Johnson & Johnson beantragt EU-Zulassung: EMA prüft vierten Corona-Impfstoff
Mitte März könnte ein vierter Corona-Impfstoff in Europa auf den Markt kommen und den Mangel an Impfstoffen lindern. Wie die EU-Arzneimittelbehörde EMA am Dienstag mitteilte, hat der US-Hersteller Johnson & Johnson die Zulassung für seine Vakzine beantragt. Die EMA sagte eine schnelle Prüfung zu. Sollte das Gutachten positiv ausfallen, will die EU-Kommission die Zulassung rasch erteilen.
200 Millionen Impfdosen bestellt
Derzeit sind in der EU die Corona-Impfstoffe von Biontech/Pfizer, Moderna und AstraZeneca auf dem Markt. Doch sind sie noch überall in der EU knapp, weil die Produktion erst langsam hochgefahren wird. Von Johnson & Johnson hat die EU-Kommission Impfdosen für 200 Millionen Menschen bestellt. Zudem hat sie eine Option auf ausreichende Mengen für noch einmal 200 Millionen Personen. Die Besonderheit: Voraussichtlich reicht eine Dosis zur Immunisierung. Alle übrigen derzeit genutzten Vakzinen müssen dagegen zweimal verabreicht werden.
66-prozentiger Schutz vor mittleren oder schweren Krankheitsverläufen
Nach Zwischenergebnissen seiner klinischen Tests hatte der Hersteller bekannt gegeben, dass der Impfstoff vier Wochen nach Verabreichung einen 66-prozentigen Schutz vor mittleren oder schweren COVID-19- Krankheitsverläufen biete. Die Schutzwirkung soll sich konsistent bei allen ethnischen Gruppen und Altersgruppen (inkl. Erwachsene über 60 Jahre) gegen neu auftretende Stämme des Coronavirus gezeigt haben.
Die Wirksamkeit gegen schwere Erkrankungen wurde mit 85 Prozent angegeben. „Sie betrug bei allen Erwachsenen ab 18 Jahren nach 28 Tagen 85 Prozent und nahm im Laufe der Zeit zu“, so der Hersteller. 28 Tage nach der Impfung soll der COVID-19-Impfstoffkandidat von Janssen Pharmaceutical (ein Teil von Johnson & Johnson) zudem einen vollständigen Schutz vor COVID-19-bedingten Krankenhausaufenthalten und Todesfällen gezeigt haben.
Die Werte liegen etwas unter denen der Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna, gelten aber immer noch als gut.
Bewertung voraussichtlich Mitte März
Die EMA erklärte, man werde die Vakzine der Johnson & Johnson-Tochter Janssen-Cilag International N.V. in einem beschleunigten Verfahren prüfen. Der zuständige Ausschuss könnte seine Bewertung Mitte März abgeben. Voraussetzung sei, dass die Daten der Firma zur Wirksamkeit, Sicherheit und Qualität umfassend und robust seien. Eine so kurze Prüfung sei nur möglich, weil die EMA bereits einige Daten im Rolling-Review-Verfahren vorab begutachtet habe.
Zur Erinnerung: Was ist das Rolling-Review-Verfahren?
Die Bewertung eines Impfstoff-Kandidaten im Rahmen eines sogenannten „Rolling Review“ dient der Beschleunigung auf dem Weg zur Impfstoffzulassung. Hier wird mit der Bewertung von Datenpaketen der nichtklinischen und klinischen Entwicklung eines Impfstoffkandidaten bereits begonnen, bevor alle erforderlichen Daten für einen Zulassungsantrag erhoben sind. Der formelle Zulassungsantrag kann gestellt werden, sobald alle erforderlichen Daten vorliegen. Durchgeführt wird das Rolling-Review-Verfahren vom Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Zulassungsagentur EMA.
Wirkung mithilfe eines Adenovirus
Bei der Vakzine von Janssen-Cilag handelt es sich um ein Adenovirus, das so verändert wurde, dass es das Gen zur Produktion des SARS-CoV-2-Spike-Proteins enthält. Dieses Gen wird mittels des Adenovirus-Vektors in die Körperzellen geschleust und dort zur Produktion des Spike-Proteins genutzt. Dieses Protein wiederum rege die Produktion von Antikörpern an und aktiviere die Abwehr durch weiße Blutkörperchen.
Auch die Corona-Vakzine von AstraZeneca und der Universität Oxford ist vektorbasiert. Biontech/Pfizer und Moderna setzen hingegen auf mRNA.
Ziel: Bedingte Marktzulassung für Johnson & Johnson
Johnson & Johnson hatte in den USA bei der Arzneimittelbehörde FDA kürzlich eine Notfallzulassung für den Impfstoff beantragt. Die EU pocht hingegen auf eine reguläre bedingte Marktzulassung. Dafür nötig ist eine ausführlichere Prüfung. Der Vorteil ist nach EU-Angaben größeres Vertrauen der Bürger in Sicherheit und Wirksamkeit, zudem sei die Herstellerhaftung damit geregelt.