise 40 Kilogramm Körpergewicht eingesetzt werden, deren Erkrankung eine Krankenhausbehandlung erfordert. Die Notfallgenehmigung hingegen umfasste die gesamte Bevölkerung, also auch Kinder unter zwölf Jahren.
Die FDA will jedoch pädiatrischen COVID-19-Patienten weiterhin den Zugang zu Remdesivir ermöglichen. Aus diesem Grund hat die FDA die EUA überarbeitet, sodass auch hospitalisierte Kinder unter zwölf Jahren mit vermutetem oder im Labor bestätigtem COVID-19 und einem Gewicht zwischen 3,5 Kilogramm und weniger als 40 Kilogramm Körpergewicht das Arzneimittel erhalten können. Klinische Studien zur Beurteilung der Sicherheit und Wirksamkeit von Veklury® bei pädiatrischen Patienten sind der FDA zufolge im Gange.
Auch in der EU: nur bedingte Zulassung
Auch in der EU darf Remdesivir seit 3. Juli 2020 im Rahmen einer "bedingten Zulassung" zur Behandlung von COVID-19 eingesetzt werden. Und auch hier erfolgte die Zulassung schneller als gewöhnlich, um rasch eine erste Behandlungsmöglichkeit für COVID-19-Patienten zu schaffen. Anders als die erste Notfallgenehmigung in den Vereinigten Staaten ist die Anwendung von Veklury® in der EU von Beginn an eingeschränkt. Remdesivir darf nur bei Erwachsenen und Jugendlichen ab zwölf Jahren zum Einsatz kommen, wenn diese an einer SARS-CoV-2-bedingten Lungenentzündung mit zusätzlichem Sauerstoffbedarf leiden.
Patienten genesen schneller mit Remdesivir
Die FDA bewertet nun die reguläre Zulassung als einen „Meilenstein in der COVID-19-Pandemie“. Ihre Entscheidung stützt die Arzneimittelbehörde auf Daten mehrerer klinischer Studien, unter anderen aus der vom National Institutes of Health durchgeführten multizentrischen, doppelblinden, randomisierten und kontrollierten Phase-III-Studie bei hospitalisierten COVID-19-Patienten (Adaptive COVID-19 Treatment Trial, ACTT-1). Die Studie untersuchte 1.062 stationäre Patienten mit leichtem, mittelschwerem und schwerem COVID-19: 541 Patienten erhielten Veklury®, 521 Patienten Placebo, jeweils zusätzlich zur Standardbehandlung. Hier zeigte sich in der Zeit bis zur Genesung ein statistisch signifikanter – also nicht allein durch Zufall erklärbarer – Vorteil für die Remdesivirbehandlung: Die Genesungszeit betrug im Median 10 Tage unter Remdesivir verglichen mit 15 Tagen unter Placebo. Als genesen galt, wer innerhalb von 28 Tagen nach Studieneinschluss nicht mehr hospitalisiert (im Krankenhaus) war und keine Einschränkung der Aktivität zeigte oder nicht mehr hospitalisiert war, aber eine Einschränkung der Aktivität und/oder Sauerstoffbedarf hatte oder zwar noch hospitalisiert war, jedoch ohne Sauerstoffbedarf.
EMA prüft Hinweis auf Nierenschäden unter Remdesivir
Erst am 2. Oktober 2020 hat der Ausschuss für die Risikobewertung von Arzneimitteln bei der EMA (PRAC, Pharmacovigilance Risk Assessment Committee) ein Sicherheits-Review zu Remdesivir eingeleitet. Der Grund: Den PRAC erreichte ein Signal zu akuten Nierenschädigungen bei Patienten, die Remdesivir erhalten hatten. Allerdings kann auch SARS-CoV-2 die Nieren schädigen. Der PRAC geht nun der Frage nach, was hinter der Nierentoxizität steckt: Remdesivir oder SARS-CoV-2. Aktuell ist also nicht geklärt, ob ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Nierenschädigung und Remdesivir besteht.