Mythen und Fakten zu Corona-Schnelltests in der Apotheke
Mythos 1: Corona-Schnelltests treiben die Corona-Zahlen durch viele falsch positive Ergebnisse nach oben
Das ist so nicht richtig. Grundsätzlich gilt: Je niedriger die Prävalenz, desto unsicherer sind positive Testresultate. Und je höher die Prävalenz, desto unsicherer sind negative Testresultate. Bei Massentests, also bei niedriger Prävalenz, werden mehr falsch positive Testergebnisse mit SARS-CoV-2-Antigen-Schnelltests erzeugt.
Zur Erinnerung: Was bedeuten Prävalenz und Inzidenz?
Unter der Prävalenz versteht man die gesamte Anzahl von Krankheitsfällen in einem betrachteten Teil der Bevölkerung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder während eines bestimmten Zeitraums. Die Prävalenz einer bestimmten Erkrankung wird meist als Prozentsatz angegeben (Anteil der erkrankten Personen an der Gesamtbevölkerung).
Die Prävalenz gibt also Aufschluss über bestehende Fälle. Die Inzidenz hingegen informiert über neu auftretende Fälle. In einer Bevölkerungsgruppe von 10.000 Personen sind 500 Personen von einer bestimmten Erkrankung „neu“ betroffen.
Dagegen sind positive Testresultate bei gezielterem Testen (etwa von symptomatischen Personen), also bei höherer Prävalenz, verlässlicher. Es ist also richtig, dass, je mehr Menschen getestet werden, auch mehr falsch positive Ergebnisse entstehen. Ein positives Schnelltestergebnis wird aber – egal ob falsch positiv oder nicht – nicht dem RKI gemeldet. Wenn eine Person ein positives Schnelltestergebnis erhält, wird dieses zwar dem zuständigen Gesundheitsamt mitgeteilt und der Betroffene hat sich in Quarantäne zu begeben. Jedoch muss das Antigen-Schnelltestergebnis durch einen anschließenden PCR-Test bestätigt werden. Ein falsch positiver Antigentest ist beim anschließenden PCR-Test, nach den aktuell vorliegenden Daten des RKI, mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit negativ. Nur wenn dieser ebenfalls positiv ist, meldet das Gesundheitsamt die betreffende Person dem Robert Koch-Institut als „Neuinfektion“. Erst dann hat der positive Test Einfluss auf die Inzidenz.
Zur Erinnerung: Sensitivität und Spezifität von Corona-Tests
Zur Beurteilung der Qualität von Tests werden zwei Testgütekriterien betrachtet: Sensitivität und Spezifität. Die Sensitivität (also die „Richtig-positiv-Rate“) eines Tests beschreibt seine Fähigkeit, mit SARS-CoV-2 infizierte Personen korrekt zu identifizieren. Die Spezifität (die „Richtig-negativ-Rate“) eines Tests beschreibt seine Fähigkeit, diejenigen Personen korrekt zu identifizieren, die nicht mit SARS-CoV-2 infiziert sind. Verschiedene Hersteller der Antigen-Tests geben Sensitivitäten von 90 bis 98 Prozent und Spezifitäten von 98 bis 100 Prozent an. Die Angaben der Hersteller beziehen sich auf Proben, die laut PCR-Test alle positiv waren. In der Testpraxis enthalten jedoch nur rund 80 Prozent aller Proben von infizierten Personen das Virus, zum Beispiel aufgrund von fehlerhaften Abstrichnahmen oder Ähnlichem. Daher wird die maximale klinische Sensitivität in der Regel konservativer geschätzt auf etwa 80 Prozent.
Mythos 2: Kinder dürfen nicht mittels Schnelltest in der Apotheke getestet werden
Falsch. Kinder dürfen in der Apotheke – genauso wie beim Kinderarzt und in Testzentren des öffentlichen Gesundheitsdienstes – getestet werden. Das Verfahren bei Kindern ist grundsätzlich das gleiche wie bei Erwachsenen. Der Abstrich für einen Schnelltest bei Kindern kann aber – anders als beim PCR-Test und beim Schnelltest bei Erwachsenen – durch die Nase oder den Mund erfolgen. Es gibt besonders dünne und flexible Abstrich-Stäbchen für kleine Nasenlöcher bei Kindern. Wenn die Apotheke diese nicht vorrätig hat, genügt ein Abstrich durch den Mund. Für einen solchen Rachenabstrich öffnet das Kind den Mund weit und streckt die Zunge heraus. Dann wird mit dem Stäbchen an den Mandeln vorbei die Rachenwand ganz hinten in der Mundhöhle abgestrichen. Eltern sollten ihren Kindern schon vor dem Abstrich erklären, was dabei passieren wird, raten Kinderärzte. Während des Tests können sie sie (je nach Alter) ablenken, in den Arm nehmen und streicheln. Kleine Kinder müssen kurz von den Eltern festgehalten werden, damit man sie nicht mit dem Abstrichstäbchen verletzt. Der Rachenabstrich kann oft einen Würgereiz auslösen, in der Regel kommt es aber nicht zum Erbrechen. Wehren sich Kinder sehr stark, ist kein Test möglich, denn nur ein richtig ausgeführter Abstrich liefert ein zuverlässiges Ergebnis.
