Corona-Antikörpertests für zu Hause: welche Testvarianten gibt es?
Darf ich meine Großeltern im Pflegeheim endlich wieder besuchen, ohne dass von mir eine Gefahr ausgeht? Sicherlich einer der Gründe, wieso immer mehr Menschen gerne wissen möchten, ob sie bereits (unbemerkt) eine Infektion mit dem SARS-CoV-2-Erreger durchgemacht haben. Auch die Politik erhofft sich Daten über eine sogenannte Durchseuchung der Bevölkerung, um einschätzen zu können, welche Lockerungen der Corona-Maßnahmen verantwortbar sind. Denn solange weder ein Impfstoff noch ein wirksames Medikament gegen COVID-19 auf dem Markt ist, kann nur eine solche Durchseuchung der Bevölkerung (notwendig sind eine Infektion von circa 60 bis 70 % der Bevölkerung) das Infektionsgeschehen bremsen oder gar stoppen.
Im Internet finden sich zahlreiche sogenannte Corona-Antikörper-Schnelltests zur Selbstdurchführung zu Hause. Für einen solchen Schnelltest wird üblicherweise Kapillarblut aus der Fingerkuppe entnommen und auf eine Testkassette gegeben; diese soll dann ähnlich wie bei einem Schwangerschaftstest gegebenenfalls eine Farbmarkierung anzeigen. Die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) warnte bereits im April vor solchen Antikörper-Schnelltests auf Corona: Sie eigneten sich nur bedingt zum Nachweis einer SARS-CoV-2-Infektion, ein negatives Ergebnis schließe COVID-19 nicht aus, auch Kreuzreaktivität mit anderen Coronaviren sei möglich. Problematisch ist nach Ansicht der AMK auch, dass Hersteller ihre SARS-CoV-2-Antikörpertests selbst zertifizieren dürfen.
Die Tücken der Antikörpertests
Zur Beurteilung, ob eine Testung sinnvoll ist, werden sogenannte statistische Testgütekriterien eingesetzt. Das erste Testgütekriterium ist die Sensitivität. Die Sensitivität ist der Anteil aller Infizierten, die mithilfe des Tests korrekt als infiziert erkannt werden. Das zweite Testgütekriterium ist die Spezifität, die den Anteil aller Nicht-Infizierten angibt, die mithilfe des Tests korrekt als nicht infiziert erkannt worden sind.
Falsch negative und vor allem falsch positive Ergebnisse kommen häufig vor. Ein falsch positiver Schnelltest wird viele Menschen dazu verleiten, die notwendigen Schutzmaßnahmen nicht mehr zu praktizieren und damit sich selbst und andere zu gefährden. Antikörpertests dienen nicht der Frühdiagnose der Corona-Infektion. Hier hier ist der sogenannte PCR-Test Standard. Da sich SARS-CoV-2-Antikörper erst etwa 14 Tage nach Krankheitsbeginn deutlich ausgebildet haben, würde ein früherer Einsatz eines Antikörpertests höchstwahrscheinlich ein falschnegatives Ergebnis produzieren. Der Antikörpertest sagt auch nichts über eine eventuell noch bestehende Infektiosität aus.
Neuer Antikörpertest mit Laboranalyse
Die TeleClinic, eine Online-Arztpraxis, bietet ab sofort einen Antikörpertest für zu Hause an. Patientinnen und Patienten können durch ein paar Blutstropfen aus der Fingerkuppe selbst eine Probe entnehmen, die dann aber nicht wie beim Schnelltest auf eine Testkassette gegeben, sondern eingeschickt und in einem Partnerlabor getestet wird. Das funktioniert folgendermaßen:
- Eine Patientin bestellt über die Firma Lykon, den Partner der TeleClinic, ein Testkit für zu Hause.
- Das Testkit wird mit einer TestID geliefert.
- Die Patientin entnimmt mithilfe einer Lanzette eine entsprechende Menge Blut aus der Fingerkuppe, welches dann in ein Röhrchen gegeben wird.
- Das Röhrchen wird verschlossen, beschriftet und noch am selben Tag zusammen mit den Unterlagen an das Partnerlabor gesendet.
- In der Zwischenzeit registriert sich die Patientin online mit ihrer TestID bei einem Onlineportal des Anbieters.
- Nach einigen Tagen erhält die Patientin den Ergebnisbericht in ihr Onlineportal eingestellt und eine Benachrichtigung per E-Mail.
Was ist eigentlich TeleClinic?
Bereits seit dem 1. April können die Ärztinnen und Ärzte von TeleClinic den Patienten PCR-Tests zur Abklärung einer akuten Corona-Infektion nach Hause schicken lassen, nun kommen die Antikörpertests hinzu. TeleClinic wurde 2015 gegründet und ist Deutschlands Marktführer für den Online-Arztbesuch. Die TeleClinic-App ermöglicht es Patientinnen und Patienten, innerhalb weniger Minuten von einem Allgemeinarzt und innerhalb weniger Stunden von einem Facharzt telemedizinisch behandelt zu werden. Krankschreibungen und Rezepte erhalten die Patienten direkt auf ihr Smartphone, Tablet oder ihren PC. Die Rezepte können vor Ort in einer von mehr als 7.000 Apotheken des Partnerverbandes apotheken.de eingelöst werden oder die Medikamente können online bestellt werden. Während der Corona-Pandemie bietet TeleClinic kostenlose Sprechstunden für Menschen mit Symptomen und Verdacht einer Infizierung mit Sars-CoV-2 an. Bei entsprechender Indikation können Akut- und Antikörpertests zum Selbsttest nach Hause geschickt werden. Seit dem 28. Mai 2020 können neben Privatversicherten Versicherte aller Gesetzlichen Krankenkassen die Videosprechstunden kostenfrei nutzen, damit ist Telemedizin erstmalig Teil der Regelversorgung in Deutschland. Was die Arzneimittel-Verordnungen betrifft, kann die TeleClinic derzeit aber weiterhin nur PKV-Rezepte ausstellen.
Markt der Online-Arztpraxen boomt
Das Angebot von telemedizinischen Beratungen ist nur möglich, weil der Deutsche Ärztetag im Mai 2018 die Muster-Berufsordnung so geändert hatte, dass nun auch ausschließliche Fernbehandlungen möglich sind. Die meisten Ärztekammern hatten diese Regelungen dann in ihren Berufsordnungen umgesetzt. Seitdem wächst der Markt der Online-Arztpraxen rasant.
Zwei weitere, größere Wettbewerber der TeleClinic sind der schwedische Telemedizin-Konzern Kry und die britische Online-Praxis Zava (ehemals DrEd). Zava arbeitet seit einiger Zeit mit dem apothekereigenen Konzern Noventi zusammen, sodass die in den Online-Sprechstunden ausgestellten Rezepte über die Noventi-Software in bestimmte Apotheken kommen. Gleichzeitig besteht aber eine Kooperation zwischen Zava und der Shop Apotheke. Kry arbeitet bei der Rezeptübermittlung mit DocMorris zusammen. Hier können sich Kunden ihre Verordnung aber auch via Fax in eine Vor-Ort-Apotheke der Wahl senden lassen.