Mythos 3: Nur Approbierte dürfen die Schnelltests in der Apotheke durchführen
Das stimmt nicht. Grundsätzlich gilt, dass alle derzeit vorhandenen Antigen-Schnelltests von eingewiesenen Personen angewendet werden müssen, die die dafür erforderliche Ausbildung oder Kenntnis und Erfahrung besitzen. Auch nichtärztliches Personal kann demnach Abstrichentnahmen durchführen. In Apotheken kommen hierfür z. B. die Approbierten, aber auch PTA oder PKA in Betracht, jedoch müssen alle – unabhängig von der Professur – vorab zunächst geschult werden. Für die Schulung kann beispielsweise ein benachbarter niedergelassener Arzt kontaktiert werden. Aber auch die Schulungen müssen nicht zwingend von einer ärztlichen Person durchgeführt werden. Die schulende Person muss lediglich in der Handhabung des jeweiligen Testes erfahren sein. Die Möglichkeit, auch Online-Schulungen zu machen, ist grundsätzlich erlaubt. Die Apothekenleitung muss letztendlich prüfen, ob ein bestimmter Mitarbeiter die Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt und mit einer entsprechenden Einweisung für die Anwendung des betreffenden Tests (nach Gebrauchsinformation) ausreichend qualifiziert ist.
Mythos 4: Durch ein Schnelltest-Angebot kommen mehr potenziell infizierte Personen in die Apotheke – das gefährdet die Kunden, das Team im HV und somit den Apothekenbetrieb
In Baden-Württemberg wurden die Apotheken bereits Ende Januar auf der Grundlage der Testverordnung des Bundes mit der Durchführung von PoC-Antigentests beauftragt. Seitdem können Apotheken im staatlichen Auftrag solche Schnelltests durchführen.
Der baden-württembergische Leitfaden für Apotheken zur Durchführung von Corona-Antigen-Schnelltests empfiehlt die räumliche Trennung der zu testenden Personen und anderen Kunden. Manche Apotheken in Baden-Württemberg haben für die Durchführung der Tests daher externe Räumlichkeiten angemietet. Aber auch eine Durchführung in der Apotheke vorgelagerten Örtlichkeiten, zum Beispiel in Zelten, ist grundsätzlich möglich. Voraussetzung ist natürlich die Eignung der Räume aus Sicht des Infektionsschutzes. Auf die Einhaltung der allgemeinen Abstands- und Hygieneregeln ist zu achten. Sämtliche zu testenden Personen sollen vor Betreten eine Händedesinfektion durchführen und eine korrekt sitzende medizinische Maske oder einen Atemschutz, welcher die Anforderungen der Standards FFP2 (DIN EN 149:2001), KN95, N95 oder eines vergleichbaren Standards erfüllt, tragen. Durch die räumliche Trennung kann eine Gefährdung des Apothekenbetriebs verhindert werden.
Außerdem dürfen nur asymptomatische Personen zum Test in der Apotheke erscheinen, die nicht als potenziell infiziert gelten, sondern aus anderen Gründen durch einen Schnelltest Sicherheit benötigen. Dazu zählen beispielsweise Erziehende und Lehrende, Mitarbeitende in der mobilen Altenpflege, Personen mit roter Corona-Warn-App usw.
Zur Steuerung der Besucherströme empfiehlt sich außerdem ein Terminvergabesystem. Die Terminvergabe kann, je nach technischer Voraussetzung, online oder per Telefon erfolgen. Alternativ könnte ein Testangebot außerhalb der üblichen Öffnungszeiten erfolgen. Ansammlungen bzw. Schlangenbildungen von zu testenden Personen können so verhindert werden. Von einer zusätzlichen Gefährdung von Kunden und Apothekenteam durch die Testung kann also nicht ausgegangen werden.
Mythos 5: Die persönliche Schutzausrüstung des Testers schützt nicht vor einer Corona-Infektion
Das ist nicht richtig. Personal, das Testungen durchführt, wird das Tragen von persönlicher Schutzausrüstung (PSA) bestehend aus Schutzkittel, Einweghandschuhen, FFP2-Maske sowie einer Schutzbrille und einem Visier empfohlen. Das entspricht also der PSA von medizinischem Personal auf COVID-19-Stationen und bietet eine große Sicherheit. Auf die Tragezeitbegrenzung von FFP2-Masken sollte geachtet werden.
Die Schutzausrüstung muss, bis auf die Handschuhe, im Einsatz nicht gewechselt werden. Lediglich bei grober Verschmutzung, vor oder nach Pausen, bei Betreten bzw. Verlassen von anderen, nicht zur Testung vorgesehenen Räumlichkeiten muss diese aber zwingend gewechselt werden. Eine entsprechende Schulung zum korrekten An- und Ablegen der Schutzkleidung ist vor dem ersten Einsatzbeginn vorzunehmen und in regelmäßigen Abständen zu wiederholen. Die Kosten für Schutzkleidung sind übrigens in den Pauschalen eingepreist, die von der Kassenärztlichen Vereinigung bzw. über den Nacht- und Notdienstfonds abgerechnet werden.